Haben ihre Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg auf solidem Kurs (von links): Axel Lekies, Helmut Gottschalk (Sprecher), Jörg Stahl (stellvertretender Sprecher), Ralf Haller und Maximilian Binzer. Foto: Kunert

"Betongold" für die eigene Ertragssicherung. Niedrigzins-Phase macht Strategiewechsel nötig.

Nagold - Es sei so etwas wie ein Strategiewechsel: In Zeiten von Negativzinsen und rückläufiger Zinserträge setzt die Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg (Voba HNR) verstärkt auf das Dienstleistungsgeschäft. Und auf Investitionen in "Betongold".

"Da das historische Zinstief Investitionen in Immobilien sehr attraktiv macht, haben wir die strategische Entscheidung getroffen, auch selbst in den Wohnungsbau und Immobilien zu investieren", so Vorstandssprecher Helmut Gottschalk gestern auf der Bilanz-Pressekonferenz seines Hauses in Nagold. Damit wolle man einen Beitrag leisten, vor allem im eigenen Geschäftsgebiet "in guten Lagen" Wohnraum zu schaffen.

Aber auch "Gelegenheiten" außerhalb des Geschäftsgebiets werde man gegebenenfalls nutzen, wobei dieses Engagement der Voba HNR auf eine bessere Verzinsung des Eigenkapitals abziele – das bisher vor allem in langfristige Finanztitel investiert war. Für diese seien aber aktuell "so gut wie keine Verzinsungen" mehr zu erzielen. Entsprechend wolle man nun verstärkt in Mietwohnungen investieren, wobei man hier offen sei für alle Zielgruppen.

Bilanzsumme schrumpft

Dass mit Eigenanlagen aller Art für die Voba HNR kein Geld mehr zu verdienen ist, zeigt die Bilanzsumme für das Jahr 2015: Von 2,255 Milliarden in 2014 schrumpfte die Summe auf 2,183 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 3,2 Prozent entspricht. Grund: auslaufende Anlagen etwa in Bundesanleihen wurden mangels Ertragsmöglichkeiten nicht erneuert.

Diese freien Mittel sollen nun in den Immobilienmarkt investiert werden. Ein Boom-Sektor, wie auch das Kreditgeschäft der Bank beweist – das zusammen mit dem Bereich Dienstleistungen im abgelaufenen Jahr geradezu in die Höhe schoss: Die privaten Kredite wuchsen in den Summe von 973 Millionen auf 1,023 Milliarden Euro – ein Plus von 5,1 Prozent. Im gewerblichen Bereich fiel der Zuwachs um 0,9 Prozent oder fünf Millionen Euro auf 540 Millionen Euro zwar nicht ganz so üppig aus.

Aber hier schlugen trotz "sehr beachtlicher Neuzusagen" (Zitat Vorstand Jörg Stahl) Sondertilgungen der Kreditnehmer in außerordentlich großem Rahmen zu Buche, was andererseits die sehr hohe verfügbare Liquidität der Unternehmen widerspiegele. Die auch noch in einem anderen Bereich sichtbar werde: Im Bereich der Kundeneinlagen legten institutionelle Anleger und große Firmenkunden Gelder auf die Seite, die trotz des niedrigen Zinsniveaus für einen Zuwachs bei den klassischen Spareinlagen von stolzen acht Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro sorgten.

Wertpapiergeschäft legt um 13 Prozent zu

Getoppt werden konnte diese trotz des schwierigen Marktumfelds insgesamt sehr gute Entwicklung für die Voba HNR noch durch die Einlagen im Wertpapiergeschäft: Diese wuchsen von 527 Millionen auf 594 Millionen Euro, was einem Zuwachs von 13 Prozent entspricht. Wobei Vorstandssprecher Gottschalk in seinem Ausblick nicht verhehlte, dass die Sondereffekte durch die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank auf mittlerer und langer Sicht auch gewisse Risiken bergen.

Nämlich dann, wenn – wie in den USA – das Zinsniveau wieder steigen würde; wovon Gottschalk auch für den Euroraum mittelfristig ausgeht. Allerdings achte man bei der Kreditvergabe darauf, dass Kreditnehmer auch bei wieder anziehenden Zinsmärkten stabil genug dastünden, um auch unter veränderten Rahmenbedingungen Kredite zu bedienen. "Wir gehen etwa bei unseren privaten Kreditnehmern davon aus, dass diese bis zu einer Zinsschwelle von sieben Prozent stabil finanziert sind."

Um sich aber im Geschäftsmodell dauerhaft robuster gegenüber den Zins-Turbulenzen aufzustellen, setzt die Voba HNR verstärkt auf des Dienstleistungs- und Immobilien-Geschäft, das sich 2015 bereits überdurchschnittlich positiv entwickelte. So konnte die Tochtergesellschaft Fischer Versicherungsmakler über 38 Millionen Euro Neugeschäft verbuchen.

Und die Tochtergesellschaft Gäu Neckar Immobilien konnte mit 170 vermittelten Immobilien Kaufpreise von 34 Millionen Euro erzielen. Deren Tochtergesellschaft Gäu Neckar Hausverwaltungen wiederum trägt ebenfalls zu diesem Wachstumskurs bei, wobei erst Anfang des Jahres die Rentschler Hausverwaltungen in Bad Liebenzell übernommen werden konnte – womit jetzt insgesamt rund 2100 Wohnungen von den Voba-Tochtergesellschaften betreut werden.

Somit konnte die Volksbank unterm Strich auch im Jubiläums-Jahr 2015 einen Gewinn von drei Millionen Euro ausweisen. Daher kann an die 56 000 Genossenschaftsmitglieder auch in diesem Jahr wieder eine Dividende von drei Prozent auf deren Einlagen ausgezahlt werden.

Aber auch die Rücklagen der Bank konnten trotz des schwierigen Marktumfelds weiter gestärkt werden: So flossen drei Millionen Euro direkt in die Rücklagen, weitere sechs Millionen Euro in die sogenannten Vorsorgereserven. Mit einer Kernkapitalquote von künftig dann 14 Prozent liege man so weiterhin deutlich über den regulatorischen Anforderungen der Bankenaufsicht.