Die internationale Maurerklasse mit den Machern und Förderern in der Werkstatt der Rolf-Benz-Schule in Nagold. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Ausbildung: Internationale Maurerklasse startet in Nagold mit 26 Schülern aus insgesamt elf Nationen

Die internationale Maurerklasse an der Nagolder Rolf-Benz-Schule sollte so etwas wie ein Versuchsballon sein. Doch der ist inzwischen so hoch gestiegen, dass er weit außerhalb des Kreises für positives Aufsehen sorgt – und offensichtlich auch schon Vorbildcharakter hat.

Nagold. Die Maurerklassen an der Nagolder Rolf Benz-Schule waren klein, die Zahl der Maurer-Azubis folgerichtig auch. Demgegenüber steht eine große Zahl an geflüchteten Menschen ohne Berufsausbildung. Warum also nicht beide Dinge auf einmal angehen und eine internationale Maurerklasse auf die Beine stellen? Ungeachtet so mancher möglicher Probleme gingen die Rolf-Benz-Schule Nagold, das Landratsamt Calw, die Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, die Kreishandwerkerschaft sowie die Bauinnung mit ihren Betrieben das Wagnis ein und brachten die internationale Maurerklasse auf den Weg – ohne die Sicherheit zu haben, auch erfolgreich zu sein.

Gut ein halbes Jahr später haben sie die Gewissheit: Das Projekt internationale Maurerklasse ist Stand der Dinge ein Erfolg: Mit 26 Schülern aus Deutschland, Somalia, Irak, Gambia, Kamerun, Algerien, Guinea, Pakistan und anderen Ländern ist die Klasse zu Schuljahresbeginn in Nagold an den Start gegangen – und ist damit die größte Maurerklasse in der Geschichte der Rolf-Benz-Schule.

Die Initiatoren zeigen sich euphorisch. "Ich bin wirklich platt", sagte Martin Hirschberger, Obermeister der Bauinnung Calw/Nagold, bei einem Pressegespräch in der Rolf-Benz-Schule. "Alle Beteiligten haben hier ihren Willen zur Realisierung gezeigt. Das ist für alle eine gelungene Sache. Besonders für die Schüler. Denn mit der Klasse haben wir 26 Menschen eine Perspektive gegeben", freute sich der Obermeister aus Bad Liebenzell. Er weiß aber auch, dass das Projekt keine Erfolgsgarantie hat. "Wir bewegen uns da schon auf dünnem Eis." Trotzdem regte er schon jetzt eine Wiederholung des Projekts auch in anderen Branchen des Handwerks an.

Chef der Bundesagentur für Arbeit kommt

"Allen ging es hier um die Sache, alle wollten etwas erreichen", konstatierte Isabel Götz, Abteilungsleiterin Integration und Flüchtlinge im Calwer Landratsamt. Das sei nicht überall so, berichtete sie und kündigte an solche Projekte auch auf anderen Sektoren voranbringen zu wollen.

"Für so eine komplexe Sache braucht man Mut, doch den haben alle Beteiligten gezeigt und sich voll in die Sache eingebracht und das immer sehr pragmatisch, verantwortungsvoll und lösungsorientiert", lobte auch Martina Lehmann, Chefin der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim. Mit der Klasse gehe man gleich drei Probleme auf einmal an. Man sichere den Erhalt des Berufsschulstandorts, schaffe Perspektiven für Menschen und gehe gegen den Fachkräftemangel vor, analysierte Lehmann. Auch deshalb starte in diesen Tagen ein ganz ähnliches Vorhaben. Diese Woche sei der Startschuss für eine internationale Pflegeklasse gefallen.

Die Agenturchefin zeigte sich von dem Modell geradezu begeistert. "Die Sache hat bundesweiten Vorbildcharakter", so Lehmann. "Deswegen wird sich Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, die Sache hier vor Ort anschauen", kündigte sie an. Andere Landkreise, wie etwa Pforzheim/Enzkreis hätten auch schon Interesse an dem Projekt gezeigt.

Bei aller Euphorie wissen die Macher natürlich, dass noch so manche Schwierigkeit auf sie warten dürfte. Besonders ist das denen bewusst, die direkt an der Umsetzung arbeiten – Betrieben und natürlich den Lehrern. Rolf Auchter, Abteilungsleiter in der Rolf-Benz-Schule, nimmt da kein Blatt vor den Mund: "Das wird kein Zuckerschlecken", sagt er. "Aber da müssen wir jetzt durch." Und auch Lehrer Christoph Walz meint, dass man anfangs noch kleinere Brötchen backen und auch als Lehrer jeden Tag etwas dazulernen müsse.

Selbst ein Vorbild für die internationalen Schüler ist dabei Lehrerin Tanja Neudecker, die einst aus Russland nach Deutschland kam und jetzt die Klasse unter anderem in Deutsch unterrichtet. "Ich weiß, wovon ich rede. Ich weiß, dass man diesen Weg ›from zero to hero‹ schaffen kann, den Weg vom Nichts zum Helden."