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Variante aus Glas kommt gut an. 19 Betriebe beteiligt. Zum Umdenken anregen.

Nagold - Sowohl aus Umwelt- als auch aus Gesundheitsgründen möchte der Cityverein der Stadt Nagold nun die Plastikstrohhalme aus der Stadt verbannen. Die Gastronomen finden die Idee gut: In 19 Betrieben trinken die Gäste seit Januar aus Glashalmen.

Drei Milliarden Plastikstrohhalme landen weltweit täglich im Müll. Zudem enthalte das Plastik Zusatzstoffe, die nachweislich der Gesundheit schaden. Diese wissenschaftlichen Feststellungen schockierten Stephanie Helber, Meeresbiologin aus Haiterbach. Vor ihrer Haustür wollte sie anfangen, das Problem beim Schopf zu packen und wandte sich an den City-Verein.

Bruchsicher und spülmaschinenfest

Die Lösung: Glasstrohhalme sollen die Plastikvariante in den Nagolder Gastronomiebetrieben ersetzen. Ein Berliner Start-up-Unternehmen kreierte die wiederverwertbaren Glashalme namens "Halm" aus bruchfestem Schott-Spezialglas, das auch in Labors verwendet wird. Test-Sets mit vier verschiedenen Strohhalm-Größen wurden im Januar dieses Jahres an die ersten Gastronomiebetriebe verteilt. Die Kosten dafür übernahm Brunhilde Trick, die Tante der Initiatorin.

Zwischenzeitlich haben 19 Gastronomiebetriebe in Nagold die Plastikstrohhalme verbannt und nutzen ausschließlich die Glashalme beispielsweise bei Cocktails oder Latte Macchiato.

"Bei mir gibt’s nur noch Glashalme", meint Martina Oliver-Sandhas, Wirtin im "Teufele". Vor allem am Wochenende brauche sie viele davon. Die Reinigung der Mehrweghalme sei für sie kein Problem. Die meisten Getränkerückstände werden in der Spülmaschine entfernt. Bleibt doch was zurück, kann mit einer passenden Reinigungsbürste nachgeholfen werden.

"Die Gäste sind durchweg begeistert", meint auch Dieter Rempp, Inhaber des Gasthofs Eisenbahn. Zwar gäbe es in seinem Betrieb noch einen Restbestand von circa 150 Strohhalmen, "doch die werden wir vermutlich ewig behalten, wir brauchen keine Plastikstrohhalme mehr". Den einzigen Nachteil, den Rempp festgestellt hat ist, dass die Strohhalme aus Glas für Kinder unter drei Jahren ungeeignet seien, da diese gerne auf den Halmen herumkauen. "Aber nach einem Gespräch verzichten viele sowieso ganz darauf."

Sensibilisieren und zum Umdenken anregen

Denn genau das ist ein weiteres Ziel, das mit der Einführung des Glasstrohhalms in Nagold erreicht werden soll, erzählt Anna Bierig, City-Managerin der Stadt Nagold. "Wir wollen zum einen Plastik reduzieren, aber auch die Bürger und Kunden dafür sensibilisieren und zum umdenken anregen." Denn wie schon beim "Tütle" wolle man in Nagold eine Vorreiterfunktion einnehmen, um auch weiterhin Plastik im Alltag der Nagolder zu reduzieren.

"Viele Leute fragen nach, wo man die Glashalme kaufen kann", erzählt Martin Ondruska von "Martin’s". Die Gäste muss er vertrösten: Bis jetzt gibt es die Glashalme nur im Internet zu kaufen. Denn neben dem Plus für die Umwelt haben die Glashalme auch einen weiteren Vorteil: "Die Cocktails werden durch den Glashalm aufgewertet, sie wirken edler", beobachtete Ondruska. Anfangs seien seine Gäste zwar eher skeptisch, "doch sobald sie es getestet haben, sind sie begeistert".

Diebstahl ist größeres Problem als Verschleiß

Dieter Rempp fiel auf, dass der Geschmack des Getränks mit dem Glashalm – anders als bei der Plastikvariante – zu 100 Prozent erhalten bleibe. Anna Bierig erklärt, dass zuvor auch andere umweltfreundliche Materialien im Gespräch gewesen seien, doch letztendlich habe man sich aus Geschmacks- und aus Stabilitätsgründen für die Glasvariante entschieden. Anders als etwa Papphalme oder Strohhalme aus Stärke, sind die Glasröhrle auch in heißen Getränken resistent. Wie lange ein solcher Glasstrohhalm haltbar ist, darüber können die Gastronomen nach knapp einem Jahr Testlauf noch keine Auskunft geben. "Das größte Problem ist nicht der Verschleiß, sondern der Diebstahl", merkt Rempp an.

Ein Halm kostet etwa einen Euro. "Die Glasstrohhalme sind auf Dauer auf jeden Fall günstiger", resümiert Rempp aus dem Testlauf. "Wir haben Halme, die waren schon mehr als 100-mal im Glas und man sieht es ihnen nicht an."