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Die Schulleiterin der Kaufmännischen Schule Nagold Karin Ascher-Gollmar geht in den Ruhestand

21 Jahre sind eine stolze Zahl. So lange war Karin Ascher-Gollmar Schulleiterin der Kaufmännischen Schule Nagold. Am 31. Juli heißt es Abschied nehmen und den Ruhestand genießen.

Nagold. Für Karin Ascher-Gollmar war das Lehrerwerden nie eine Selbstverständlichkeit. Immer wieder war sie zwiegespalten. Ein "ich wollte schon seit meiner Kindheit Lehrerin werden" wird man von ihr nicht hören.

Doch zurück zu den Anfängen. 1955 ist sie als älteste dreier Kinder in Stuttgart geboren. Sie lebte mit ihrer Familie in Schwieberdingen (Landkreis Ludwigsburg). Dort besuchte sie bis 1966 die Grundschule. Nach der Realschule in Ludwigsburg zog es sie von 1971 bis 1974 zum Wirtschaftsgymnasium nach Stuttgart. "Damals hat die erste Stunde um 8.10 Uhr begonnen. Das muss man sich mal vorstellen", erzählt sie über ihre Schulzeit und lacht.

Eigentlich wollte sie im Bereich der Buchhaltung tätig werden. "Ich wollte Steuerberaterin werden", sagt sie. Sie habe als Jugendliche lieber Zeitung gelesen als sich zu schminken. "Mein Vater hätte das auch gar nicht erlaubt", so Ascher-Gollmar.

In der freien Wirtschaft

So habe sie von einer Frau gelesen, die sich als Steuerbevollmächtigte selbstständig gemacht hatte. Um sich bei ihr zu erkundigen vereinbarte sie ein Treffen. Durch das Gespräch wurde ihr klar, dass der Beruf wenig Zeit für andere Dinge wie Familie zuließ.

Dieser Zwiespalt sei für die damals 19-Jährige ausschlaggebend gewesen. Denn dadurch hatte sie sich entschieden, an der Eberhard-Karls Universität in Tübingen Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und Englisch auf Lehramt zu studieren. Doch nach dem Studium machte sich wieder Unsicherheit breit. "Bist du wirklich eine Lehrerin?", fragte sie sich.

Nach dem Referendariat an der Theodor-Heuss-Schule in Reutlingen der Rückschlag: Sie hatte direkt im Anschluss keine Stelle bekommen. Angebot und Nachfrage passten laut Ascher-Gollmar nicht. Doch statt zu warten zog es sie 1981 in die freie Wirtschaft. Genauer gesagt: In die Finanzabteilung einer Firma für Sonderanlagenbau in Böblingen.

1987 ging es wieder nach Reutlingen zur Theodor-Heuss-Schule. Dieses mal als Lehrerin. Nach drei Jahren war dort aber wieder Schluss. Von 1991 bis 1999 war sie als Personalreferentin für alle kaufmännischen Schulen im Bereich des Oberschulamts Tübingen zuständig. Doch für sie war klar, dass sie dort nicht allzu lange bleiben werde.

Mit 38 Jahren heiratete sie. Ihr Ehemann aus Horb-Ahldorf, der vor einigen Jahren starb, brachte seinen Sohn mit in die Ehe. Als die Schulleiterstelle an der Kaufmännischen Schule in Nagold (KSN) frei wurde, nutzte sie die Chance. Somit übernahm sie die Leitung im Jahr 1999.

In ihrer Laufbahn hat sie vieles erlebt. Der Ausbildungsbereich habe sich positiv entwickelt: "Die Wirtschaft in unserem Einzugsbereich schafft hohes Ausbildungspotenzial."

WG ein "großes Geschenk"

Somit konnten über die Jahre neue Ausbildungsberufe angeboten werden. Der der Fachkraft für Lagerlogistik, des Fachlageristen und Kaufmann im Groß- und Außenhandel. Im Schuljahr 2018/2019 die neueste Ergänzung: "Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce". Im nächsten Schuljahr wird es zum ersten Mal Abschlussprüfungen dafür geben.

Mit dem Berufskolleg Fremdsprachen und dem Wirtschaftsgymnasium (WG) kamen auch neue Vollzeitschularten hinzu. Die Einrichtung des WG im Jahr 2013 betrachtet die Schulleiterin noch heute als "großes Geschenk".

Ascher-Gollmar habe stets Partnerschaften gepflegt. 2013 vereinbarten die Schulen des Nagolder Kreisberufsschulzentrums – zu denen die KSN auch gehört – eine Kooperation mit der Christiane-Herzog-Realschule Nagold, der Friedrich-Boysen-Realschule Altensteig und dem Bildungszentrum Wildberg. Weitere Bildungspartner fand man 2019 mit den Gemeinschaftsschulen aus Neubulach und Jettingen.

Die Teilnahme bei "Jugend debattiert" seit 2004 nennt sie als großen Erfolg.

Schulen haben in den 21 Jahren immer mehr operative Eigenständigkeit erhalten. Unter Rahmenbedingungen könnten eigene Ziele verfolgt werden.

Nun sei sie "seit 41 Jahren voll berufstätig". "Für eine Frau eine recht lange Zeit", sagt sie. Sie habe dies "immer sehr gerne gemacht". Sie habe ihre "Pflicht erfüllt, als Vorbild zu dienen".

Nun heißt es Abschied nehmen. Coronabedingt fällt eine offizielle Feier ins Wasser. Darin sieht sie jedoch auch etwas Positives. Bei persönlichen Glückwünschen würden die Eindrücke bleiben, schriftliche könne sie stets nachlesen.

Gebärdensprache lernen

Im Herbst wolle sie mit dem Kollegium den Abschied im Nachhinein feiern. "Ich bin jemand, die von einem zum anderen Ufer langsam Abschied nehmen muss. Es war vorhersehbar und ich habe mich mental darauf eingestellt."

Die freie Zeit im Ruhestand wolle sie zum Erlernen der Gebärdensprache, als Gasthörerin im Schloss Hohentübingen und zum Singen im Kirchenchor nutzen. Lachend verkündet sie auch, dass sie seit dem 10. Juli nun in Nagold wohnt.