Blumen und Kerzen liegen als Zeichen der Trauer an der Landstraße 361 zwischen Nagold und Mötzingen. Am 11. August war dort ein Müllwagen auf ein Auto gekippt. Fünf Menschen starben. Foto: dpa

Urteil wird im Lauf des Montag erwartet. Kernfrage: Hat Angeklagter fahrlässig gehandelt? Mit Video

Nagold/Tübingen - War ein menschlicher Fehler der Grund für den tragischen Müllwagenunfall in Nagold mit fünf Toten? Unklar ist, welche Rolle eine Vesperdose im Fahrerhaus spielte. Am Landgericht Tübingen wird im Prozess gegen den Fahrer das Urteil erwartet.

Der Prozess nach dem Müllwagenunfall mit fünf Toten in Nagold (Kreis Calw) steht vor dem Abschluss: Für Montag wird das Urteil gegen den 55-jährigen Fahrer erwartet, wie das Tübinger Landgericht angekündigt hatte. Der Mann ist wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Hat er einen Fehler gemacht und dadurch den Unfall verursacht? Diese Kernfrage muss das Gericht in der Urteilsbegründung beantworten.

Sein rund 20 Tonnen schweres Müllfahrzeug war am 11. August 2017 mit gut 50 Stundenkilometern in eine Kreuzung gerast und dabei umgekippt. Es begrub ein voll besetztes Auto unter sich, in dem die 25 Jahre alte Fahrerin, ihr Freund (22), die zweijährige Tochter, der nur wenige Wochen alte Sohn und die 17 Jahre alte Schwester der Fahrerin starben. Der Fahrer sagte vor Gericht, die Bremsen des Müllfahrzeugs hätten nicht funktioniert. Ein Gutachter konnte aber keinen technischen Defekt feststellen.

Möglicherweise war eine Vesperdose unter das Bremspedal gerutscht, die nach dem Wiederaufrichten des Lkws im Fußraum gefunden wurde. Ein Physiker des Landeskriminalamtes hat die Dose untersucht und seine Erkenntnisse im Prozess vorgestellt. Er konnte an der Dose weder einen Beweis dafür entdecken, dass sie unter dem Pedal geklemmt hat, noch konnte er dieses Szenario ausschließen. Im Prozess hatte er aber gesagt, dass die Box perfekt unter das Pedal gepasst habe.

Im Prozess war bekannt geworden, dass der Fahrer 2010 schon einmal wegen zu schnellen Fahrens mit einem Müllwagen umgekippt war. Damals wurde lediglich sein Beifahrer verletzt. Der Führerschein des Fahrers wurde damals für ein dreiviertel Jahr eingezogen, danach aber von den Behörden wieder zurückgegeben.

Sollte das Gericht den Angeklagten der fahrlässigen Tötung für schuldig befinden, kann er mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Der Verteidiger des Mannes hatte vorab vor Vergeltungsgedanken gegen seinen Mandanten gewarnt - der sei selbst durch den Unfall traumatisiert. Die vier Nebenkläger, das sind die Eltern der beiden getöteten Erwachsenen, kamen an den bisherigen Prozesstagen nicht ins Gericht.

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