Christoph Kieser von der städtischen Musikschule und seine Suzuki-Flötenklasse Nagold. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Christoph Kieser gehört zu den wenigen Querflöten-Lehrern, die nach der Muttersprachenmethode unterrichten

Nagold. Suzuki-Methode? Was technisch und komplex klingt, ist eigentlich höchst musisch und kreativ. An Nagolds städtischer Musikschule gibt es seit wenigen Wochen eine Suzuki-Klasse für Querflötenspieler – ein echtes Alleinstellungsmerkmal im weiten Umkreis. Unterrichtet werden die Schüler von Christoph Kieser. Wir sprachen mit dem erfahrenen Musiker über die ungewöhnliche neue Lehr-Methode.

Herr Kieser, Sie unterrichten seit neuestem nach der Suzuki-Methode. Was darf sich der Laie darunter vorstellen?

Die Suzukimethode wurde von Shinichi Suzuki entwickelt. Er war ein sehr intelligenter und einfühlsamer Mensch, der sein Leben lang an der Verbesserung seiner Methode arbeitete. Eine entscheidende Entdeckung war für ihn, dass alle japanischen Kinder nach relativ kurzer Zeit gut japanisch sprechen können. Und, dass es keine Kinder gab, die die Sprache nicht oder schlecht sprachen. Seine Idee war es, die Faktoren zu finden, die solch eine Leistung ermöglichen, und sie dann auf die Sprache der Musik zu übertragen. Man nennt die Suzukimethode deshalb auch Muttersprachenmethode. Ein paar dieser Faktoren sind zum Beispiel der frühe Beginn mit dem Unterricht. Bei der Geige ab etwa drei Jahren. Die Stücke werden oft angehört, bevor sie gespielt werden. Ohne eine sprechende Umgebung lernt ja auch ein Kind keine Sprache. Auch die Wiederholung von alten Stücken sind wichtig – Wörter werden beim Sprechenlernen ja auch wiederholt. Zuerst werden die Stücke also über die Ohren auswendig gelernt. das Notenlernen kommt später – wie auch zuerst das Sprechen kommt und dann das Lesen.

Das klingt ja sehr speziell. Gibt es denn viele Flötenlehrer, die nach dieser Methode unterrichten?

Die Musikschule Nagold ist in Deutschland die erste Musikschule, die den Unterricht nach Suzuki für Querflöte anbietet. Meines Wissens gibt es zurzeit in Deutschland sechs Suzuki-Querflötenlehrer, die privat unterrichten.

Was unterscheidet denn eine Suzuki-Stunde vom herkömmlichen Unterricht, den Sie ja auch geben. Worin liegen Ihrer Meinung nach die Vorteile?

Die Eltern spielen eine große Rolle, sie sorgen für ein musikalisches Umfeld, indem sie die Stücke auf CD anhören. Und sie unterstützen in den ersten Jahren das Kind beim Üben. Im Suzukiunterricht gibt es Einzelunterricht und dazu alle vier Wochen eine Gruppenstunde. Durch die Muttersprachenmethode lernt das Kind auf dem Instrument zu spielen wie es mit seiner eigenen Stimme umgeht. Die Musik fließt von Innen nach Außen und ist freier Ausdruck der Gefühle und Vorstellungen. Die Suzukimethode bildet eine solide Grundlage für natürliches und unverkrampftes musizieren. Und: Sie ist außerordentlich erfolgreich. 90 Prozent aller Top-Geiger in Amerika wurden nach der Suzukimethode unterrichtet. Die Vorteile sind ein spielerisches Unterrichten, es ist perönlicher, man schaut sich an, da es keinen Notenständer mehr gibt. Die Fortschritte sind größer und nachhaltiger. Es macht einfach für alle mehr Freude – auch für den Lehrer.

Bedarf es eigentlich einer Schulung, um nach der Suzuki-Methode zu unterrichten?

Um nach der Suzukimethode unterrichten zu dürfen, braucht man eine Ausbildung mit Prüfung von einem sogenannten Teachertrainer. Ich habe meine Ausbildung in Aachen gemacht, das war in Deutschland die einzige Möglichkeit. Man kann und sollte noch weitere Ausbildungen machen, bis Level 5, damit man auch fortgeschrittene Schüler noch gut unterrichten kann und immer wieder neue Ideen und Inspiration bekommt.

Sie sind ja ein sehr erfahrener Flötist und Dozent. Was reizt denn Sie persönlich an der neuen Methode?

Mir ist wichtig, mich weiterzuentwickeln, und ich halte die Suzukimethode, die ich schon seit Jahren kenne, für die beste Methode ein musikalisches Fundament zu legen. Sozusagen die besten Wachstumsbedingungen für die Kinder. Ich bin mit großer Begeisterung dabei.

Und wie gefällt’s den Schülern?

Ich denke gut, aber da sollten sie die Kinder lieber selber fragen...

u Die Fragen stellte Heiko Hofmann