Die Übergangsrettungswache der Johanniter an der Bahnhofstraße hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Foto: Fritsch

Wache der Johanniter braucht mehr Platz. Stadt möchte eine nachhaltige Lösung.

Nagold - Eigentlich war der Standort der Rettungswache in der Bahnhofstraße in Nagold nur für eine sechs- bis achtmonatige Übergangszeit geplant. Mittlerweile suchen die Johanniter seit gut eineinhalb Jahren nach einem geeigneten Standort. Bislang ohne Erfolg.

Anfang 2018 war im Bereichsausschuss, zu dem die Hilfsorganisationen und die Krankenkassen gehören, der Beschluss gefallen, die Standorte der Rettungswachen in Calw, Nagold und Schömberg auszubauen, um damit die Notfallversorgung in der Region zu verbessern. Für den Standort in Nagold zeichneten sich damals die Johanniter verantwortlich. Mitte 2018 wurde die Rettungswache im Bereichsausschuss freigegeben. Seither sind die Johanniter auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Die Nagolder Rettungswache ist im Wesentlichen für Einsätze in den Gebieten von Nagold und Haiterbach sowie für Orte in Richtung Böblingen zuständig, vereinzelt auch bis Wildberg.

Mit ihrem ambulanten Pflegedienst sind die Johanniter bereits seit 2006 in der Bahnhofstraße in Nagold ansässig. Im Januar 2019 wurden der Nagolder Dienststelle in der Bahnhofstraße weitere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, sodass die Johanniter überhaupt erst eine Übergangsrettungswache realisieren konnten.

Rettungswache in der Bahnhofstraße hat mit vielerlei Problemen und Nöten zu kämpfen

Grundsätzlich sei damit, so die Einschätzung des Nagolder Oberbürgermeisters Jürgen Großmann, zwar "eine ausreichende Einsatz- und Reaktionsfähigkeit bis auf weiteres sichergestellt". Allerdings sei "das betreffende Einsatzfahrzeug in der Bahnhofstraße aktuell nicht eingehaust".

Die fehlende Einhausung des Rettungswagens ist für die Johanniter zwar ein Problem, aber längst nicht das einzige: "Die aktuelle Übergangswache von einer Fläche von 40 Quadratmetern ist flächenmäßig nicht ausreichend. Benötigte Räumlichkeiten für eine Übergangswache sind circa 80 Quadratmeter", erklärt Wolfgang Thomas vom Regionalvorstand der Johanniter-Unfall-Hilfe.

Darüber hinaus gebe es auch Probleme hinsichtlich der Lagerhaltung. So würden Materialien und Bekleidung derzeit von einer anderen Rettungswache übernommen. Außerdem würden zwei zusätzliche Stellplätze benötigt sowie die bereits erwähnte Einhausung für das Rettungsfahrzeug – wobei die Einhausung aus Sicht der Johanniter idealerweise eine Garage sein sollte, da dann das Fahrzeug nämlich "bei jeder Witterung sofort einsatzbereit" wäre.

Der jetzige Standort der Rettungswache an der Bahnhofstraße sei nur "bedingt geeignet" und müsste durch bauliche Veränderungen dergestalt angepasst werden, dass dort "eine adäquate Zwischenlösung, also auch wiederum eine Übergangslösung entsteht", so Wolfgang Thomas.

Dass die Johanniter ihre Übergangsrettungswache nicht dauerhaft in der Bahnhofstraße betreiben können, dürfte wohl außer Frage stehen. Zu klären gilt "nur" noch, wohin die Johanniter-Unfall-Hilfe ihre Rettungswache verlegen kann. Aus dem Gutachten des Bereichsausschusses geht hervor, dass die Rettungswache im nördlichen Teil der Stadt stationiert werden müsse.

"Für die Johanniter sind viele Alternativen denkbar", sagt Wolfgang Thomas. Der bestmögliche Standort für die Rettungswache – zumindest wenn es nach dem Regionalvorstand der Johanniter geht – sei die derzeit als Parkmöglichkeit genutzte Fläche am alten Schlachthof. Diese derzeit geschotterte Fläche sei eine von vielen potenziellen Standortmöglichkeiten und befinde sich derzeit "in der Prüfung", bemerkt Nagolds Bürgermeister Hagen Breitling. Das Problem: "Laut Aussage von Herrn Großmann wird diese Fläche städteplanerisch überarbeitet und man könne erst in drei bis vier Jahren hierzu eine Auskunft geben", merkt Wolfgang Thomas an.

Johanniter und Nagolder SPD-Fraktion schlagen dem Oberbürgermeister mögliche Standorte vor

Da die Fläche am alten Schlachthof also zeitliche Probleme mit sich bringt, ist der Bereich um die ehemalige ABG-Halle oberhalb der Lidl-Filiale an der Calwer Straße eine andere denkbare Option für die Johanniter. Von dort aus könnten die Rettungswagen der Johanniter die Lange Straße und die Calwer Straße innerhalb kürzester Zeit erreichen und somit "schnellstmöglich im Zielgebiet sein", weshalb der Regionalvorstand der Johanniter mit dieser leer stehenden Fläche liebäugelt. Die Flächen um die ehemalige ABG-Halle ist eine von insgesamt drei vorgeschlagenen Flächen, mit denen die Johanniter kürzlich an die SPD-Fraktion herangetreten sind – woraufhin die Nagolder SPD-Fraktion einen Antrag bei Oberbürgermeister Jürgen Großmann als Vorsitzenden des Gemeinderates stellte.

Mit ihrem Antrag will die Fraktion der SPD erreichen, dass die Stadt "sich in die Standortsuche einbringt und die von den Johannitern vorgeschlagenen Standorte prüft und zu diesen Stellung bezieht". Die Notfallversorgung müsse "gewährleistet sein", betont Marco Ackermann von der SPD-Fraktion. Dem habe die Fraktion der SPD mit ihren jüngsten Antrag "Nachdruck verleihen" wollen.

"Eventuell könnte im Bereich des bisherigen Asylbewerberheims ›Waldeck‹ ein geeigneter Standort sein", lautet ein Vorschlag der SPD-Fraktion. Allerdings liegt das Asylbewerberheim – auch nach Auffassung der Johanniter-Unfall-Hilfe – nicht im nördlichen Teil der Stadt, so dass die Umsetzung des SPD-Vorschlags eher unwahrscheinlich scheint.

Der von den Johannitern vorgeschlagene und im SPD-Antrag erwähnte Standort bei der Freiwilligen Feuerwehr zwischen der Vorderen Kernenstraße und dem Kreuzertalweg liege zwar auch nicht im Norden der Stadt, gesteht Wolfgang Thomas, "jedoch wäre das Gebiet durch den Tunnel innerhalb kürzester Zeit erreichbar". Des Weiteren könnten sich die Johanniter auch vorstellen, ihre Rettungswache in die Zellerstraße beim Fabrikverkauf der Firma Digel zu verlegen.

Emmingen, Pfrondorf und Mindersbach scheinen wohl aus dem Rennen zu sein

Auch in Emmingen hätte es Möglichkeiten beim Fensterbau Renz gegeben. Allerdings hat eine Prüfung des Bereichsausschusses ergeben, dass die Verlegung der Rettungswache nach Emmingen aufgrund des dortigen Bahnübergangs und der damit verbundenen Wartezeiten für die Rettungsfahrzeuge nicht mehr in Frage kommt. Emmingen ist damit also aus dem Rennen.

Pfrondorf ist der nächste Kandidat. Aber dann auch nicht so wirklich. Die Johanniter hätten laut Wolfgang Thomas in Pfrondorf lediglich eine Alternative im Hochwassergebiet. Und dieser Standort sei "bisher regelmäßig überflutet", merkt der Regionalvorstand der Johanniter an. Und in Mindersbach habe man bis dato keine geeigneten Flächen finden können, bemerkt Hagen Breitling.

Fest steht: Für die Johanniter gestaltet sich die Standortsuche schwieriger als erwartet und langwieriger als gedacht.

Falls irgendwann ein neuer Standort für die Rettungswache gefunden wird, soll der Standort in der Bahnhofstraße aber nicht aufgegeben werden. Die Dienststelle Nagold werde mit der ambulanten Pflege weiterhin ihren Stützpunkt in der Bahnhofstraße haben, so der Regionalvorstand der Johanniter.

Oberbürgermeister Jürgen Großmann teilte mit, dass derzeit "unterschiedliche Standortalternativen in Abstimmung mit dem Bereichsausschuss und im Dialog mit dem Stadtplanungsamt geprüft und bewertet" würden. Auch die Regungen der SPD-Fraktion und der Johanniter würden in diesen Prozess mit aufgenommen. "Sobald erste Ergebnisse vorliegen, wird der Technische Ausschuss unterrichtet", so das Stadtoberhaupt.

Die Standortsuche kann aber noch eine Weile dauern – so zumindest die Einschätzung von Hagen Breitling. "Wir wollen kein neues Provisorium schaffen", macht der Bürgermeister deutlich. Vielmehr sei die Stadt an einer nachhaltigen Lösung interessiert – auch und vor allem im Interesse der Johanniter.