OB Großmann(links) und Marcus Witzke präsentieren das Bauprojekt. Foto: Kunert

Hoffnungshäuser im Hasenbrunnen ein "Schlüsselprojekt". 18 vorwiegend geförderte Mietwohnungen entstehen.

Nagold - Für die Stadt Nagold geht es im Moment Schlag auf Schlag – fast jeden Tag wird ein neues Projekt verkündet. Heuer sind die Hoffnungshäuser im Hasenbrunnen dran – für die an diesem Morgen die beiden Grundstücke den Besitzer wechseln. "Ein Schlüsselprojekt", sagt der OB.

Dass gerade soviele Themen auf einmal ihre Verkündungs-Reife erreichten, sei allerdings ein Zufall, so Oberbürgermeister Jürgen Großmann. Das habe nichts mit Corona zu tun oder gar einem Nach-Corona-Konjunkturprogramm der Stadt. Aber es passe natürlich sehr gut ins Geschehen, dass nach den Vorbereitungen der letzten Monate und Jahre ausgerechnet jetzt, wo die heimische Wirtschaft solche Impulse brauche, so viele Projekte auf einmal "auf die Zielgrade" gingen.

Die Hoffnungshäuser: Zwei Gebäude mit insgesamt 18 Wohnungen sollen am östlichen Rand des Neubaugebiets Hasenbrunnen entstehen – 1364 Quadratmeter sind die beiden Grundstücke zusammen groß, die die Stadt Nagold dafür jetzt an die Hoffnungsträger Stiftung aus Leonberg abgegeben hat. Die Wohnungen werden ein bis fünf Zimmer und eine Fläche von 30 bis 105 Quadratmetern haben. Der Baubeginn soll Anfang 2021 erfolgen, die Fertigstellung ist für Ende 2021 vorgesehen. Hoffnungshäuser gibt es bereits in Bad Liebenzell, Esslingen, Leonberg und Sinsheim, bis Ende 2020 werden sechs weitere Hoffnungshäuser in Schwäbisch Gmünd und in Straubenhardt hinzukommen.

Das Besondere an den Hoffnungshäusern: Es werden vorwiegend geförderte Mietwohnungen geschaffen – also sogenannter "bezahlbarer Wohnraum" auch für einkommensschwache Haushalte. Wobei es sich bei den Hoffnungshäusern immer auch um ein "integratives Wohnkonzept" handelt – was meint: hier leben "geflüchtete und einheimische Menschen" unter einem Dach, und zwar "in einer aktiven Wohngemeinschaft". Das bedeutet: Unter der Regie einer (bei der Hoffnungsträger Stiftung angestellten) Hausleitung, die jeweils immer auch Teil der Hausgemeinschaft ist – also dort mit wohnt – sollen gezielt Unterstützungsangebote für die Bewohner untereinander geschaffen werden.

Gemeinsame Sprach- oder Schwimmkurse

"Das können gemeinsame Sprachkurse sein", so Hoffnungsträger-Vorstand Marcus Witzke bei der Vorstellung des Projekts. Oder – wie gerade in den Hoffnungshäusern in Leonberg – Schwimmkurse für geflüchtete Kinder und Jugendliche. "Um ihnen eine optimale Teilhabe mit den einheimischen Gleichaltrigen jetzt im Sommer zu ermöglichen." Dieses Konzept und die Stiftung seien 2016 entstanden – damals unter dem Eindruck der akuten Flüchtlingskrise. Neben der internationalen Arbeit der Stiftung habe man sich hier in Deutschland gezielt auf die Schaffung solcher integrativen Wohnprojekte konzentriert – wofür man 2019 auch den Integrationspreis des Landes Baden-Württemberg erhalten habe.

Wobei Nagolds OB Großmann das auch "eine zivilgesellschaftliche Antwort auf eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung" nennt. Und darin "eine gelebte christliche Verantwortung" der Stiftungsträger (die Unternehmer-Familie Merckle) und der Beschäftigten der Hoffnungsträger-Stiftung sieht. "Da steckt ein Wertesystem dahinter." Was vielleicht auch folgenden Umstand erklärt: Dass die Hoffnungshäuser nun auch nach Nagold kommen, ist auch dem ehemaligen Dekan Ralf Albrecht zu verdanken. Er und Marcus Witzke, der früher Geschäftsführer der evangelischen Jugendarbeit in Baden-Württemberg war, kennen sich bereits sehr lange. Witzke wohnt privat in Jettingen, verbringt privat viel Zeit in Nagold ("Eine super attraktive Stadt mit enormer Lebensqualität"). So kam man ins Gespräch, und Nagolds Ex-Dekan vermittelte den Kontakt zur Stadt Nagold – wo die Idee der Hoffnungshäuser sofort auf großen Interesse gestoßen sei "und uns nicht mehr losgelassen hat", so der OB heute.

Zumal man hier mit dem Baugebiet Hasenbrunnen auch "einen idealen Standort" für ein solches Wohnprojekt gerade am Start hatte: "Bewohner unserer Hoffnungshäuser sind in der Regel einkommensbedingt nicht so mobil", erklärt Witzke, weshalb ein zentrumsnaher Standort wie im Hasenbrunnen optimal sei. "Von wo aus man möglichst zu Fuß oder mit dem Fahrrad alles erreichen kann." Auch OB Großmann unterstreicht, dass man sich als Stadt ausdrücklich "keine solitäre Lage" für die Umsetzung eines solchen Wohnprojekts gewünscht habe. "Unser Ziel war – mitten in der Stadt, mitten im Leben", um den "integrativen Gedanken" bei der Flüchtlingsunterbringung bestmöglich umzusetzen.

Konzept geht im Alltag auf

Wobei die bestehenden Hoffnungshäuser bereits heute zeigten, dass dieses Konzept auch im Alltag aufgeht. Marcus Witzke zeigt Tabellen und Skalen, wie sich beispielsweise die Beschäftigungssituation der Flüchtlinge in Hoffnungshäusern seit 2016 entwickelt habe: Waren damals noch 82 Prozent der Bewohner "arbeitssuchend", waren es bis Ende 2019 nur noch elf Prozent. Alle anderen (56 Prozent) waren entweder in Arbeit oder ein erziehendes Elternteil (33 Prozent). Wobei im selben Zeitraum auch die Deutschkenntnisse der Flüchtlinge riesige Fortschritte machten. Die Mehrzahl der Flüchtlinge in den Hoffnungshäusern der ersten Stunde habe heute gute bis sehr gute Deutschkenntnisse.

Ebenfalls preisgekrönt – neben der Integrations-Fähigkeit der Hoffnungshäuser: Deren richtungsweisende Architektur und Bauweise. Die Gebäude werden aus (heimischem) Holz in Modulbauweise vorgefertigt und innerhalb von zwei Wochen aufgerichtet. Insgesamt wird die Bauphase (mit Gründungs- und Ausbauarbeiten) auf neun Monate taxiert – was enorm schnell sei. Und ein extrem preisgünstiges Bauen erlaube. Wobei die ausschließliche Verwendung von Holz ganz nebenbei auch ein Beitrag zum Klimaschutz sei – weil so beispielsweise in Nagold mindestens rund 500 Tonnen CO2 dauerhaft (im Holz) gespeichert werden könnten. Besonderheit in Nagold: Dort werden die Hoffnungshäuser viergeschossig sein (Zitat OB: "Die äußerste Kante!"), sonst sind die Gebäude bisher üblicherweise dreigeschossig.