Befürworter des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums gehen in Massanes auf die Straße. Die "Estelada"-Fahne gilt als Symbol der Unabhängigkeit Kataloniens. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Politik: Schülerin schreibt über den Wunsch der katalanischen Bevölkerung nach Unabhängigkeit / Ist ein Kompromiss möglich?

Ein aktuelles und spannendes Thema ist eine mögliche Abspaltung Kataloniens von Spanien. Katalonien ist eine Region im Nord-Osten Spaniens, die aus verschiedenen Gründen diese Abspaltung von Spanien möchte. Doch woher kommt dieser Gedanke der Katalanen, ist er berechtigt und vor allem könnte man einen Kompromiss finden?

Hier kurz die wichtigsten geschichtlichen Hintergründe: Im 15. Jahrhundert gab es auf der Iberischen Insel zwei dominierende Mächte, Kastilien und Katalonien beziehungsweise Aragonien. Geografisch wie auch politisch betrachtet, waren beide Mächte sehr unterschiedlich. Diese wurden durch eine königliche Ehe vereint, der kastilische König Ferdinand heiratete seine katalonische Cousine Isabella. Diese Monarchie hatte jedoch nur beschränkten Einfluss auf Katalonien. König Karl I. von Spanien vereinte die beiden Gebiete 1516 schließlich zum Königreich Spanien. Katalonien war dennoch immer noch sehr eigenständig und es gab auch danach noch Rivalitäten zwischen beiden Völkern. So unterstützten die Katalanen den kastilischen Imperialismus nicht. Katalanen kämpften also in den Kriegen dieser Zeit nicht für Spanien.

Im 18. Jahrhundert zerbricht das Verhältnis

Im 18. Jahrhundert, während des spanischen Erbfolgekrieges – König Karl II war kinderlos geblieben und es war unklar, wer ihn beerben sollte – zerbrach das Verhältnis der Kastilier und Katalanen vollkommen. Beide Länder suchten sich andere Verbündete und kämpften sogar gegeneinander. Die Katalanen verloren ihre Autonomie und gehörten sogar von 1812 bis 1814 zu Frankreich.

1939 verbot Francisco Franco, der rechtsgerichtete spanische Diktator, die katalanische Sprache für 38 Jahre. Die Kinder wurden in der Schule nur in Spanisch unterrichtet, und es wurden viele Ortsnamen ins Spanische übersetzt. Die Katalanen wurden während dieser Zeit vollkommen unterdrückt. Zwei Jahre nach dem Tode Francos, ab 1977, wurde Katalonien langsam wieder mehr und mehr Autonomie gewährt, und es durfte wieder Katalan gesprochen werden. Die Katalanen haben den Spaniern die Franco-Zeit der Unterdrückung jedoch nie verziehen. Für manche Spanier hingegen galten und gelten die Katalanen als sparsam, zurückhaltend, arbeitsam und irgendwie komisch.

Es gibt viele Gründe, warum Katalonien heute die Abspaltung von Spanien möchte. Ein wichtiger Grund ist, dass Katalonien eine wirtschaftlich sehr starke Region ist. Viele Katalanen sind der Meinung, dass sie zu viele Steuern zahlen, aber dennoch nicht gleichberechtigt behandelt würden, zum Beispiel in Bezug auf den Ausbau von Flughäfen oder Eisenbahnstrecken.

2006 legten die Katalanen dem spanischen Verfassungsgericht in Madrid Gesetze vor, die sie innerhalb Kataloniens umsetzen wollten. Dazu gehörte zum Beispiel das Gesetz für die soziale Sicherheit oder die Einführung von Steuern für die Atomkraft, außerdem die Gleichberechtigung der Geschlechter – doch alle der insgesamt 25 Vorschläge wurden von der spanischen Zentralregierung abgelehnt.

Weitere kleine Konflikte zwischen Spanien und Katalonien haben den Wunsch vieler Katalanen nach Unabhängigkeit bestärkt. Es gab schon öfters Anträge auf Volksreferenden, in denen die Katalanen über ihr Unabhängigkeit abstimmen wollten, so 2014, aber das spanische Verfassungsgericht hat dies jedes Mal untersagt.

Im Juni 2017 hat die katalanische Regierung dann ein Referendum angekündigt, unabhängig davon, ob das spanische Verfassungsgericht dem zustimmen würde oder nicht. Am 1. Oktober wurde das Referendum gegen den Willen Spaniens durchgeführt, wobei 90 Prozent der Katalanen für die Loslösung stimmten, sich allerdings auch nur 43 Prozent am Referendum beteiligten. Die spanische Polizei ist dabei in einigen Regionen Kataloniens brutal gegen Wähler vorgegangen und die Welt war geschockt von den Ausbrüchen der Polizeigewalt.

Gespräche könnten zu einer Lösung führen

Eine Frage, die man sich jetzt stellt, ist, ob ein Kompromiss zwischen beiden Seiten möglich ist und was die Voraussetzungen sein müssten. Als erstes müssten Spanien und Katalonien miteinander reden und sich auf eine Lösung einigen, die beide Seiten zufrieden stellt. Carles Puigdemont (Katalanischer Präsident, mittlerweile entmachtet) hatte Mitte Oktober dem spanischen Präsidenten Mariano Rajoy vorgeschlagen, ein Gespräch zu führen, doch dies wurde von Rajoy abgelehnt. Deswegen ist das Kommunizieren zwischen beiden Parteien sehr schwierig. Eine Lösung wäre, dass Katalonien statt der Abspaltung mehr autonome Rechte bekäme. Eine radikale Lösung, die die meisten Katalanen sehr freuen würde, wäre, dass Spanien die Abspaltung genehmigt. Doch dann wären die Katalanen nicht mehr in der EU, und das würde bedeuten, dass sie eine eigene Währung bräuchten, und dass sie keine oder nur wenige Handelspartner haben würden.

EU ist gegen ein unabhängiges Katalonien

Viele Katalanen wollen, nachdem sie unabhängig sind, der EU einen Antrag stellen, damit sie EU-Mitglied werden. Doch die EU ist komplett gegen Katalonien, wie der Kommissionspräsident Juncker sagte: "Katalonien ist eine große, enorme Sorge. Mir gefällt die Situation nicht, die entstanden ist. Das ist eine Katastrophe. In vielen Hinsichten. Sie hat die politische Umgebung eskaliert, zur Spaltung in der spanischen und katalanischen Gesellschaft geführt, Probleme in Familien, unter Freunden geschaffen. Das ist traurig. So etwas sollte niemals passieren." Ob es tatsächlich so ist, sollte jeder für sich selber entscheiden.

Wenn man mich vor ein paar Monaten gefragt hätte, ob ich für die Abspaltung Kataloniens bin, hätte ich gesagt, dass es mir egal sei oder, dass Katalonien ein Teil Spaniens bleiben soll. Doch nachdem ich mich mehr für das Thema interessiert und recherchiert habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Spanien Katalonien nur daran hindert, größer zu werden. Ich würde trotzdem nicht verneinen, dass das Referendum illegal war. Doch nach den Vorfällen nach der Abstimmung, wie zum Beispiel, dass viele friedliche Wähler von der spanischen Polizei verletzt wurden oder, dass Radiosender oder Bürgermeister angeklagt wurden, war ich von der spanischen Regierung echt enttäuscht. Ich möchte noch erwähnen, dass ich, als Katalanin, nichts gegen Spanier habe und ich sie nicht als Feinde sehe.   Die Autorin ist Schülerin der Klasse 9a des Otto-Hahn-Gymnasiums Nagold.