Die Gäste kamen beim Besuch des "ganz besonderen Adventskonzerts" in der Nagolder Stadtkirche voll auf ihre Kosten. Fotos: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Stimmungsvoll: Europa-Ministerium wählt Nagold für sein Adventskonzert aus

Das jüngste Konzert in der Stadtkirche glich einem Ritterschlag: Für die Ausrichtung des vierten Adventskonzerts unter dem Patronat des Ministeriums der Justiz und für Europa Baden-Württemberg wurde Nagold ausgewählt und somit hoch geehrt.

Nagold. Nach Ansicht des Ministers Guido Wolf, der persönlich in der Stadtkirche erschien und eine kurze Ansprache hielt, stehe die Verständigung und Konsolidierung der Völker und Nationen des Vereinigten Europas "wider den Gegenstimmen von Gegnern und Populisten". Durch das gemeinsame Erleben der Musik im Advent stärken die Menschen ihr Gemeinschaftsgefühl, da die Musik "über die Grenzen hinweg verbindet". Für die Organisation der vorweihnachtlichen Veranstaltung bedankte sich der Christdemokrat Wolf bei allen Ausführenden, insbesondere bei Eva-Magdalena Ammer vom Evangelischen Bezirkskantorat Nagold und bei Matthias Flury vom Otto-Hahn-Gymnasium.

Dekan Ralf Albrecht richtete seine Grußworte an den Minister sowie an den Landrat Helmut Riegger, den Oberbürgermeister Jürgen Großmann und an alle Gäste des "ganz besonderen Adventskonzerts". In seiner Stimme klangen Genugtuung und etwas Stolz auf die Auszeichnung der Stadt Nagold, wo an diesem Abend "das Herz Europas schlägt, hier im Ländle". Albrecht lobte die enge Kultur-Kooperation der hiesigen Bildungseinrichtungen und unterstrich das außerordentliche Engagement der Jugend und ihrer Pädagogen.

Zur Eröffnung des Konzerts führte das Nagolder Mehrgenerationen-Kammerorchester unter der Leitung von Stadtmusikdirektor Florian Hummel eine feierliche und ernste Stimmung mit dem letzten Satz der "Reformationssymphonie" von Felix Mendelssohn-Bartholdy ein. Den einleitenden Choral "Ein feste Burg ist unser Gott" intonierten die Soloflöte und samtige Streicher, und nach dem Einsatz der Blechbläser erwuchs die Musik zu einer mächtigen Lobeshymne.

In derselben symphonischen Besetzung flossen die Heimatklänge der "Moldau" vom tschechischen Romantiker Bedrich Smetana sowohl durch melodiöse Flussebenen als auch durch technische Klippen eines Volkstanzes ungehindert in breiten Phrasen und mündeten in einem grandiosen Finale.

Das kurzweilige Konzertprogramm enthielt Werke und Stücke aus vielen Ländern Europas und bereits der Evangelische Kinderchor Nagold sang mit Kantorin Ammer am Klavier im ergreifenden Einklang einen finnischen Kanon und deutsche Adventslieder.

Mehr als 100 Stimmen aus fünf Klassenstufen

Auf Latein präsentierten die OHG-Schulchöre das "Veni Emmanuel" vom Ungarn Zoltán Kodály, dem folgten Weihnachtsweisen aus England, Deutschland und Spanien. Mehr als 100 Stimmen aus fünf Klassenstufen führte Chorleiter Frank Meyer an und fügte die Vielfalt der kindlichen und jugendlichen Timbres zu einem einheitlichen, dynamisch differenzierten Klangbild zusammen. Die Gesangsfreude entlud sich im rhythmisch betonten "Poor Mary" und das spanische "Da wird Weihnacht" mit zwei Soloflöten hinterließ eine flüchtige Spur der Melancholie.

Dem OHG-Vokalensemble gehören die musikalisch und technisch reiferen Schülerjahrgänge an. Mit ihrem Leiter Flury errangen sie bereits bedeutende Erfolge innerhalb Europas. An diesem Abend präsentierten die Sängerinnen und Sänger deutsche, englische, französische und schwedische Lieder, in denen die Selektivität der Stimmgruppen eine netzartige Transparenz bewirkte.

Souverän sowohl in separaten Einsätzen als auch im chorischen Gesang und im Einklang mit der Orgel (Felix Breitling) in "Ding! Dong! Merrily on Hight", entfaltete das Vokalensemble seine Künste am deutlichsten in der Originalfassung des "Es ist ein Ros entsprungen" des Schweden Jan Sandström. Durch die Aufteilung in zwei Chöre befanden sich die Zuhörer zeitweilig zwischen zwei leisen Schallwellen aus schier dissonanten Klängen, auf denen das Thema wie ein vergänglicher Meeresschaum ruhte. Einfach bezaubernd.

Nachdem die Nagolder Ensembles ihre musikalischen Visitenkarten abgegeben und den stehenden Beifall ausgekostet hatten, tauschten die Konzertbesucher Gedanken über die aktuelle Lage in Europa aus.