Die Beteiligten berichteten über den Erfolg der internationalen Maurer- und Pflegeklasse. Foto: Bernklau

Baden-Württemberg-Chef der Agentur für Arbeit zeigt sich von Internationaler Maurer- und Pflegeklasse beeindruckt.

Nagold/Ebhausen - Im Kreis Calw hat ein großer Kreis an Institutionen die Internationale Maurerklasse und die Internationale Pflegeklasse eingerichtet. Inzwischen sorgt das Projekt auch über die Region hinaus für Aufsehen. Der Baden-Württemberg-Chef der Agentur für Arbeit zeigte sich beim Besuch beeindruckt. "Was anderswo als Problem gesehen wird, ist für Sie eine Herausforderung", lobte Christian Rauch in Nagold.

Es war das Jahr 2015. Zu dieser Zeit beschäftigte natürlich das Flüchtlingsthema die Menschen. Zugleich machte man sich beim Handwerk schon damals Gedanken um den Mangel an Nachwuchs und Fachkräften. Das galt damals natürlich auch für die Bauinnung mit ihrem Innungsmeister Martin Hirschberger. Als die Idee aufkam, Geflüchtete und Migranten für die Maurerausbildung zu gewinnen, nahm man Kontakt mit der beruflichen Rolf-Benz-Schule Nagold und deren Leiter Reinhard Maier auf. Schnell fand man zusammen und die Idee der Internationalen Maurerklasse war geboren.

"Brauchten zupackende Menschen und vertrauensvolle Partner"

Doch es blieb nicht bei der Idee. Es fand sich ein großer Kreis an Mitstreitern, die das Projekt vorantrieben und 2017 endgültig mit einer Klasse von 26 Jugendlichen – darunter 16 Flüchtlinge und zwei Migranten – an den Start brachten. Inzwischen geht das Projekt ins zweite Jahr – und hat jüngst Zuwachs bekommen. Seit kurzer Zeit gibt es an der Annemarie-Lindner-Schule Nagold eine Internationale Pflegeklasse mit 16 Schülern – davon 14 Männer.

Die Geschichte dieser beiden Klassen fand auch ihren Weg aus der Region hinaus – und stieß dort auf Interesse. Etwa bei Christian Rauch, dem Baden-Württemberg-Chef der Agentur für Arbeit. Der machte sich nun nach Nagold auf, um zu erfahren, wie man ein solches Vorhaben nicht nur plant, sondern auch erfolgreich umsetzt.

Und um dem Gast diese Geschichte zu erzählen, hatten sich fast alle Partner, die daran beteiligt waren, in der Nagolder Arbeitsagentur versammelt. Und die Zahl der Partner ist beachtlich. Da war nicht nur die Nagolder Agentur und das Jobcenter mit von der Partie, sondern auch das Landratsamt, die Kreishandwerkerschaft, natürlich die Bau-Innung Calw-Nagold, die Rolf-Benz-Schule Nagold, die Annemarie-Lindner-Schule Nagold, der Bildungsträger pro.Di und die Volkshochschule Oberes Nagoldtal.

Zwei Faktoren seien bei der Umsetzung des Vorhabens besonders essenziell gewesen, erinnerte sich Agenturchefin Martina Lehmann: "Wir brauchten zupackende Menschen und vertrauensvolle Partner", so Lehmann. Schlüssel zum Erfolg seien neben dem gegenseitigen Vertrauen, der Kooperation und dem Zupacken auch die Ausdauer aller Beteiligten gewesen, meinte Ortwin Arnold, Leiter des Jobcenters Kreis Calw.

Das bestätigte auch Norbert Weiser, Sozialdezernent des Landkreises Calw. "Alle Beteiligten haben von Anfang an Hand in Hand gearbeitet", sagte Weiser, der sich an einen Charakterzug bei der Umsetzung des Vorhabens besonders erinnerte: dass man sich nicht an "überlieferten Zuständigkeiten" festhielt.

Diese Klassen seien ein echtes Integrationsprojekt, denn "wer eine duale Ausbildung beginnt, der möchte sich integrieren", ist sich der Sozialdezernent sicher, der in diesem Zusammenhang davon berichtete, dass 85 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die der Kreis Calw aufgenommen hat, inzwischen eine Ausbildung begonnen haben.

Diese zwei Modellklassen dürften aus seiner Sicht gerne erst der Anfang sein, sagte Weiser, der darin von Kreishandwerksmeisterin Roswitha Keppler bestärkt wurde: "Es wird nicht bei diesen zwei Klassen bleiben", ist sich Keppler sicher.

Dass es ein echtes Teamprojekt war und ist, das bestätigte auch Martin Hirschberger, Obermeister der Bauinnung Calw-Nagold. "Hier hat keine Institution gebremst", erinnerte er sich. Viele Betriebe hätten mitgezogen, und auch die Lehrlinge hätten Interesse gezeigt. Trotzdem sei man überrascht, wie gut alles laufe. Die beteiligten Betriebe seien mit den Leistungen und der Einstellung der internationalen Lehrlinge "sehr zufrieden".

"Sie sind pünktlich, zuverlässig und motiviert"

Reinhard Maier, Leiter der Rolf-Benz-Schule, richtete den Blick auf die Lehrlinge, die aus ihrer Komfort-Zone herausgegangen seien. Trotz so mancher Widrigkeiten, auf die man schnell und in gegenseitigen Vertrauen reagiert habe, sei er sehr glücklich mit dem Verlauf. "Es macht Spaß zu sehen, wie sich die Teilnehmer weiterentwickeln", sagte Maier.

Thomas Kühner, stellvertretender Schulleiter der Annemarie-Lindner-Schule, hatte viel Lob für die Teilnehmer an der Pflegeklasse übrig. "Sie sind pünktlich, zuverlässig und motiviert", berichtete Kühner. Es sei inzwischen sogar so weit, dass man den "normalen" Azubis sage, dass diese sich von den Migranten eine Scheibe abschneiden könnten.

Christian Rauch zeigte sich von der Geschichte der zwei Klassen beeindruckt. An diesem Beispiel zeige sich, dass viele Köche tatsächlich Komplexes auf die Beine stellen könnten und dass manches gehe, wenn man es wolle, so der Landeschef der Arbeitsagentur, der den Beispielcharakter des Projektes betonte: "So etwas muss doch öfter möglich sein."

Wie die Umsetzung des Projektes in der Realität aussieht, darüber machte sich Rauch bei Rau Bau in Ebhausen ein Bild, die einen 21-Jährigen aus Gambia im Rahmen der Maurerklasse in ihrem Betrieb haben. Schon im Praktikum habe sich gezeigt, dass er das Zeug für die Ausbildung habe, erinnerte sich Firmenchef Michael Rau. Zudem integriere sich der junge Mann bestens auch außerhalb des Unternehmens. So wurde der sportliche Gambier in seiner Fußballmannschaft in Ebhausen schon zum Spieler des Jahres gewählt und mit einem Pokal ausgezeichnet. Seinen Urlaub habe er für einen Sprachkurs geopfert und nach drei Jahren den Hauptschulabschluss in der Tasche

Trotzdem hat das Unternehmen Sorgen, den afrikanischen Azubi möglicherweise aus juristischen Gründen zu verlieren. Christian Rauch hörte sich an diesem Mittag die Sorgen der Unternehmer und die Sorgen des Betroffenen an und erwies sich dabei als echter Pragmatiker. Am Ende des Besuchs waren die Unternehmer jedenfalls um etliche Tipps und Informationen reicher, wie man die Geschichte ihres Gambiers doch noch zu einem guten Ende führen könnte.

Den Besuch in Nagold beendete Rauch mit einem Besuch des Seniorenzentrums Martha-Maria, wo er sich näher über den praktischen Verlauf des Projekts "Internationale Pflegeklasse" informierte.