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Freie Wähler wollen mit einer starken Kandidatenliste wieder größte Fraktion werden

Seit 20 Jahren liefern sich Freie Wähler und die CDU in Nagold ein konservatives Pingpong-Spiel: Wechselseitig löst man sich als stärkste Fraktion ab. Die Christdemokraten liegen derzeit mit acht Sitzen vorn – noch. Eberhard Haizmann, Chef der Freien Wähler im Stadtrat, ist guter Dinge, nach der Kommunalwahl im Mai wieder auf Platz 1 zu stehen. Was ihn so positiv stimmt? "Eine sehr gute Kandidatenliste", sagt er.

Nagold. Schon seit Monaten tüftelt die FWV-Spitze um Haizmann, Ulrich Hamann und Siegrid Plaschke am 26-köpfigen Bewerberfeld. Da steckt viel Mühe drin, weil man "Querschläger" tunlichst vermeiden will. Während andere Parteien ihre Listen mit Parteigängern füllen, schaut man bei den Freien Wählern vor allem auch darauf, ob es menschlich passt. "Dafür", sagt Haizmann, "verbringt man zuviel Zeit miteinander, als dass man sich noch bei jeder Fraktionssitzung ärgern will."

Kurz vor Weihnachten war nur noch eine Handvoll Bewerberplätze vakant, die in den vergangenen Tagen aber besetzt wurden. Die Freien Wähler setzen zum einen auf bekannte Gesichter, voran auf die im Stadtrat sitzenden politischen Schwergewichte. Mit Eberhard Haizmann stellte man 2014 den unangefochtenen Stimmenkönig, Siegrid Plaschke rangierte im Stimmenranking auf Platz 4. Nur einer der sieben amtierenden FWV-Stadträte tritt nicht mehr an: Rudolf Bachmann, (69), der sich nach 30 Jahren Kommunalpolitik altershalber zurückziehen will.

Auf der anderen Seite setzen die "Freien" auf Erneuerung: 13, also die Hälfte der Kandidaten, sind neu aufs Kandidatenkarussell aufgesprungen. "Die muss man erst mal finden", sagt Haizmann, der mit nicht weniger Genugtuung auf eine weitere Besonderheit seiner Truppe verweist: Von den acht Ortsvorstehern in Nagold kandidieren fünf auf den beiden FWV-Listen für Gemeinderat und Kreistag. "Das ist ein klares Bekenntnis", konstatiert Stadtratskollege Ulrich Hamann, "dass wir Nagold als Ganzes sehen". Zugleich sei das FWV-Bewerberfeld ein Spiegelbild dessen, was in Nagold ehrenamtlich geleistet werde – mit Repräsentanten aus Vereinen, Bürgerforum, Urschelstiftung, City- oder Gewerbeverein.

Politisch werben die Freien Wähler für die kommenden fünf Jahre – wie gehabt – mit einer "konstruktiven Sachpolitik". Damit sei Nagold in der Vergangenheit gut gefahren. Parteigezänk sei ihnen fern, betonen sie unisono, aber wie Stadtratskollege Daniel Steinrode von der SPD jüngst öffentlich über den Stillstand Nagolds räsoniert hatte, echauffiert die "Freien" doch. "Wer Nagold schlecht redet, liegt einfach voll daneben", meint Siegrid Plaschke, ehrenamtlich auch Vorsitzende des Cityvereins.

Im Gegenteil: "Es scheint so", sagt Plaschke, "dass wir in Nagold in den letzten Jahren vieles richtig gemacht haben." Haizmann gibt die Devise aus: "nicht nachlassen." Dies gelte nicht nur bei der Innenstadtentwicklung, sondern auch bei der Digitalisierung, im Bildungsbereich oder auch in der Frage, wie in Nagold bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann. Mit der Initiative "Hoffnungshaus" im Hasenbrunnen sieht man die Stadt hier auf einem guten Weg. "Sachpolitik, ohne Lärm darum zu machen" sei oberste Maxime, sagt Haizmann. Oder wie es Fraktionskollegin Plaschke ausdrückt: "Wir verstehen uns als Realos im Gemeinderat."

Umso mehr stoßen ihnen im bereits angelaufenen Kommunalwahlkampf Polemik und Agitation auf, vor allem mit Blick auf das umstrittene Absprunggelände bei Haiterbach. Dass in Flugblättern mit Fotomontagen von Tieffliegern über Nagolds Innenstadt agitiert werde, stößt bei Eberehard Haizmann auf null Verständnis: "Im Moment wird der Bevölkerung vorgegaukelt, dass die Stadt Nagold mitentscheidet. Das kann sie nicht." Er plädiert stattdessen für eine sachlich-konstruktive Begleitung dieser Pläne. Zuerst gelte es die Gutachten abzuwarten: "schauen, was rauskommt". Und es werde "kein Mauschelgeschäft geben", verspricht Plaschke.

Bis zur offiziellen Versammlung am 28. Januar im Hochdorfer Braustüble bleibt die Kandidatenliste der Freien Wähler noch unter Verschluss, dafür machte Fraktionschef Haizmann vor der Wahl Interna öffentlich: In der nächsten Legislaturperiode will der heute 64-Jährige den Fraktionsvorsitz abgeben. Sein Nachfolger steht schon parat, sofern der Wähler als Souverän dem Vorschlag folgt: Ulrich Hamann (50), in der Stadt vielfach engagierter Pädagoge, soll dann genug Zeit haben, sich als Fraktionschef einzuarbeiten.

Dass hier ein Wechsel bevorsteht, konnten kommunalpolitische Beobachter schon an einer geänderten Rollenverteilung erkennen: Nicht Fraktionschef Haizmann hatte in den vergangenen Jahren wie üblich die Haushaltsrede für die Freien Wähler gehalten, sondern sein 50-jähriger Kollege Hamann.