Gemeinsam stellen sie das Bürgertheater auf die Beine: Sylvia Kadner (links) und Isolde Alber. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Bürgertheater: Isolde Alber und Sylvia Kadner reden über die diesjährige Produktion, die am 14. Juni in Nagold Premiere feiert

Ab 14. Juni präsentiert das Nagolder Bürgertheater unter Leitung von Isolde Alber und ihrer Assistentin Sylvia Kadner in seiner vierten Produktion das Stück "Romeo und Julia im Schwarzwald oder Der dreibeinige Hase". Wir sprachen mit den Regisseurinnen.

Was erwartet die Zuschauer beim diesjährigen Bürgertheater?

Alber: Es ist wieder ein Stationentheater, aber etwa nach der Hälfte des Stückes dürfen die Zuschauer sitzen – und zwar dort, wo man sonst nie sitzt, mitten in der Stadt auf der Marktstraße am unteren Markt. Dort ist unsere Bühne. Sie ist über dem Brunnen und um den Baum herumgebaut. Das ist dieses Jahr eine Novität.

Kadner: Und die Bühne macht Bühnenbildner Andreas Wilkens. Er hat schon viel für Isolde gearbeitet und macht das in bewährter Weise sehr schön.

Alber: Und sonst ist es wieder ein Theaterspaziergang. Der fängt hinten am Kleb an, geht über die hintere Brücke rüber, am Youz entlang und dann landen wir auf der Marktstraße.

Kadner: Die wird dann extra für uns gesperrt. Seit die Marktstraße keine Bundesstraße mehr ist, sondern Nagold gehört, dürfen wir das nämlich.

Und um was geht es inhaltlich?

Alber: Die Geschichte spielt 1771 bis 1793 und behandelt einen einzigarten Nagolder Konflikt zwischen den alteingesessenen Familien Zeller und Hofacker. Die Lösung kommt durch Shakespeare-Lektüre viel später und ist nicht tödlich.

Woher kommt diese Idee?

Alber: Die Idee stammt von Eckhardt Kern, ehemaliger Schuldirektor in Herrenberg und Lehrer für Geschichte und Englisch. Das wollte er schon seit Jahren spielen lassen. Aber da gab es immer auch andere Themen. Er hat die Akten eines Injurienprozesses zwischen Apotheker Zeller und Stadtschreiber Hofacker im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart ausfindig gemacht. Das ist einzigartig, dass ein solcher Vorgang über einen geschossenen Hasen (lacht) im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart landet.

Und was muss von dieser Idee ausgehend alles getan werden, bevor wir am 14. Juni zur Premiere kommen können?

Alber: Erst mal der Text. Den schreibe ich in Nagold direkt für die Schauspieler. Dafür war ein dreiviertel Jahr Recherche notwendig. Ich habe zum Beispiel unter anderem viele Gebetbücher studiert und die ersten deutschen Übersetzungen von Shakespeares Romeo und Julia.

Auch die Schauspieler zu finden war keine Kleinigkeit, weil wir ein sehr großes Ensemble haben von über 20 Leuten. Dann Kostüme für alle machen und die Wege festlegen. 2018 müssen die alle vom Sicherheitsdienst überprüft werden. Jeder einzelne Pflasterstein wird überprüft (lacht). Das war keine Kleinigkeit. Dann eben der Bühnenplan – dass die Bühne, die zwischen den Aufführungen stehen bleibt, nicht plötzlich unter Wasser steht, wenn es regnet. Das sind ganz viele kleine praktische Dinge, an die man denken muss.

Kadner: Außerdem habe ich persönlich viele Besuche gemacht und treffe ungeheuer viele Absprachen.

Alber: Dann hatten wir durch Krankheit einige Ausfälle. Ein Ensemblemitglied hatte einen Schlaganfall und kann kaum noch sprechen. Wir mussten schon einiges Schicksalhaftes mitmachen und haben immer wieder die Rollen verändert und neu angepasst. Alle müssen mindestens zwei Rollen spielen. Sylvia hat außerdem einen Rokoko-Tanz choreografiert.

Kadner: Es ist wirklich viel zu organisieren. Die Schauspieler sind ja auch alles Laien. Die kann ich nicht wie am Theater einfach zur Probe einbestellen. Die meisten arbeiten schließlich. Da muss man alle Termine koordinieren.

Alber: An Sylvia als Assistenz hängt unglaublich viel. Früher hatten wir eine halbe Stelle, aber die ist jetzt nicht besetzt.

Sie haben eben die Arbeit mit den Laienschaupielern erwähnt. Gibt es da Unterschiede zur Arbeit mit Profis?

Alber: Ja, die gibt es. Bei den Laien arbeite ich nach einem bestimmten System. Dazu habe ich eine zehnjährige Ausbildung zur Psychodramaleiterin gemacht. Ich arbeite mit ihnen an der historischen Situation – so dass sie sich vollkommen in die Rokoko-Zeit versetzen können. Und dann kommt man automatisch in das Spielen rein. Wir führen die Leute wirklich ein in die Geschichte. Denn das ist ja der Sinn – das Leute ihre Heimatgeschichte erfahren, indem sie sie selber spielen.

Gibt es denn schon Pläne für in zwei Jahren?

Alber: Das ist meine letzte Arbeit fürs Bürgertheater. Ich weiß noch nicht, was ich danach mache, aber ich fühle, dass was kommt. Kadner: Wenn es in zwei Jahren wieder ein Bürgertheater gibt, würde ich das sehr gerne als Regie weiterführen.

 Isolde Alber schreibt die Stücke, inszeniert und führt die Regie seit Beginn des Nagolder Bürgertheaters im Jahr 2012. Sie hat Musik, Germanistik und Sprecherziehung in Stuttgart studiert. Außerdem unterrichtete sie in der Opernausbildung an der Hochschule für Musik in Mannheim und arbeitete mit zahlreichen namhaften Regisseuren in Deutschland und der Schweiz zusammen. Sie hat etliche eigene Inszenierungen auf die Beine gestellt.  Sylvia Kadner ist die Regieassistenz und ist außerdem zuständig für Projektkoordination und Choreografie. Sie war seit 2012 in fast allen Bürgertheaterprojekten als Schauspielerin dabei und übernimmt auch diesmal gleich zwei Rollen. Kadner ist Theaterpädagogin, sie schreibt und inszeniert Kinder- und Jugendtheaterstücke bei der Kulturwerkstatt Simmersfeld und ist seit Jahren im Bereich Schultheater tätig. Sie spielt selbst in verschiedenen freien Theatergruppen.

Donnerstag bis Sonntag, 14. bis 17. Juni; Mittwoch, Donnerstag, Samstag, Sonntag, 20., 21., 23. und 24. Juni; Donnerstag bis Sonntag, 28. Juni bis 1. Juli.

Einlass ist jeweils um 19 Uhr, Beginn um 19.30 Uhr.

Ausnahme: Sonntag, 24. Juni und 2. Juli: Einlass 16 Uhr, Beginn 16.30 Uhr.