Im Gemeinschaftsraum findet das Cafe Asyl statt. Foto: Igney Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: "Lebenslagenhilfe" setzt auf individuelle und flexible Unterstützung

Vor fünf Jahren haben sich mehr als 30 aktive Mitarbeiter und viele Unterstützer zum Arbeitskreis Asyl zusammengefunden und im Haus Waldeck in Nagold Flüchtlinge aus der ganzen Welt empfangen. Mittlerweile hat sich das Aufgabenspektrum gewandelt: "Lebenslagenhilfe" ist immer gefragter.

Nagold. Als "Haus zur vorübergehenden Unterkunft" hat der Landkreis 2013 zwei leerstehende Gebäude in der Herrenberger Straße übernommen und eingerichtet. Unabhängig von Herkunft, religiöser oder kultureller Prägung der Ankommenden haben sich die Helfer des Arbeitskreises darum gekümmert, dass die Bewohner sich bei ihren ersten Schritten in dem neuen Umfeld in Nagold irgendwie zurechtfinden konnten, schon auch deswegen, weil die staatlichen Unterstützungsstrukturen damals erst noch aufgebaut werden mussten.

Die Arbeitsfelder des Arbeitskreises haben sich innerhalb kürzester Zeit entwickelt und alle Hilfsangebote wurden von der Landkreisverwaltung und der Nagolder Stadtverwaltung gerne angenommen und unterstützt: Der Arbeitskreis renovierte einen zur Verfügung gestellten Raum im Haus Waldeck, der als Gemeinschaftsraum bis heute die zentrale Räumlichkeit für alle Aktivitäten darstellt. Das Café-Asyl im Gemeinschaftsraum bot die erste Möglichkeit, bei der sich benachbarte Anwohner mit Geflüchteten treffen konnten, Nagolder erste Kontakte mit den neu Angekommenen knüpfen konnten oder um sich über das Haus Waldeck zu informieren. Heute ist Café-Asyl der Treffpunkt von Hausbewohnern und Mitarbeitern des Arbeitskreises zum Besprechen des Anstehenden und zum gemeinsamen Spiel. Die Kinder haben eine betreute Spielecke.

Fahrradwerkstatt zur Vermittlung von gespendeten Fahrrädern

Bis Deutsch- beziehungsweise Integrationskurse durch staatliche Träger angeboten wurden, haben im Gemeinschaftsraum ehrenamtliche Lehrer in bis zu sieben parallel laufenden Anfängerkursen Basiskenntnisse in Deutsch vermittelt oder sogar Alphabetisierungskurse eingerichtet.

Ein Schwerpunkt war und ist die Familienbetreuung mit dem besonderen Augenmerk für die ankommenden Kinder. Für sie wurden Kindergartenplätze gefunden, Wegbegleitung organisiert, Spielenachmittage gestaltet und für die Älteren die Kontakte mit den Schulen geknüpft. Kranke Hausbewohner wurden zu den Ärzten und ins Krankenhaus begleitet. Mittlerweile helfen zwei Ärzte im Ruhestand im Haus Waldeck ehrenamtlich weiter.

Frauengesprächsgruppen und Spielzeiten sind wichtig, um im Gespräch Probleme anzugehen. Es wurde ein Spendenmagazin eingerichtet, ebenso eine Fahrradwerkstatt mit Vermittlung von gespendeten Fahrrädern und bei Bedarf gibt es Hilfen beim Ausfüllen von Formularen.

In vielen der ursprünglich ehrenamtlich abgedeckten Bereiche werden die Hausbewohner jetzt von den Sozialarbeitern des gewachsenen Flüchtlingssozialdienstes des Landreises, von Integrationsmanagern, von Lehrern der Schulen und der VHS und Mitarbeitern der kirchlichen Hilfsdienste oder des Job-Centers unterstützt und betreut.

Wo fehlt es? Es fehlt an individuellen Hilfen in besonderen Lebenslagen, an "Lebenslagenhelfern". Beispiele: Ein junger Mann braucht Hilfe, um den Hauptschulabschluss zu bestehen, das ist Voraussetzung für den Beginn einer Lehre. In der Lehrlingsausbildung läuft es im Praktischen gut, die Mathematik fällt schwer. Eine Mutter braucht vorübergehend Betreuung für ihr Kind, um am angebotenen Integrationskurs teilnehmen zu können. Jemand braucht Hilfe, um die anstehende Deutschprüfung auf dem B1-Niveau zu bestehen, aber auch eine erste Einführung ins deutsche Alphabet ist gefragt. Manchmal ist nur Hilfe für einen Tag notwendig, zum Beispiel für die Begleitung zu einer Untersuchung in Tübingen. Für einen arbeitenden jungen Mann ist eine einfache Steuererklärung zu erstellen, für eine Familie müssen Anträge ausgefüllt werden.

In diesem Bereich ist der AK Asyl mittlerweile verstärkt tätig, freut sich aber auch immer über weitere Helfer: "Wer bereit ist, sich für so ein zeitlich begrenztes Projekt ›Lebenslagenhilfe", aus dem sich keine Verbindlichkeiten entwickeln sollen, anfragen zu lassen, meldet sich bitte gerne unter der Email-Adresse des Arbeitskreises: ak.asyl.nagold@gmx.de."