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Debatte:

Nagold - Tag für Tag können verschiedenste Schwierigkeiten und Problematiken bei Schülern auftreten. Das Youz Nagold unterstützt und betreut die Schüler der Nagolder Bildungsstätten. Nun noch verstärkt mit einer Aufstockung des Stellenumfangs bei der Schulsozialarbeit.

Seit etwa 20 Jahren ist Thomas Jörlitschka für die Schüler der Zellerschule zuständig. Dabei widmet er sich Problemen und Schwierigkeiten, die sich im Schulalltag darstellen können. Die Zellerschule ist in Gemeinschafts- und Ganztagesgrundschule aufgeteilt. Laut Gerd Hufschmidt, Geschäftsführer des Youz Nagold, habe Jörlitschka ein Betreuungssystem mit dem Schwerpunkt auf die Gemeinschaftsschule. Mit etwa 220 Schülern ist die Grundschule aber sehr groß. Daher gebe es für diese Schüler verstärkt Bedarf für eine Betreuung.

Arbeitseinsatz eher präventiv

Dadurch, dass die Grundschüler den größten Teil des Tages in der Schule verbringen, würden verschiedene Problematiken aufkommen. Die Schulsozialarbeit ist laut Hufschmidt weniger eine problemlösende Instanz. Es werde nach der Erkennung einer Schwierigkeit früh angesetzt. Der Arbeitsansatz sei daher eher präventiv. Man wolle Problematiken praktisch im Entstehen schon angehen, diese eventuell im Keim ersticken, ehe sie zu groß und kompliziert werden können. Um dies künftig auch effizient an der Ganztagesgrundschule der Zellerschule tun zu können habe man eine Anpassung des Stellenumfangs benötigt.

Die Schulsozialarbeiter des Youz sind aktuell wie folgt aufgeteilt: Steffi Herrmann am OHG und Thomas Jörlitschka an der Zellerschule betreuen Schüler mit einem jeweiligen Stellenumfang von 100 Prozent. Lara Schuld mit 75 Prozent an der Lembergschule. Johanna Seeger betreut mit jeweils 25 Prozent Stellenumfang die Schüler der Grundschulen in Iselshausen, Vollmaringen und Hochdorf. Insgesamt kommt sie also auf 75 Prozent. Eine 100-Prozent-Stelle bei der die Schulsozialarbeit an der Kernenschule und der Burgschule durch eine Person erfolgte, ist seit Anfang des Jahres nicht mehr besetzt.

Nur eine Stelle fehlt aktuell

Hierfür hatte man laut Hufschmidt nun umstrukturiert. Im März kam es mit Anne Mayer zu einer Neubesetzung. Sie werde nun die Schüler der Kernenschule mit 50 Prozent Stellenumfang betreuen. "Sie ist seit März dabei. Im Mai wird sie durchstarten", erklärt Hufschmidt. Es fehlt somit nur noch die Stelle an der Burgschule. Hier rechnet der Geschäftsführer des Youz Nagold mit einer Neubesetzung zum Sommer.

In seiner jüngsten Sitzung hat der Nagolder Gemeinderat den Beschluss gefasst, und somit der Personalaufstockung bei der Schulsozialarbeit ab dem Schuljahr 2020/2021 um 0,35 weitere Stellenanteile – 35 Prozent – zugestimmt. Eine Aufstockung der Personalstellen sei aus Sicht der Verwaltung sinnvoll und angemessen, heißt es in der Sachdarstellung, die den Gemeinderäten vorlag. Die meisten stimmten dem zu. Bei zwei Gegenstimmen aus der AfD konnte die Anpassung beschlossen werden.

Räumliche Nähe der Schulen spielt wichtige Rolle

Diese Aufstockung um 35 Prozent solle für die noch offene Stelle der Burgschule vorgesehen sein. Der künftige Sozialarbeiter, der diese Stelle angehen werde, soll weiterhin die 50 Prozent an der Burgschule übernehmen, zugleich sich aber mit den weiteren 35 Prozent der Ganztagesgrundschule der Zellerschule widmen. Die räumliche Nähe zwischen den beiden Schulen spiele hierbei eine wichtige Rolle. Dies "würde selbstverständlich einen riesigen logistischen Vorteil darstellen.

Kurzfristige Besprechungen oder unvorhergesehene Konfliktsituationen könnten auf schnellem Weg an den benachbarten Schulen unkompliziert bearbeitet werden", heißt es in einem Schreiben der Burgschule Nagold. Mit der Zellerschule und dem Sozialarbeiter Jörlitschka bestehe seit mehreren Jahren ein vertrauensvolles Verhältnis. Die Burgschule habe durch Kooperationen positive Erfahrungen gesammelt.

"Personalaufstockung ist ein sehr wichtiges Zeichen"

Der Beschluss zur Personalaufstockung sei laut Hufschmidt "ein sehr wichtiges Zeichen". Er könne verstehen, dass es zu Krisenzeiten bedenken gibt, und man versuchen möchte zu sparen, wo es nur geht. Gerade durch die Krise sei es allerdings umso wichtiger, die getroffenen Bereiche wie die Schulen aufzufangen. Wenn man sparen wolle, solle man dies nicht bei der Schulsozialarbeit tun, meint Hufschmidt, der für die getroffene Entscheidung sehr dankbar sei.

Aktuell sei das Youz Nagold vielseitig beschäftigt. "Wir versuchen den Kontakt per Telefon zu halten. Mit Schülern, Eltern, Lehrern und Schulleitern", erklärt der Youz-Geschäftsführer. Auch rechne er damit, dass in naher Zukunft auch die vierten Klassen wieder zur Schule gehen könnten. Es gebe viele Kinder, die nicht dieselben Chancen hätten. Die Schere zwischen Arm und Reich würde sich, so Hufschmidt, während der Krisenzeit nur weiter öffnen. "Viele Kinder, die es sehr nötig hätten die Schulen zu besuchen, dürfen wir bisher nicht betreuen", fügt er an. Es sei wichtig, diesen Kindern eine Struktur zu geben und zugleich Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen.

Hufschmidt bestätigt, dass man nun mit dem Gesamtumfang der Stellen die Bedarfe decken könne. Obwohl Schulen sich wohl mehr wünschen würden. "Man kann immer mehr machen", sagt er. Der bisherige Stellenumfang des Youz als Träger lag bei 450 Prozent. Hinzu kommen 75 Prozent an der Christiane-Herzog-Realschule. Mit der weiteren Stellenausweitung von 35 Prozent wären es damit dann 560 Prozent Stellenumfang für die Schulsozialarbeit in Nagold. Für die nächsten drei Jahre bestehe somit eine "gute Grundlage", um die Schüler konzeptionell zu betreuen und zu unterstützen.

Seite 2: Diskussion um Schulsozialarbeit

Der Nagolder Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung sehr konträr über die Sinnhaftigkeit von Schulsozialarbeit diskutiert. Anlass war die geplante Personalaufstockung um 0,35 Stellenanteile für die Zellerschule im Schuljahr 20/21.

Während Oberbürgermeister Jürgen Großmann konstatierte: "Es gibt kaum große Alternativen. Wir brauchen die Schulsozialarbeit" und auch dieses Thema mit dieser Stellenaufstockung nicht als "erledigt" betrachtete, hielt AfD-Stadtrat Günther Schöttle entgegen: "In der jetzigen Zeit ist das nicht notwendig."

Er gelte ohnedies als "Mahner und Schwarzseher", erklärte Schöttle und insistierte: "Wir können uns nicht mehr alles leisten, was sinnvoll ist."

Aus allen Fraktionen erntete der AfD-Stadtrat Widerspruch. Brigitte Loyal (Grüne) sagte: "Bei unserer Zukunft, den Kindern, dürfen wir nicht sparen." Der Bedarf in der Schulsozialarbeit werde eher größer. CDU-Stadtrat Oliver Mayer, selbst Elternsprecher an einer Grundschule, pflichtete umgehend bei: "Das Geld ist hier gut angelegt." Vielmehr müsse seiner Meinung nach über eine Ausweitung nachgedacht werden.

FWV-Fraktionsvize Ulrich Hamann, von Beruf Lehrer, glaubt, dass die Schere in der Gesellschaft durch Homeschooling noch weiter auseinander gegangen sei. Wenn man das Geld für die Schulsozialarbeit einspare, werde man dies mit Mehrkosten in der Jugendfürsorge oder gar in der Justiz bezahlen müssen. CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäfer vertrat dieselbe Ansicht: Dieses Geld sei sinnvoll investiert, um Fehlentwicklungen vorzubeugen.

OB Großmann wissend: "Man kann immer mehr machen", mahnte dennoch zur Zurückhaltung, was eine Ausweitung der Sozialarbeit an den Nagolder Schulen anbelangt: "Im Moment sollte man es bei dieser Größenordnung belassen." Auch wenn man am OHG, wie das Stadtoberhaupt feststellte, angesichts der Zahl von nahezu 1300 Schülern, statt einer "locker" zwei Stellen bräuchte. Die Stellenaufstockung wurde bei zwei Gegenstimmen aus der AfD beschlossen.