Die Siegerkünstler gemeinsam mit den begleitenden Lehrern und den Initiatoren vom Landratsamt. Foto: Meyer Foto: Schwarzwälder Bote

Projekt: Medienkurs der Rolf-Benz-Schule gestaltet Projektplakate zum Thema "Schütteltrauma"

Jedes Jahr sterben in Deutschland bis zu 200 Säuglinge, weil sie von ihren entnervten Eltern buchstäblich zu Tode geschüttelt werden. Um auf dieses schwierige Thema aufmerksam zu machen, startete die Abteilung Frühe Hilfen im Landratsamt – geleitet von Nicole Bühler und Albrecht Frank – an der Rolf Benz-Schule einen Plakatwettbewerb.

Nagold. Der Anreiz für die jungen Künstler: Das Gewinnerplakat wird in naher Zukunft im Landkreis in Kindergärten, Krankenhäusern, sowie in Kinderarztpraxen und auch in öffentlichen Einrichtungen ausgehängt. Ebenso werden noch Flyer und Postkarten von den ausgewählten Plakaten gefertigt und veröffentlicht, berichtet Albrecht Frank von der Abteilung Frühe Hilfen – etwa im Rahmen einer "Informationsmappe" für die Eltern von neu geborenen Säuglingen.

Ursprünglicher Auslöser dieser Aktion war das Nationale Zentrum Frühe Hilfen, das im Auftrag des Bundesfamilienministeriums die Öffentlichkeit verstärkt über den Umgang mit Säuglingen zwischen null und drei Jahren aufklären will – vor allem junge und werdende Eltern. Prävention heißt da das Schlagwort. Ein Teil der bundesweiten Initiative ist ein Plakatwettbewerb.

Doch wie gestaltet man als Schüler oder Schülerin zu diesem schwierigen Thema ein Plakat, das zugleich sensibel und wirksam auf die Problematik aufmerksam und dazu noch nachdenklich macht? Um diese Schwierigkeit zu lösen, stellte die Abteilung "Frühe Hilfen" unter der Leitung von Nicole Bühler und Albrecht Frank für die teilnehmenden Schüler des Medienkurses an der Rolf-Benz-Schule Nagold eine Einführungsveranstaltung auf die Beine, bei der das Projekt vorgestellt und die Hintergründe beleuchtet wurden.

15 Vorschläge kamen in die engere Wahl

Dazu gehörte auch, dass Nicole Bühler den Teilnehmern aufzeigte, wie es sich anfühlt, wenn ein Säugling ununterbrochen schreit. Sie spielte ihnen einige Minuten lang eine Audiodatei mit Babygeschrei vor. "Da nagt jede Stunde stärker an den Nerven der Eltern", erklärte Bühler. Aus Sorge werde Hilflosigkeit und aus Hilflosigkeit verzweifelte Wut. Und dann passiere immer wieder das, was nicht passieren soll und darf: Das Kleinkind wird am Brustkorb gepackt und geschüttelt – ohne zu wissen, was in diesem Moment für gravierende, ja sogar tödliche Verletzungen auftreten können, so Nicole Bühler.

Um sich noch besser in das Projekt einzuarbeiten, betrieben die Schüler zusätzlich fleißig Internet-Recherche. Später setzten sich die Gruppen bestehend aus zwei bis drei Schülern zusammen, betrieben Brainstorming, sammelten Ideen.

Mit diesem Vor-Wissen ausgestattet und den Ideen im Kopf machten sich die Nagolder Schüler drei Wochen lang ans künstlerische Werk. Aus den zahlreichen Vorschlägen kamen schließlich 15 Exemplare in die engere Auswahl. Die Jury, bestehend aus sieben Mitarbeitern des Fachdienstes Frühe Hilfen im Landratsamt Calw, ermittelten durch ein Punktesystem die ersten drei Plätze.

Die mitwirkenden Lehrer Boris Nestle, Jens Möhlmann und Diana Hildebrand hatten bei der Verleihung der drei ersten Preise viele lobende Worte für das Engagement der teilnehmenden Schüler übrig. So habe es auch die Jury gesehen, wie Albrecht Frank von den "Frühen Hilfen" in seiner Dankesrede bei der Preisverleihung betonte.

Bevor die drei Gewinnerplakate prämiert wurden, bekamen alle Schüler des Kurses als Anerkennung für ihre Leistungen von Nicole Bühler, Judith Halter und Albrecht Frank eine Urkunde überreicht.

Zum abschließenden großen Finale fehlte nur noch der Trommelwirbel. Platz 3 belegten Ines Bäuerlein, Fabian Grochulski und Laura Helber. Ihr Werk soll darstellen, wie einfach doch Lösungen gefunden werden können, wenn die Eltern einen kühlen Kopf behalten. Mit dem Preis für den zweiten Platz wurde das Plakat von Carolin Schmiedgen und Seven Denk ausgezeichnet. Ihr Motto lautete "shake your milk and not your baby".

Das Siegerplakat haben Jasmin Schrednitz und Freddy Straub entworfen – mit der klaren Botschaft "Shake your body, not your baby".

Die zwei Gewinner dürfen sich freuen, denn schon in den nächsten Tagen wird ihr Plakat und zusätzlich noch Flyer und Postkarten in Druck gehen.

  Hilfe für Eltern: Die ersten Lebenswochen und -monate mit einem Neugeborenen sind etwas ganz Besonderes. Für die Eltern bedeuten sie aber oft auch eine anstrengende Zeit. Gerade auch wenn der Säugling viel schreit, führt das zu Verunsicherung und mitunter auch an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit, im schlimmsten Fall sogar bis zum Verlust der Beherrschung. Um solche Situationen zu vermeiden, steht das Fachteam Frühe Hilfen im Landkreis Calw unter der Telefonnummer 07051/ 1 6 0-0 oder per E-Mail unter Fruehe.Hilfen@kreis-calw.de zur Verfügung.

  Schütteltrauma: Beim Schütteln des Säuglings schleudert der Kopf des Kindes immer wieder vor und zurück. Da sich im Hirngewebe von Säuglingen noch viel Flüssigkeit befindet und die Räume zwischen Gehirn und Schädelknochen noch relativ weit ausgeprägt sind, prallt das Gehirn bei den Bewegungen gegen das Schädelinnere. So können schwere Verletzungen hervorgerufen werden. Es können Quetschungen und Prellungen entstehen. Außerdem können Gefäße reißen und Hirnblutungen auftreten. Mehr als ein Fünftel der betroffenen Kinder stirbt an den Folgen der Verletzungen. Zwei Drittel der überlebenden Säuglinge und Kleinkinder leiden lebenslang unter Folgen des Schüttelns. Sie umfassen Krampfanfälle, Seh- und Sprachstörungen, bei manchen Kindern verzögert sich die Entwicklung.

Statistik:  Eine Umfrage im Mai 2017 hat gezeigt: 42 Prozent der befragten 1009 Frauen und Männer haben den Begriff Schütteltrauma noch nie gehört. 24 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Schütteln vielleicht nicht so schön für ein schreiendes Baby ist, ihm aber auch nicht schadet. Rund 66 Prozent der Befragten weiß nicht, dass es eine Schreiphase im Säuglingsalter gibt.