Die Datenschutzgrundverordnung der EU soll Daten EU-weit sicherer machen. Foto: © Cybrain – stock.adobe.com

Neue EU-Verordnung zu Umgang mit personenbezogenen Daten hält auch Nagold auf Trab.

Nagold - Am Freitag, 25. Mai, tritt die Datenschutzgrundverordnung der EU in Kraft. Auch die Nagolder sind davon betroffen. Viele kommen etwa in Beruf, Ehrenamt oder beim Kontakt mit der Kirchengemeinde mit der neuen Verordnung in Berührung.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist momentan auch in Nagold in aller Munde. In Form von SMS, E-Mails und Briefen wurde in den vergangenen Wochen etwa von Banken, Telefonanbietern, Vereinen und Kirchengemeinden über angepasste Datenschutzregelungen informiert. Was sich im Detail am 25. Mai beim Datenschutz in Deutschland ändert, darüber scheint in großen Teilen noch Unsicherheit zu herrschen. Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten zeigte sich lediglich Pressesprecherin Tina Block im Namen der Stadt Nagold entspannt: "Wir haben schon jahrelang einen Datenschutzbeauftragten." Darum habe man die Änderungen, die die Datenschutzgrundverordnung mit sich bringe, schon lange im Blick.

Wie groß der Informationsbedarf zu diesem Thema anderswo in Nagold ist, zeigte der Zuspruch bei zwei Veranstaltungen in den vergangenen Wochen. So kamen laut IHK 130 Unternehmer zu einer Info-Veranstaltung im IHK-Bildungszentrum in Nagold. Und im Vereinslokal des VfL Nagold ließen sich gut 90 Vereinsvorstände, Mitglieder und Verantwortliche über die Folgen der DSGVO auf die Vereinsarbeit informieren.

Reaktionen von panisch bis aufgebracht

Den Bedarf an Informationen spürt auch Oliver Essig, Geschäftsführer für Recht und Steuern der IHK Nordschwarzwald: Die Reaktionen, die die IHK auch von Nagolder Unternehmen erreichen, reichten von "panisch bis aufgebracht" berichtet er. "Das Unverständnis bei den Unternehmen ist groß", weiß Essig. Tatsache sei, dass das deutsche Recht bereits ein relativ hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten hatte. Vieles an der DSGVO sei also nicht neu. Aber die mit ihr einhergehenden höheren Bußgelder rücken bereits bestehende Bestimmungen in den Fokus.

Die Bußgelder bei Verstößen werden auf bis zu 20 Millionen Euro erhöht. "Das ist schon eine Hausnummer", meint Essig. Außerdem kommen weitreichende Informations- und Dokumentationspflichten auf die Unternehmen zu.

Aber die Verordnung gilt nicht nur für kommerziell genutzte personenbezogene Daten. Auch Vereine sind betroffen. "In unserer Servicestelle gehen zur Zeit bis zu 100 Anrufe pro Woche zu diesem Thema ein", berichtet Thomas Müller, Pressesprecher des Landesportbunds Württemberg. "Die Verunsicherung ist bei den Vereinen präsent", so Müller. Lange habe auch der Sportbund keine handfesten Informationen zu den Folgen für die Vereine gehabt. Inzwischen sei aber klar, dass die Umstellung auf die DSGVO für die Vereine mit einem "enormen Aufwand" verbunden ist.

So geht es auch den Nagolder Kirchengemeinden. Als größte Datenschutz-Baustelle nennt Dekan Holger Winterholer von der katholischen Seelsorgeeinheit Oberes Nagoldtal, zu der auch die Nagolder Kirchengemeinde St. Petrus und Paulus gehört, den E-Mail-Verkehr. "Datenbezogene Informationen versenden wir zukünftig durch ein sogenanntes Gateway, bei dem sich die Nutzer anmelden müssen und dann nur durch dieses Gateway die Info abrufen und lesen können", so der Dekan auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Das sei natürlich mit Mehraufwand und Verärgerung verbunden, da alles komplizierter werde. "Wir wollen aber um Verständnis werben, da die persönlichen Daten ja vertraulich sind und wir die Menschen mit ihren Daten schützen wollen", erklärt Winterholer.

Abmahnkanzleien sind vorbereitet

Mit dem Inkrafttreten der DSGVO steigt nun die Angst vor Abmahnungen. Die findet Essig – für Unternehmen – berechtigt. "Das ist schon das eigentliche Problem. Die Abmahnkanzleien sind vorbereitet und warten auf den Stichtag." Darum rate die IHK den Unternehmen, zuerst alles in Ordnung zu bringen, was öffentlich sichtbar ist – wie etwa die Datenschutzbelehrungen auf der Homepage. Hier muss der Kunde von Anfang an genau darüber informiert werden, was mit seinen Daten geschieht.

Auch Vereine müssen laut Müller die Verarbeitungsabläufe ihrer Mitgliederdaten durchleuchten: "Es muss erst mal mit enormem Aufwand geklärt werden wer, wann, wo und wozu Zugriff auf die Daten hat." Denn künftig hat auch jedes Vereinsmitglied das Recht, vorab darüber informiert zu werden, was mit seinen Daten passiert. Neumitglieder müssen künftig eine Datennutzungseinwilligung unterschreiben. "Aber die Verantwortlichen müssen eben auch von jedem, der schon länger im Verein ist, diese Einwilligung nachträglich einholen", so Müller. Nur so dürften die personenbezogenen Daten bis zum Widerruf gespeichert werden.

Aber mit der DSGVO geht auch das Prinzip der Datensparsamkeit einher. Vereinfacht gesagt, dürfen Daten nur noch dann und so lange gespeichert werden, wie eine Notwendigkeit dafür nachweisbar ist. "Sicherlich müssen da einige Prozesse in der Datenerhebung umgestellt werden. Personenbezogene Daten, die zwar ›nice-to-have‹, aber nicht notwendig sind, dürfen zukünftig nicht mehr erhoben und gespeichert werden", erklärt Essig.

Verfahrensverzeichnisse sollen Klarheit schaffen

Auch bei der Dokumentation der Datenverarbeitung müsse umgestellt werden um der neuen Dokumentationspflicht nachzukommen. So müssen unter anderem Verfahrensverzeichnisse angelegt werden. In denen steht wer, wann, warum und wie, was mit den Daten getan hat.

"Die höheren Bußgelder, die ab Freitag möglich sind, sehen wir erst mal eher entspannt", so Essig. Der Landesdatenschutzbeauftragte, der diese verhängen kann, habe angekündigt, weiterhin in erster Linie beratend wirken und nicht direkt Bußgelder verhängen zu wollen. "Die Landesdatenschutzbehörde möchte aber sehen, dass man sich ernsthaft Gedanken über den Datenschutz gemacht hat und auch Maßnahmen ergreift."

Auch der Landessportbund rät seinen Mitgliedern, Ruhe zu bewahren aber nicht untätig zu sein. "Die DSGVO steht bei den meisten Vereinen auf der Tagesordnung. Zum Stichtag werden nicht alle fertig sein, aber in den nächsten Monaten wird sich das klären", so Müller.

Generell herrsche auch bei den Nagolder Unternehmen eine "gewaltige Ungewissheit", meint Essig von der IHK Nordschwarzwald. Das liege daran, dass der Text der Datenschutzgrundverordnung zwar viele Informationen enthalte, aber in großen Teilen für den Ottonormalverbraucher unverständlich sei. Dass die Verordnung kommt, sei schon länger absehbar gewesen, aber viele hätten dennoch gehofft, dass es nicht so weit kommen werde. "Manche Unternehmen sind mit den Umstellungen praktisch fertig. Die meisten werden aber zum Stichtag noch nicht ganz fertig sein", vermutet Essig.