Der Remigius Kammerchor Nagold singt auf hohem Niveau. Chormitglied Johannes Kalmbach (Zweiter von links) überzeugte außerdem mit seinem Orgelspiel. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Geistliches Konzert zum Beginn der Fastenzeit beeindruckt die vielen Besucher in der Stadtkirche Nagold

Von Maria Kosowska-Németh

Nagold. Viele Besucher fanden sich am Sonntag zur Abendstunde in der Nagolder Stadtkirche ein. Obwohl sie diesmal zu keinem Gottesdienst, sondern zum Musikhören erschienen, herrschte unter dem Kirchengewölbe eine andächtige, wenn nicht auch fromme Stimmung. Es lag etwas mehr in der Luft als die gewöhnliche Erwartung auf den Konzertbeginn.

Die kirchliche Fastenzeit fängt, musikalisch ausgedrückt, attacca an – unvermittelt also, plötzlich. Anstelle der bisherigen sorglosen Karneval-Ausgelassenheit tritt am Aschermittwoch Nachdenklichkeit und Suche nach innerer Ruhe und nach sich selbst ein. In dieses sehr persönliche Klima fügte sich der Remigius Kammerchor Nagold mit seinem Konzert nicht nur wunderbar leicht und taktvoll ein. Die jungen Sänger vertieften und verstärkten die innigen Empfindungen der Zuhörer, und doch blieben sie frei von jeglichen effektvollen Absichten. Man staunte (nicht zum ersten Mal) angesichts ihrer überreichen Dynamikpalette von windstillem piano bis zum tragisch-stürmischen forte in "Eli, Eli" von György Bardos und bestaunte in "Introitus" von Johannes Petzold sowohl die gläserne Präzision der filigranen Sopran-Abgänge als auch profunde Basstöne, die für das polyphone Stimmengeflecht und orgelähnliche Gesamtklangbild ein solides Fundament sicherten.

"Wie liegt die Stadt so wüst" von Rudolf Mauersberger öffnete den Vokalisten einen weiteren umfassenden Spielraum, in dem sie unter diskreter und genauer Leitung von Marius Mack ihr imponierendes stimmtechnisches Niveau und facettenreiche Ausdruckstiefe bis zur scheinbaren dreidimensionalen Klangtransparenz steigerten.

In das geistliche Konzert wurde die Orgel als unverzichtbares Kirchenmusik-Element mit eingebunden. Mit glitzernden Tönen des Bachschen Präludiums und der Fuge h-moll erfüllte Kammerchormitglied Johannes Kalmbach den voluminösen Kirchenraum. Wiederum staunte man in Anbetracht der strahlenden Klangfülle, die Kalmbach dem jüngst renovierten Instrument entlockte. Seine Interpretation – schlicht in der Registrierung – spiegelte den Bach als phänomenalen Improvisator und Meister der Fuge wider, der aus dem Silberfaden eines Themas einen kunstvollen Klangteppich zu weben vermochte.

Im ganz anderen Licht erschien die im Barock verwurzelte und vom spätromantischen Geist durchtränkte Fuge von Max Reger. Kalmbach gelang es, die pulsierende innere Spannung des Werkes mit jugendlicher Reife aufzufangen und sie im breiten interpretatorischen Bogen – vom düsteren Anfang bis hin zum monumentalen Schlussakkord – aufzubauen und unaufhaltsam zu steigern.

Zum Konzertausklang spendete der Remigius Kammerchor Nagold dem ergriffenen und dankbaren Publikum eine überaus passende Zugabe mit auf den Heimweg – "Zum Abendsegen" von Felix Mendelssohn-Bartholdy.