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Dekan verlässt Nagold voraussichtlich im Sommer. Er scheidet "schweren Herzens", wie er sagt

Nagold und der gesamte Landkreis Calw verlieren einen der profiliertesten evangelischen Theologen. Ralf Albrecht, seit zwölf Jahren Dekan in Nagold, wird Regionalbischof in Heilbronn. Damit schließt sich für den 55-Jährigen ein Kreis. Er kehrt in den evangelischen Kernlanden zu seinen biografischen Wurzeln zurück.

Nagold. Als Albrecht im Jahr 2007 nach Nagold kam, war er mit 43 Jahren der jüngste Dekan der württembergischen Landeskirche. Und er hätte es auch bis zu seiner Pensionierung mit 67 Jahren bleiben können, auch wenn ein Jahr später die Neuregelung in Kraft trat, dass die Amtszeit eines evangelischen Dekans oder einer Dekanin künftig auf zehn Jahre beschränkt sein sollte. Für Albrecht, ein Jahr zuvor ins Amt gewählt, galt diese zeitliche Beschränkung nicht.

Doch spätestens seit dem 3. Januar waren solche Überlegungen obsolet. Albrecht bekam einen Anruf aus dem Büro von Landesbischof Otfried July. Die Botschaft: Er möge sich als möglicher Nachfolger von Harald Stumpf vorstellen, seit 2012 Prälat in Heilbronn. Der 64-Jährige, der vor seinem Prälatenamt Dekan in Freudenstadt war, erkrankte nach seiner Wahl zum Regionalbischof an einer lebensbedrohlichen Gehirnentzündung und entschied sich nun, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen.

Bei der Suche nach einem Nachfolger fiel der Blick der Kirchenleitung auf einen Mann, der nicht nur seit sechs Jahren Mitglied der Landessynode ist, sondern sich auch mit seiner Arbeit in den Gemeinden und als erfahrene Führungsperson für die Berufung als Regionalbischof empfahl: Ralf Albrecht.

Der heute 55-Jährige hatte sich – spätestens mit der Landesgartenschau 2012 in Nagold – weit über den Kirchenbezirk hinaus mit dem umfassenden touristisch-kirchlichen und spirituellen Konzept mit dem Bau der "Wachsende Kirche" einen Namen gemacht. Albrecht war es, der den ersten evangelischen Tageselternverein in der Landeskirche mitbegründete. Er saß seit seiner Wahl in die Landessynode im Ältestenrat und Landeskirchenausschuss, bereitete als Projektleiter 2014 den "ChristusTag 2014" in Stuttgart vor, war Vorsitzender der Projektgruppe "Evangelisch (nicht nur) in Württemberg" und ebnete vor allem auf lokaler und regionaler Ebene den strukturellen Weg in die Zukunft: 2015 mit der Fusion der seither drei Kirchengemeinden innerhalb Nagolds zu einer evangelischen Kirchengemeinde Nagold und schließlich 2018 mit dem Zusammenschluss der beiden Kirchenbezirke Calw und Nagold.

All dies gab schließlich den Ausschlag: Am vergangenen Freitag wählte der Landeskirchenausschuss, acht Synodenmitglieder unter Vorsitz von Landesbischof July, Ralf Albrecht zum neuen Regionalbischof in Heilbronn. Zur Prälatur gehören rund eine halbe Million Protestanten. Albrechts neues Wirkungsfeld legt sich wie eine Sichel übers Land und reicht von Mühlacker im Süden bis Heilbronn und Schorndorf. Die größte Diakonische Bezirksstelle sowie verschiedene diakonische Einrichtungen, Heime und Krankenhäuser gehören zu seinem künftigen Verantwortungsbereich. Außerdem ist in Waldenburg-Hohebuch mit der Ländlichen Heimvolkshochschule die zentrale Bildungsstätte der Bauernarbeit der Landeskirche angesiedelt.

"Ich wäre nicht zum Prälaten gewählt worden, wenn es Nagold nicht gäbe".

Als dieses Führungsamt an ihn herangetragen wurde, gab’s für den 55-Jährigen nicht viel zu überlegen: "Einer von vier Prälaten in der Landeskirche. Das ist wie ein Jackpot. Ein Gewinn, den man nicht planen kann." Denn bewerben kann man sich um so ein Amt nicht.

Albrecht weiß aber auch: "Ich wäre nicht zum Prälaten gewählt worden, wenn es Nagold nicht gäbe. Die Stadt hat mich zu dem gemacht. Ich bin als junger Dorfpfarrer hierher gekommen."

Damit schließt sich für den 55-Jährigen ein biografischer Kreis. Nicht nur seine Frau Christa kommt aus dem Hohenlohischen, auch die Oma stammt aus dem Unterland, aus Kochersteinsfeld.

Und seine praktische Vorbereitung auf den Beruf des evangelischen Pastors absolvierte der dreifache Vater 1992 bis 1994 in Hausen an der Zaber, das er als Vikar verließ. Jetzt kehrt er als Prälat dorthin zurück.

Sein neuer Amtssitz wird die 100 000-Einwohner-Stadt Heilbronn sein. Alle vier Wochen wird er in der dortigen Kilianskirche predigen. Und er trifft dabei auf einen alten Bekannten: Stefan Skobowsky, einst Kantor in Nagold, wirkt dort als Kantor der Kilianskirche.

In Nagold verbreitete sich am Montag die Nachricht von Albrechts Weggang wie ein Lauffeuer. Albrecht war nach seiner Wahl am Freitag zur Verschwiegenheit verpflichtet und informierte zuerst Michael Ehrmann, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, Ulrich Hölzle als Vorsitzender des Kirchenbezirks, seinen Calwer Kollegen Erich Hartmann und Schuldekan Thorsten Trautwein von seinem Ruf nach Heilbronn, dann ging der Dekan zuerst zum Schwarzwälder Bote und informierte unmittelbar danach OB Jürgen Großmann. Der sprach von einem "großen Verlust für Nagold. Aber ich freue mich für ihn. Prälat kann nicht jeder werden".

Wann genau sich Ralf Albrecht von dieser Stadt verabschieden wird, steht noch nicht fest. "Voraussichtlich im Sommer", sagt er, "aber auf keinen Fall früher."

Auch wenn es seit 2018 nur noch einen evangelischen Kirchenbezirk Calw-Nagold gibt, wird es einen Nachfolger für Albrecht in Nagold geben. Die Dienstaufsicht bleibt in Calw bei Dekan Hartmann, die anderen Aufgaben in der Dekanatsleitung werden von Nagold aus übernommen. "Einen starken Süden", betont der scheidende Dekan, "wird es weiterhin brauchen."