Sie stellen sich hinter die Impfkampagne der Bundesregierung "Deutschland krempelt die Ärmel hoch" (von links): Jürgen Großmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Kreistag und seine beiden Fraktionskollegen Bernhard Plappert und Otakar Zoufaly. Foto: Buckenmaier Foto: Schwarzwälder Bote

Corona: Christdemokraten positionieren sich in der Impfdebatte und fordern Solidarität der Bevölkerung

Die CDU-Fraktion im Calwer Kreistag fordert baldmöglichst eine Strategieänderung bei den Impfstandorten. Für das Kreis-Impfzentrum, das am Freitag in Altensteig-Wart seinen Betrieb aufnimmt, hat man gleichwohl nur Lob übrig. Hier sei, sagt CDU-Fraktionschef Jürgen Großmann, "ein Kelch an uns vorübergegangen".

Kreis Calw. Hinter den Kulissen waren im November noch ganze andere Standorte für den Kreis forciert worden, wie Großmann, Oberbürgermeister in Nagold, bei einem eigens einberufenen Pressegespräch durchblicken ließ, in dem die Christdemokraten sich "ganz bewusst" in der aktuellen, kontroversen Impfdebatte öffentlich positionieren wollten.

In Nagold hatten die Verantwortlichen demnach einen Blick auf die Eisberghalle geworfen, in Calw sollte die Stammheimer Festhalle für mehrere Monate zu einem Impfzentrum umfunktioniert werden. Die Pläne waren schon weit gediehen und die betroffenen Vereine, die in den beiden Hallen Sport treiben, eingeweiht worden. Großmann: "Wir waren schnell Gewehr bei Fuß." Und der Öffentlichkeit sei nicht bewusst gewesen, welche Konsequenzen dies für die Vereine gehabt hätten, die auf die beiden Sporthallen angewiesen sind und auf diese mehrere Monate hätten verzichten müssen.

Und in Calw, so Großmanns Fraktionskollege Bernhard Plappert, Kardiologe in der Hesse-Stadt, hätte das Maria-von-Linden-Gymnasium bei einem Festhalten an dieser Hallen-Lösung eingedenk der anstehenden Abiturprüfungen ganze andere Probleme gehabt. Denn statt geimpft wird in der Stammheimer Festhalle nun über Abituraufgaben gebrütet. Dass der Landkreis das alte Dekra-Hotel in Wart stattdessen zum Impfzentrum im Kreis auserkor, findet das "ausdrückliche Lob" der Christdemokraten.

"Andernfalls werden wir noch in den nächsten zehn Jahren im Herbst mit Masken rumlaufen"

Also alles in bester Ordnung? Nein, sagen vor allem die beiden Mediziner in der CDU-Kreistagsfraktion, eben Bernhard Plappert und mit ihm Otakar Zoufaly, Allgemeinmediziner aus Neubulach. Sie verfolgen die laufende Impf-Debatte, die auch die Leserbriefspalten in unserer Zeitung füllt, mit wachsender Sorge. Ihr Fraktionschef Jürgen Großmann propagiert vorneweg: "Impfen ist der Weg, um aus dieser Pandemie rauszukommen." Gemeinsam stellen sie sich hinter die Impfkampagne der Bundesregierung "Deutschland krempelt die Ärmel hoch."

Otakar Zoufaly titelt gerne pointierter: "Ein harmloser Piks gegen die Maulkorbgesellschaft" sei das. Andernfalls, so prognostiziert er, "werden wir noch in den nächsten zehn Jahren im Herbst mit Masken rumlaufen." Kollege Plappert sieht vor allem in der medizinischen Versorgung an den Kliniken den "Flaschenhals". Schon heute würden in der Urologie in Nagold und auch in der Chirurgie in Calw notwendige Operationen um Monate nach hinten verschoben: "Wir schieben eine Bugwelle vor uns her."

Betten in den beiden Krankenhäusern seien für Patienten nur noch schwer zu bekommen. Angesichts neuer Virus-Mutationen und kaum sinkender Inzidenzzahlen könne aus seiner Sicht allein mit der Impfung ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung verhindert werden. Jetzt sei die "Solidarität der Bevölkerung gefordert".

Sobald Impfstoffe im Kampf gegen die Pandemie zugelassen sind, die auch in einem herkömmlichen Kühlschrank aufbewahrt werden können, fordern die Christdemokraten als zweiten Schritt eine Ausweitung der Impfstandorte über die Kreisimpfzentren hinaus. Dann sollen auch niedergelassene Ärzte, DRK, Reha-Einrichtungen oder Rettungssanitäter Impfstoff verabreichen dürfen.

Wichtig wäre Bernhard Plappert in diesem Zusammenhang, dass alten Menschen, die sich impfen lassen wollen, jetzt hilfreich zur Seite gestanden wird: "Anmeldung mit Handy, Computer-E-Mail das man verifizieren muss – das kann keine Oma mit 80 hinkriegen. Man kann die alten Menschen in diesem Prozess nicht alleine lassen." Hier sei auch Nachbarschaftshilfe gefragt.

Jetzt gelte es, alle Menschen, die sich impfen lassen wollen, auch zur Impfung zu bringen, konstatiert Plappert, während Kollege Zoufaly gegen die "Nörgler und Zweifler" wettert, die eine schräge Debatte anführten: "Es gibt auch noch Idioten, die sich gegen die Masern-Impfung aussprechen."

Aber in einem Punkt gibt es auch fraktionsintern keinen Konsens: in der Frage, ob Geimpfte, wie es Außenminister Heiko Maas (SPD) jüngst vorschlug, privilegiert werden sollen. "Ganz problematisch", findet das Bernhard Plappert, während Kollege Zoufaly dem Maas’schen Gedanken durchaus etwas abgewinnen kann: "Warum sollte man nicht einen Bonus bekommen?" Worauf Jürgen Großmann, zur Fraktionsdisziplin mahnend, die kurze kontroverse Debatte unter Parteikollegen in klassischer Basta-Manier für beendet erklärt: "Wir orientieren uns nicht an Herrn Maas."