Anna-Lena, Tizian und Olivia haben, so wie ihre Kollegen von der verfassungsgebenden Versammlung, ein gutes Stück politische Aufklärungsarbeit hinter sich: Sie halfen mit, das Otto-Hahn-Gymnasium n den Staat "Chaponesien" zu verwandeln. Foto: Staiger Foto: Schwarzwälder-Bote

Oberstufenschüler spielen "Verfassungsväter" und begeistern selbst die Jüngsten, "Chaponesien" zu gründen

Von Babette Staiger Nagold. Statt im Gemeinschaftskundeunterricht über den staubtrockenen Texten des Grundgesetzes zu brüten, meldeten sich einige Schüler der Kursstufe 1 (ehemals 11. Klasse) freiwillig zum Projekt "Schule als Staat". Ihre Mission: Das Otto-Hahn-Gymnasium in einen Rechtsstaat mit parlamentarischer Demokratie und freier Marktwirtschaft zu verwandeln.

Nächste Woche, vom 18. bis 21. Juli, erlebt "Chaponesien" seinen ersten "Staatsempfang" und öffnet sich an allen Tagen auch "ausländischen" Bürgern zu Tagen der offenen Tür. Zwar kommt nicht Angela Merkel, um die feierliche Parade vor dem "Polizeikorps" abzunehmen und dem Schulorchster zu lauschen, wenn es die Hymne Chaponesiens spielt. Doch auch die regionale Politprominenz macht "Staat": Hans-Joachim Fuchtel (MdB), Thomas Blenke (MdL), der Oberbürgermeister Nagolds, Jürgen Großmann und auch eine Vertretung des Kultusministeriums wollen sich ansehen, ob die Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums in Sachen Staatskunde ihre Hausaufgaben gemacht haben.

Und die Besucher werden sicher nicht enttäuscht. Eineinhalb Jahre akribische Vorbereitung neben der Unterrichtszeit liegen hinter einem achtköpfigen Team, zu dem auch Tizian Wenzel, Anna-Lena Hamann und Olivia Binder gehören.

"Wir haben alles vom Volk wählen lassen", erklärt Anna-Lena. Das heißt vom Namen des Staates, über die verfassungsgebende Versammlung, das Parlament bis hin zur Bestellung der zehn Richter folgte alles den Prinzipien der freien, gleichen und geheimen Wahl. Das stellt nicht nur einen enormen organisatorischen Aufwand dar, sonder fordert auch dazu heraus, etwa Unterstufenschülern, die noch keinen Gemeinschaftskundeunterricht haben, über die Grundlagen der Gewaltenteilung, ja sogar über Sinn und Zweck der Demokratie aufzuklären.

Manche der jüngsten Gymnasiasten scheinen allerdings ziemlich aufgeklärte "Citoyens" zu sein. Der Vorschlag, die verfassungsgebende Versammlung "Gesetzeskonzil" zu nennen, kam von einem Sechtsklässler. "Ehrlich gesagt hat uns das einige Stunden Recherche bei Wikipedia gekostet, herauszufinden woher dieser Begriff kommt, und ob er für unseren Staat Sinn macht", gibt Tizian zu.

Dass die direkte Demokratie schwierig durchzuführen ist, lernten die Oberstufenschüler auch. "Wir haben dann entschieden, sie nicht in die Verfassung aufzunehmen, wir hatten schon bei den Wahlen gesehen, dass das für die Schule einen zu hohen organisatorischen Aufwand bedeutet." Manch ein Politikwissenschaftler führt da ähnliche Argumente an.

Aber was bedeutet der Name Chaponesien eigentlich? Er ist angelehnt an die Bezeichnung eines gut gemästeten Hahns – ein Kapaun. Der ziert auch das Wappen des Staates: Blauer Hahn auf rot-weißem Schild. Wenn das nicht identitätsstiftend wirkt.