Die Firmenzentrale von Nicolay befindet sich auf dem Nagolder Wolfsberg. Foto: Nicolay

Finanzinvestor will auch durch weitere Zukäufe eine offensive Wachstumsstrategie umsetzen.

Nagold - Die Nicolay GmbH mit Sitz auf dem Nagolder Wolfsberg, einer der "Hidden Champions" der Region, hat einen neuen Eigentümer: Mit Wirkung zum 1. Januar hat die in Neumünster (Schleswig-Holstein) ansässige GPE Gruppe alle Anteile des Herstellers für elektromedizinisches Zubehör übernommen.

Hintergrund der Transaktion, so die Erläuterung vom kaufmännischen Geschäftsführer und bisherigen Gesellschafter Oliver Muz, ist der aktuell unklare nächste Generationsübergang im Hause Nicolay. Das Unternehmen wurde 1964 als Kunststoffspritzerei gegründet, wandelte sich ab 1972 – nach dem Umzug auf den Nagolder Wolfsberg als eines der ersten ansässigen Unternehmen dort – mehr und mehr zu einem hoch spezialisierten Unternehmen im Bereich der nichtinvasiven Patientenüberwachung.

In seinem Segment Technologie- und Innovationsführer

Nicolay gilt heute in seinem Segment als Technologie- und Innovationsführer und wird aktuell von der zweiten Gründergeneration geführt. Neben Oliver Muz ist auch sein Cousin Christof Muz Geschäftsführer, zuständig für den technischen Bereich. Mit der Übernahme durch die GPE Gruppe wird Christof Muz ergänzend auch als Chief Technical Officer (CTO) die Gesamtverantwortung für den technischen Bereich der neuformierten Gesamtgruppe übernehmen. Die Nicolay-Altgesellschafter hatten von sich aus, wie Christof Muz erklärt, nach einem strategischen Partner gesucht, um sowohl bei der Unternehmensnachfolge als auch bei der Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten "robuster" aufgestellt zu sein.

Nicolay entwickelt und produziert Kabel und Anschlusstechnologien zum Beispiel für EEG und EKG im klinischen Bereich. Die markt- und qualitätsführenden Produkte werden allerdings nicht unter dem eigenen Namen vertrieben, sondern ausschließlich als sogenannte OEM-Ware (englisch: Original Equipment Manufacturer; übersetzt: Originalausrüstungshersteller) über die eigentlichen Hersteller solcher Geräte. Kunden von Nicolay sind dabei Unternehmen wie die in Böblingen ansässige Philipps Medizin-Systeme (früher: Hewlett-Packard; weltweiter Marktführer bei Patientenüberwachungssystemen) oder die Lübecker Dräger AG. Am Standort Nagold, zu dem auch der Kabel-Hersteller "Sensocab" gehört, beschäftigt Nicolay aktuell gut 300 Mitarbeiter, weitere 85 in einem eigenen Zulieferer-Werk in Rumänien.

Bereits heute werden – über die Nicolay-Kunden – gut 40 Prozent der Produkte zum Beispiel in die USA geliefert. Insgesamt seien Nicolai-Produkte auf diese Weise aktuell in vielleicht 30, 40 ausländischen Märkten verfügbar, schätzt Oliver Muz. Was aber auch bedeute, dass gerade auf den internationalen Märkten – speziell in Asien – es noch reichlich Entwicklungspotenzial für das Unternehmen gebe. Auch deshalb sei man auf die Suche nach einem strategischen Investor gegangen, um aus einer gemeinsamen, starken Position heraus eine "offensive Wachstumspolitik" umsetzen zu können.

Zum Hintergrund: Der neue Eigentümer der Nicolay GmbH, die GPE Gruppe mit Standorten auch in Dassow und Seebach, hat ebenfalls erst seit Frühjahr 2019 einen neuen (Haupt-)Eigentümer. Damals hatte die Private Equity-Gesellschaft "Capiton" (Berlin) die Mehrheit an der GPE Gruppe übernommen. Capiton ist eine Fondsgesellschaft, die aktuell über ein Investmentvermögen von rund 1,1 Milliarden Euro verfügt. Derzeit investiert Capiton über den in 2014/2015 aufgelegten Fond "capiton V" in mittelständische Unternehmen überwiegend im deutschsprachigen Raum.

Als Investor verfolgt "Capiton" nach eigener Aussage "aufgrund der bereits guten Marktpositionierung sowie vor dem Hintergrund der verschärften Regulierung für medizintechnische Produkte ab 2020" für seine neuen Portfoliounternehmen GPE Gruppe und Nicolay vor allem ein Ziel: "Weiteres Wachstum – organisch, aber auch durch gezielte Zukäufe im Rahmen einer Buy and Build-Strategie". Bedeutet: Durch gezielte Zukäufe und daraus resultierenden Synergien soll das Wachstum des neu formierten Medizin-Technik-Spezialisten gezielt beschleunigt werden.

Aktuell beschäftigt die GPE Gruppe ihrerseits 370 Mitarbeiter, gemeinsam mit Nicolay beläuft sich das Gesamtumsatzvolumen nach Auskunft von "Capiton" auf 85 Millionen Euro im Jahr – wovon zuletzt 50 Millionen Euro von der GPE Gruppe alleine ausgewiesen wurden.

Über Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart

Die Investorenbasis des Fonds "Capiton V", aus dessen Mitteln das Geld für die Ankäufe der GPE Gruppe und der Nicolay GmbH stammen, besteht "aus einer diversifizierten und ausgewogenen Gruppe führender Investoren einschließlich Dachfonds, Pensionskassen, Banken, Versicherungen, Family Offices, Stiftungen und vermögender Privatpersonen", heißt es auf der Website der Gesellschaft.

Über den Verkaufspreis der Nicolay GmbH haben Verkäufer und Käufer Stillschweigen vereinbart. Auf Käuferseite begleitet wurde diese Transaktion, so die GPE Gruppe in einer Mitteilung, von den Unternehmensberatungen Roland Berger (Commercial), KPMG (Financial), EY (Steuern), CMS (Legal), AvS (Management Audit) sowie Tauw (ESG).