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Ende der Durchfahrt übers Parkhaus Ost. Auch Nutzer anderer Plätze müssen sich auf Neuerungen einstellen.

Nagold - Am 15. Januar wird ein Nagolder Alleinstellungsmerkmal endgültig abgeschafft: Dann gehört die Abkürzung raus aus der Innenstadt, die mitten durch ein Parkhaus verlief, der Vergangenheit an.

Eigentlich war es nur ein Provisorium, als die Herrenberger Straße wegen einer Baustelle stadtauswärts gesperrt war und Insider schnell ein Schlupfloch fanden: Sie fuhren von der Herrenberger Straße ins Parkhaus Ost, besser bekannt als Parkhaus Weihergässle, ein und mit dem gezogenen Ticket auf der anderen Seite Richtung Kreisel einfach wieder raus.

Die erste freie Parkstunde in Nagold machte dieses Schnippchen möglich: Der Parkautomat erkennt schließlich nicht, ob jemand rausfährt, weil er keinen Parkplatz gefunden hat, oder das Parkhaus doch nur als Abkürzungsstrecke nutzt.

"Keine direkte Durchfahrt Richtung Kreisverkehr!"

Doch damit soll jetzt endgültig Schluss sein. Das Team für die Betreuung der Parkanlagen hat jetzt die Neuregelung im Parkhaus Ost plakatiert: "Keine direkte Durchfahrt Richtung Kreisverkehr! Mindestparkzeit 10 Minuten."

Seit die Stadtwerke für ihre Parkierungsanlagen mehr Ordnung und mehr Kontrolle ankündigten (wir berichteten), gingen diese Fehlnutzungen nach Beobachtung von Stephan Müller, der zum Parkierungs-Team der Stadtwerke gehört, zwar deutlich zurück. Aber nicht jeder wollte auf dieses Schlupfloch aus der Stadt gänzlich verzichten.

Das schlug sich auch in der Statistik der Stadtwerke nieder. Während in der Tiefgarage Traube und in der Waldachpassage gut jeder zweite Nutzer die erste freie Parkstunde in Anspruch nimmt, sind es im Parkhaus Ost vermeintliche 67 Prozent. Das zeigt laut Bürgermeister Hagen Breitling, wie "verfälscht" diese Zahlen sind: "Die ganzen Durchfahrten laufen auf das Konto der ersten Stunde."

Hoher Ticketverbrauch war die Folge

Auch die Umwelt würde eine Neuregelung danken: Laut Stephan Müller hat das Parkhaus Innenstadt Ost den gleichen Ticketverbrauch wie die Waldachpassage, obwohl die letztere mehr als dreimal so viele Parkplätze hat. Das treibt auch die Kosten für die Wartungsarbeiten in die Höhe: "Den Parkautomat im Weihergässle müssen wir dreimal in der Woche reinigen."

Auch fiskalisch schlägt diese Abkürzung durchs Parkhaus bei den Stadtwerken ins Kontor, weil deswegen eine Vorsteuerkürzung fällig wird. Das reißt ein Loch von mehreren Tausend Euro in die Stadtwerkekasse und erhöht zusätzlich den Abmangel aus den fünf städtischen Parkanlagen.

470.000 Euro nehmen die Stadtwerke jährlich an Parkgebühren ein. Müssten die Nutzer die erste Parkstunde genauso vergüten wie den Rest ihrer Parkzeit, wären es 638 000 Euro mehr. Und damit täten sich die Stadtwerke auch leichter, den Schuldendienst für die Investitionen in den kommenden Jahren zu stemmen. Auf 8,6 Millionen Euro beziffern sich die Kosten für den Umbau der Tiefgarage Innenstadt Nord und den Ausbau des Parkhauses Innenstadt Ost. Beide Maßnahmen sollen bis im Jahr 2022 abgeschlossen sein.

"Ich will da keine Klagen hören

Und auch wenn man in der Stadt diesen 638.000 Euro Mindereinnahmen aufgrund der freien ersten Parkstunde etwas nachtrauert, will Finanzbürgermeister Breitling an diesem "Geschenk" für Nagolds Besucher nicht rütteln: "Wir sind im Vergleich zu anderen Städten unserer Größenordnung gut aufgestellt – da will ich keine Klagen hören."

Breitling will gleichwohl einen neuerlichen Anlauf nehmen, um den Nagolder Handel bei der Vergütung der ersten Parkstunde wieder stärker mit ins Boot zu holen. Das Vergütungsticket, das die Einzelhändler einst mit der Einführung der freien ersten Parkstunde an ihre Kunden weitergaben, wird laut Breitling "nur noch vom Edeka" als Kundenservice so gepflegt.

Neuer Anlauf mit dem Werbering

Deswegen will der Bürgermeister sich mit dem Werbering zusammensetzen und den Händlern ein neues Vergütungssystem schmackhaft machen. Knapp 600 Euro würde ein neues Gerät kosten, das mit dem Stadtwerke-System kompatibel wäre. Damit könnte jeder Einzelhändler mit dem Aufdruck eines Barcodes auf das Parkticket die Rabattierung per Tastendruck frei wählen – also ob er dem Kunden die Parkzeit teilweise oder sogar ganz vergütet.

Die ersten fünf Händler, die sich für die Anschaffung eines solchen Geräts entscheiden, will Breitling über die städtische Wirtschaftsförderung finanziell belohnen.

Das geplante neue Parkleitsystem soll schon im Herbst in Einsatz gehen. Von den 370.000 Euro an Investitionskosten werden mehr als die Hälfte über staatliche Zuschüsse finanziert. Der Förderbescheid über 200.000 Euro flatterte dieser Tage ins Rathaus.

Seite 2: Info

Die Nagolder Stadtwerke wollen in ihren fünf Parkierungsanlagen Tiefgarage Traube, Tiefgarage Innenstadt Nord, Parkierungsanlage Innenstadt Ost, Parkhaus Waldachpassage und auf dem Parkplatz Stadtpark künftig mehr auf die Einhaltung der Hausordnung pochen, die erst vor wenigen Monaten in Kraft trat. Wer zum Beispiel mit einem Anhänger oder mit einem Fahrzeug ohne Kennzeichen in diese Parkierungsanlage fährt, muss eine Vertragsstrafe von zehn Euro bezahlen. Die gleiche Summe wird fällig, wenn man außerhalb der Bodenmarkierungen parkt.

35 Euro Strafe muss bezahlen:

wer sein Fahrzeug auf  einen Behindertenparkplatz stellt

 bei Lärmbehinderungen der Anlieger

 bei Beschädigungen der Einrichtungen

 bei Rauchen und offenem Feuer

 bei übermäßigem Gas geben oder laufendem Motor auch im Falle eines Staus.

Besonders teuer wird es für fliegende Händler, die ihre Visitenkarte à la "Wir kaufen ihr Auto" in den Parkhäusern verteilen. Weil die meisten Autofahrer dieses Papierchen gleich vor Ort "entsorgen", muss oft die Kehrmaschine anrücken, weil die Karten förmlich auf dem Boden kleben.

In solchen Fällen brummen die Stadtwerke diesen fliegenden Händlern bis zu 300 Euro Strafe auf.