Aufwändige Sanierung läuft. Manche "Schätze" unter alter Bausubstanz entdeckt.
Nagold - Pendler, die mit der Kulturbahn Nagold erreichen oder verlassen, spekulieren schon länger: Was nur wird aus dem alten Bahnhof der Stadt, immerhin optisch eines der prägenden Gebäude der Stadt? Jetzt lüften die Investoren, Heike und Reinhold Fleckenstein, das Geheimnis.
Denn bereits seit letztem September ist eine Baustelle rund um das historische Gebäude abgesperrt, weite Teile des Baus sind zudem eingerüstet, überall sind Handwerker mit ihren Arbeiten beschäftigt. "Die kommen allesamt aus der Region", erläutert Investor Reinhold Fleckenstein. Wobei manche der Bauleute schon ganz besondere Fähigkeiten mitbringen müssen, "gerade bei den Natursteinmetz- und Zimmerer-Arbeiten". Denn Nagolds Bahnhof steht unter Denkmalschutz.
Und das ist immer – vornehm ausgedrückt – eine Herausforderung. Für Architekt Roman Benz (der die Aufgabe gemeinsam mit Ehefrau Julia Benz stemmt) auch eine Premiere, da es sein erstes historisches Bauobjekt ist, das er "in die Moderne" führen darf. "Die alte Bauweise hat schon so ihre Tücken", erzählt Benz beim Rundgang über die Baustelle. Historische Baupläne gebe es so gut wie keine, jede Wand, jede Decke, die man "öffnet", kann ungeahnte Überraschungen bergen. Weshalb er und das Investoren-Paar noch Architekt Horst Walz als Berater dazu geholt haben. Zwar ist Walz selbst längst im (Un-)Ruhestand, wie dieser selbst erläutert. Aber als ehemaliger Bau-Sanierer des Nagolder Rathauses und der Alten Seminarturnhalle hat er viel Erfahrung in der Stadt beim Umgang mit den "alten architektonischen Schätzchen".
Echte kleine Sensationen kommen zutage
Und diese Erfahrung mit den Unwägbarkeiten historischer Bausubstanz wird auch gebraucht bei der Bahnhof-Sanierung. Allein in einem Bereich habe man zum Beispiel "fünf bis sechs verschiedene Bodenbeläge" übereinander gefunden. Hat man hier in der Vergangenheit irgendetwas renovieren oder erneuern wollen, so scheint es, "hat man einfach eine Lage drauf gesetzt". Die nun, im Rahmen der umfassenden Sanierung, alle wieder sachgerecht entfernt werden müssten, um an den ursprünglichen Zustand des aus dem 1870er-Jahren stammenden Prachtbaus zu gelangen.
Doch gebe es auch so "manche Sternstunden und Glücksmomente" für Bauträger und Architekten, etwa wenn unter dicken Beton oder Spanplatten "echte kleine Sensationen" zu Tage kommen: eine schmucke gusseiserne Stütze im ehemaligen Wartesaal etwa – die man nun wieder in ihre ursprüngliche Schönheit zurückversetzen möchte. Oder eine aufwändige, massive historische Holzvertäfelung, die eben unter einer Verkleidung aus billigen Spanplatten hervor kam. Unter einer anderen Wand gar habe er, so Roman Benz, eine uralte Zeitung aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts entdeckt. "Da bekommt man wirklich schon Herzklopfen."
Jeder Schritt der Sanierung findet in enger Abstimmung mit dem Amt für Denkmalschutz statt, aktuell würden etwa die künftige Außen-Farbgestaltung sowie die Ausführung der neuen Fenster (mit oder ohne Sprossen) diskutiert. Für einen Bauherren eigentlich ein echter Graus, weil eine echte vorausschauende Planung der Investition so nicht möglich ist. "Das ist eher wie eine tägliche Wundertüte", schmunzelt Reinhold Fleckenstein mit ungebrochenem Enthusiasmus. Der unterstreicht, dass seine Frau und er sich "mit viel Energie und Heimatliebe" diesem besonderen Projekt angenommen hätten. Die Idee dazu? "Die kam vom Oberbürgermeister, der uns darauf angesprochen und aufmerksam gemacht hatte."
Schon länger hätte sie nach einem neuen, eigenen Domizil für ihre Stiftung, die "Heike und Reinhold Fleckenstein-Stiftung", Ausschau gehalten. "Die Aufgaben und Engagements der Stiftung wachsen, damit auch der Bedarf nach größeren Büroflächen." Künftig werde die Stiftung daher ins neu gestaltete Dachgeschoss des historischen Nagolder Bahnhofs einziehen. Das eigentliche Obergeschoss darunter wird für zwei weitere, separate Büro-Einheiten hergerichtet – auf modernstem Stand der Technik; wovon eine bereits vermietet werden konnte, eine weitere sei noch zu haben.
Highlight und künftiger Anziehungspunkt des künftigen neuen alten Nagolder Bahnhofs aber wird im Erdgeschoss ein neu zu schaffender Gastronomie-Bereich sein. Hier werde ein Steakhaus einziehen, das sei bereits fix. Pächter werde Tommi Strohäcker werden, bekannt von "Tommis Bistro" aus Unterjettingen. Der plane im alten Gastraum mit seiner imposanten, vier Meter hohen Decke und dem später "einmaligen historischen Ambiente" eine echte "Erlebnis-Gastronomie" – ergänzt noch um eine (neu zu gestaltende) großzügige Außenterrasse, die sich im vorderen Bereich des alten Bahnhofs mit Blick über die Stadt befinden werde.
Läuft alles weiter hin "so glatt wie bisher", soll die gesamte Sanierung bis Herbst/Winter 2019 abgeschlossen sein.