Stefanie Höfner begleitete Reiner Hiby. Beide sind Lehrer der städtischen Musikschule Nagold. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Liederabend der Urschelstiftung mit Reiner Hiby und Stefanie Höfner

Nagold. Zum dritten Mal richtete die Nagolder Urschelstiftung ihren Benefiz-Kulturabend aus, und zum dritten Mal durften die Organisatoren einen Erfolg von großer Tragweite verzeichnen.

Die im Landkreis Calw älteste Bürgerstiftung setzt vorrangig auf Stärkung des Gemeinwesens und Aktivitäten in den Bereichen Bildung, Jugendarbeit, Integration, Altenhilfe, Kultur und Umweltschutz. "Da, wo die Stadt nicht mehr oder noch nicht helfen kann, sollen sich Bürger mit Zeit, Ideen und Geld einbringen", so der Vorstand Ulrich Mansfeld.

Das neueste Großprojekt heißt "Bürgerzentrum". Zusammen mit der Stadt Nagold nimmt Urschelstiftung die Errichtung einer Begegnungsstätte als Anlaufplattform für alle Bevölkerungsschichten in Angriff. Darüber hinaus verfolgt sie ein weiteres uneigennütziges Ziel: die Sicherung der Finanzierung durch Spendengelder, mitunter auch aus eigenen Benefiz-Events, die jeden zweiten Herbst in den Räumen des Polstershops stattfinden.

Literarisch-musikalischer Hausabend

Für den jüngsten "literarisch-musikalischen Hausabend" stellte die Hausherrin und Stiftungsrat-Vorsitzende Gerda Rudolf wieder ihr komfortables Wohnlandschaft-Ambiente mitsamt kleinen Häppchen und Getränke zur Verfügung. In gemütlicher Atmosphäre lauschten die Zuhörer der Musik. In der Pause bot die leibhaftige Urschel, alias Anja Lohr, der Abendgesellschaft Taler-Kekse an.

Das Thema des Abends "Eduard Mörike in Bild und Ton" erläuterte literarisch und historisch der Historiker und Stiftungsratsmitglied Eckhart Kern. In den Augen der Nachwelt ein romantischer, "ewig leidender und zaudernder Dichter", dazu noch "Auflagenwinzling", hinterließ Eduard Mörike eigenartige und fast unübersetzbare poetische Spuren. Es war ihm bewusst, dass seine melodiöse Lyrik vereinsamt wirkt. In dem verzweifelten Seufzer "Verstünde ich nur, Noten zu schreiben" tönt auch nach fast 200 Jahren Ratlosigkeit und tiefe Sehnsucht nach dem unbegrenzten, fessellosen Ausdrucksweg. Durch Musik.

Diesem Verlangen leisteten viele Komponisten Folge, und vor allem Robert Schumann, Johannes Brahms und Hugo Wolf verstanden es, mehrere Verse Mörikes in Perlen der Liedkunst zu verwandeln. Die Entstehungsgeschichte und Musikmerkmale der vertonten Miniaturen, um lediglich "An eine Äolsharfe" (Brahms), "Das verlassene Mägdelein" (Schumann) oder "Lied eines Verliebten" (Wolf) zu erwähnen, betrachtete aus fachlicher Perspektive Nagolds Stadtmusikdirektor Florian Hummel.

In dem Fokus der Veranstaltung standen die Lied-Interpreten Reiner Hiby (Bariton) mit Stefanie Höfner am Flügel, beide Dozenten an der Nagolder Musikschule. In nahezu andächtiger Stille genossen die Besucher Wärme, Farbreichtum, Vitalität und Resonanzstärke von Hibys Solostimme, die sich bereits auf den Opernbühnen und in großen kirchlichen Werken, aber auch in der Jazzmusik bewährte.

Seine ebenbürtige Begleiterin Höfner zeigte sich als eine einfühlsame, kreative und doch souveräne Mitgestalterin. Mit variabler Artikulation und dezenter Dynamik illustrierte sie Bilder und die Gefühlswelt der vertonten Poesie.

Es scheint, als möchte die Urschelstiftung eine bewährte, fast vergessene gesellschaftliche Ebene, einen Modus Vivendi mit Signalwirkung aufleben lassen: den Kultursalon. Denn auch ohne Frack und Krinoline kann man sich von den Musen verführen lassen und dabei Gutes tun.