Hier am Bahnhof Stadtmitte trug sich der Fall, bei dem zwei Damen bespuckt und gestoßen wurden, zu. Die Tat wurde im Netz sofort Ausländern in die Schuhe geschoben. Foto: Bernklau

Fall mit zwei älteren Damen zeigt, wie schnell im Netz Flüchtlinge zu Tätern gemacht werden.

Nagold - Zwei ältere Damen werden in Nagold am helllichten Tag von einem Mann gestoßen und bespuckt – ein Paradefall dafür, wie schnell mittlerweile Vorurteile und Ressentiments geweckt werden. Ohne genaue Kenntnisse von dem Vorfall zu haben, wird die Tat im Netz Ausländern in die Schuhe geschoben. Dabei verhält sich dieser Fall genau anders herum.

"So wollten es doch auch 87 Prozent der Wähler bei der letzten Bundestagswahl", kommentiert eine Userin auf unserer Homepage die Nachricht von dem Rüpel, der ausgerechnet am Tag vor Heiligabend die beiden älteren Damen beim Bahnhof Stadtmitte nicht nur beleidigte, sondern auch bespuckte und eine von ihnen auf den Boden stieß. Die unverkennbare Botschaft der Autorin: Die 13 Prozent AfD-Wähler wollten genau solche Auswüchse verhindert wissen.

"Was ist aus Deutschland geworden?", pflichtet ein anderer User bei: "Müssen wir so leben, dass man sich zur Außenwelt so abriegelt? Glaube nicht, wenn wir Deutsche zusammen halten!"

Ein kritischer Leser spricht vorsichtig von Gerüchten, die doch erst verifiziert werden sollten. Aber für den anderen User ist klar, wer die beiden Damen so unflätig behandelte und auf den Boden schubste. Er beruft sich dabei auf "Insider": "dunkelhäutig" sei er gewesen und "mit arabischem Aussehen".

Und er legt noch nach: "Heute wird bespuckt und aggressiv geschubst, morgen wird das Messer gezogen und zugestochen!"

Die Fake-News sind im Umlauf – und schon überschlagen sich die Kommentare im Netz. Von dem Nagolder Rüpel-Fall an den beiden Damen wird ohne Umschweife der Bogen geschlagen zu Vergewaltigungen junger Frauen in Darmstadt oder München, die Flüchtlingen angekreidet werden: "Aber die Zeitungen sind deutschlandweit lieber voll davon, dass ein alter Besoffener über Juden hetzt", legt der User nach.

Unsere Zeitung hat nachgefragt. Und die Polizei gab bereitwillig Auskunft. Nach den Beschreibungen der beiden Damen war der Täter kein Ausländer, sondern ein Deutscher.

Er ist schlank, ungefähr 1,75 Meter groß und trägt einen schwarzen Vollbart. Bei der Tat am Samstag gegen 11.15 Uhr trug er eine blaue Jeans, auffallend aufgerissen an beiden Knien, eine schwarze Jacke und eine schwarze Baseballmütze, schwarze Schuhe mit weißem Sohlenrand und eine schwarze Umhängetasche.

Die Helfer sind beides Ausländer

Die Männer, die den beiden Damen zu Hilfe eilten und den Täter in die Flucht Richtung Wolfsbergstraße trieben, waren nach den Aussagen der Frauen – beides Ausländer.

Als die älteren Damen eine dreiviertel Stunde nach der Tat bei der Polizei in Nagold vorstellig wurden, war der Täter bereits über alle Berge. Er wird nun wegen versuchter Körperverletzung gesucht.