Auch in der Effringer Kirche brennen Kerzen als "Lichter der Hoffnung" in dieser Zeit der körperlichen Trennung.Foto: Sinner Foto: Schwarzwälder Bote

Kirchenaktion: "Licht der Hoffnung" erinnert an die Gemeinschaft / Abendlicher Glockenklang im Oberen Nagoldtal

Gemeinschaft und Hoffnung, das wollen die Kirchengemeinden im Oberen Nagoldtal auch während der Krisenzeit vermitteln. Dafür haben viele ihren eigenen Weg gefunden.

Nagold. Eine Aktion ist das "Licht der Hoffnung". Auf wen sie zurückgeht, dazu gibt es verschiedene Spuren. Das Prinzip scheint jedoch überall dasselbe: Jeden Abend läuten die Glocken, es wird eine Kerze aufgestellt und gebetet, wer möchte, tut es der Kirche gleich. Bei den Gotteshäusern im Oberen Nagoldtal, die sich daran beteiligen, läuten zu unterschiedlichen Zeiten die abendlichen Glocken.

"Ich wohne in Altensteig und es ist für mich jeden Abend ein unglaublich emotionales Erlebnis, wenn um Punkt 21 Uhr machtvoller, vielstimmiger Glockenklang das Tal erfüllt und in vielen Fenstern eine Kerze leuchtet, als Spiegelbild meiner eigenen", gibt Dekan Holger Winterholer von der Seelsorgeeinheit Oberes Nagoldtal wieder, was an ihn herangetragen wurde. Für die berichtende Person ergibt sich aus den Lichtpunkten ein Netz: "Wir sind da und wir denken an euch." Ihr gehe dabei "einfach das Herz auf" und es beschere ihr mitten im Ausnahmezustand ein "gutes Gefühl".

In allen katholischen Kirchen liegen Kerzen und Flyer zum Mitnehmen aus, berichtet Winterholer. Das würde so gut nachgefragt, dass man ständig nachfüllen müsse. Die Idee dahinter, so der Dekan: sich in dieser Zeit zu solidarisieren, nicht nur um die eigene Not zu wissen, sondern an Gemeinschaft zu erinnern und an alle zu denken, die jetzt Hoffnung brauchen. Dazu kommt der Dank an alle, die sich aktuell einsetzen, die Helfer in der Krise.

"Getrennt verbunden" als Gedanke der Aktion

In Wildberg leuchtet das "Licht der Hoffnung" ebenfalls – in Kirchen und Häusern – und auch die Glocken erklingen. "Getrennt verbunden", beschreibt Pfarrerin Lisbeth Sinner (Effringen und Schönbronn) den Gedanken der Aktion. In Sulz erklingt neben den Glocken auch immer wieder Musik von Balkonen. Oft locke das ein paar Zuhörer an, erzählt Pfarrer Hartmut Heugel. Das erste Lied ist immer "Der Mond ist aufgegangen".

In Ebhausen läuten allabendlich die Glocken zum Gebet in Krisenzeiten, berichtet Pfarrerin Magdalene Schüsselin. Auf der Homepage der Kirchengemeinde findet sich ein Gebetsvorschlag. Beim Abendspaziergang habe sie durchaus brennende Kerzen gesehen.

Die evangelische Kirchengemeinde Altensteig lässt ebenfalls jeden Abend die Glocken zum Gebet läuten. Gebete werden in der Stadt verteilt. "Es nehmen auch viele daran teil", erzählt Pfarrer Klaus-Peter Lüdke. Manche Posaunisten spielen zu dieser Zeit die Choräle. "Das ist sehr schön", so Lüdke. Online finden sich täglich Andachten, die auf Wunsch auch nach Hause gebracht werden.

Für Nagolder gibt es jeden Tag eine Videoandacht aus dem Besprechungszimmer des Dekanats, wie Ralf Albrecht berichtet. In den Kirchen liegen Tagesandachten und "Give Aways" aus. Abends läuten die Glocken zum gemeinsamen Gebet und es klingt "Der Mond ist aufgegangen" durch die Gärten. Morgens schallt Musik vom Turm der Stadtkirche.

Die Kirchengemeinde Emmingen/Pfrondorf stellt online eine Reihe von Materialien zur Verfügung. Sonntags laden die Kirchenglocken zu einer "häuslichen Stunde der Besinnung" ein. In der digitalen "Emmi-Pfroni-Runde" über WhatsApp kann sich ausgetauscht werden. Abends läuten die Glocken zum Abendlied.

Auch Hochdorf, Schietingen, Vollmaringen und Gündringen greifen auf digitale Angebote zurück. Mittwochs findet die Aktion "Bibelteilen online" statt, jeden Sonntag wird ein Videogottesdienst übertragen. Die Predigten gibt es online und gedruckt. Auch hier läuten jeden Abend die Glocken zum Abendlied.

"Die Feedbacks aus der Gemeinde sind durchgehend positiv", freut sich Dekan Albrecht. Einer bringe es auf den Punkt: "In den Zeiten, in denen wir so viel Abstand halten müssen, kann es eigentlich nicht genug Signale der Kirche geben, dass Gott nahe ist. Und wir alle zusammenhalten."

Krisenthemen im Gebet mit aufgenommen

Rohrdorf und Mindersbach denken an die Herausforderungen in der Krisenzeit, erklärt der zuständige Pfarrer Markus Eißler, wenn zur ortsüblichen Abendzeit wie immer die Gebetsglocke erklingt. In Simmersfeld wird das ähnlich gehandhabt: Die Gebetsglocken läuten ohnehin jeden Abend, erklärt Pfarrer Alexander Schweizer. In diese Gebete hat man dort die Krisenthemen mit aufgenommen.

In der Kirchengemeinde Haiterbach-Talheim läutet abends die Betglocke, entsprechend der Empfehlung der Landeskirche, erzählt Pfarrer Albrecht Bahret. Ein Vorschlag für eine Abendandacht findet sich online und im Amtsblatt. In Ober- und Unterschwandorf erklingt jeden Abend die musikalische Aktion "Der Mond ist aufgegangen". In verschiedenen Haushalten wird aus dem Fenster oder vom Balkon gesungen oder mit Instrumenten musiziert. Jeden Abend gibt es eine neue Gebetsandacht von Pfarrerin Christa Albrecht, die online abrufbar ist und ausgedruckt in die Häuser gebracht wird.