Eberhard Schulz und Beate Schächinger im Nagolder Revier. Foto: Fritsch

Auf Streife mit Beate Schächinger und Erhard Schulz. Die beiden sind mittendrin und doch nicht dabei.

Nagold - Es ist kurz vor Mitternacht. Eine blonde Rockröhre lässt auf der Bühne des Nagolder Vorstadtplatzes stimmgewaltig 99 Luftballons steigen. Ein Mann und eine Frau wippen im Takt mit ihrem rechten Fuß. Die beiden sind mittendrin und doch nicht dabei. Sie tragen Uniform.

Denn nach wenigen Takten schnellt der linke Arm von Erhard Schulz nach oben und zeigt in Richtung Busbahnhof. Dort ist das nächste Ziel auf der nächtlichen Streife des Hauptkommissars und seiner Kollegin Beate Schächinger. Auf dem Weg dorthin schauen die Polizisten noch einmal vor die Bühne. Doch es ist keine Sehnsucht die aus ihren Augen spricht, vielmehr soll ihnen kein betrunkener Jugendlicher entgehen. Doch ist nichts, und sie gehen zügig weiter.

Der 51-Jährige Schulz ist seiner acht Jahre jüngere Kollegin dabei fast immer einen Schritt voraus. Dieser Abstand drückt vielleicht ein Stück weit den Respekt der Polizeifreiwilligen vor dem ranghöheren Kollegen, der 14 Jahre lang den Polizeiposten in Wildberg leitete, aus. Vor allem ist er aber wohl dem Umstand geschuldet, dass Schächinger für die gleiche Strecke immer einen Schritt mehr machen muss als ihr zwei Köpfe größerer Kollege.

"Au da muss ich gucken, ob der noch heimkommt", ruft Schulz am Busbahnhof plötzlich. Der Grund: Der stellvertretende Leiter des Polizeireviers Nagold hat an einem Laternenmast einen stark alkoholisierten Mann erspäht. Bevor er sich ihm widmet, erklärt der 51-Jährige ganz Freund und Helfer aber noch einem auswärtigen Autofahrer den Weg aus der Innenstadt. Die Unterredung mit den Betrunkenen ist, nachdem er ihm versichert hat gleich mit dem Taxi heimfahren zu wollen, schnell beendet. "Der hatte aber ganz schön Schlagseite", sagt der Hauptkommissar lachend. Ohnehin sind die großen weißen Zähne von Schulz oft zu sehen. Denn der Polizist begegnet den Leuten fast immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Zudem nimmt sich der freundliche Hauptkommissar zwischendurch die Zeit, sich mit der Security und den Festwirten zu unterhalten. "Wie läuft das Geschäft", fragt Polizist Schulz häufig. Die Antwort eines Gastronoms fällt da eindeutig aus: "Scheiße!" "Ist eben Polizeiwetter", entgegnet Schulz fast entschuldigend und Beate Schächinger ergänzt noch: "Das haben wir aber nicht bestellt."

Das Wetter spielt der Polizei an diesem Tag wirklich in die Karten. Denn zurück auf dem Polizeirevier muss Schulz nur einen Eintrag über eine eingetretene Türfensterscheibe in der Turmstraße in das Tätigkeitsbuch im Computer eintragen. Im Revier ist dabei nicht viel mehr zu hören als das Klicken der Computermaus und der Ton des TV-Geräts im Nebenraum, wo ARD läuft. Das Gähnen von Schächinger verhallt dagegen lautlos im Raum.

Es ist inzwischen kurz vor 1 Uhr und Schächinger fragt, ob sie "bevor ich die Zeit totschlag" nach Hause gehen könne. Die Polizeifreiwillige, die zu dieser Tätigkeit durch Schulz kam ("er hat mich zum Vorbereitungskurs hingeschleppt"), fügt noch an: "Außer du gehst nochmal raus." Kurze Zeit später sind die beiden nach einem Anruf eines Betrunkenen, den Schulz zur allgemeinen Belustigung der Kollegen noch einmal lachend nachspricht, auch schon wieder auf der Straße.

Eine Runde die sich lohnt. "Ist brutal laut, wenn die Türe offen ist", sagt Schulz und mahnt in mehreren Klubs in bestimmtem, aber immer freundlichem Ton an, die Musik etwas leiser zu stellen. Auf dem Rückweg liegt der Geruch von frischgebackenen Brot in der Luft und Schächinger hat bemerkt: "Die Bäcker fangen schon an zu backen."

Für sie selbst ist der Dienst dagegen beendet. "Du kannst dann heim gehen", hat Schulz ein Einsehen mit der müden Kollegin. Er selbst will dagegen noch eine Stunde bleiben. Nachts träumt er dann vielleicht davon, nicht immer nur mittendrin, sondern auch wirklich dabei zu sein. Denn als auf der Vorstadtplatzbühne noch etwas geboten war, hatte er bekannt: "Das würde mir jetzt auch gefallen, da vorne mit ein, zwei Bier oder einem Cocktail in der Hand zu stehen."