Der junge Mann zog nach Tübingen, um die Idee weiter voranzutreiben und sein Verständnis von Nachhaltigkeit zu vertiefen. So entstand schließlich die Idee zu "cycle on". Auf etlichen Radreisen "übte" Erbelding, wie es sich lebt ohne Kühlschrank und mit nur wenigen Kochmöglichkeiten. Er experimentierte mit der kleinen Solaranlage und testete, wie man unter dem Radaufbau am besten trocken bleibt. Die letzten zwei Monate vor dem Beginn seiner Reise habe er noch intensiv an dem Aufbau für das Wohnrad gebaut. Und – um das nötige Kleingeld sowie die Wadenmuskeln für die Fahrt zusammen zu bekommen – als Fahrradkurier gearbeitet.
Ende Juli startete der 28-Jährige die Reise. "Das Ziel ist zu zeigen, das andere Fahrzeug-, Energie- und Gemeinschafts-Konzepte heute schon funktionieren", führt er aus. Beispielsweise Foodsharing-Projekte, öffentliche Bücherregale oder neue Mobilitäts-Ansätze. Bei diesen Projekten schaut der Radler vorbei, tauscht sich mit den Initiatoren aus und lernt selbst daraus. "Ich möchte dabei nicht auf ewig die offensichtlichen Probleme ansprechen, sondern die noch unfertigen Lösungsmöglichkeiten und offenen Ansätze für eine nachhaltige Zukunft zusammenfassen", betont er.
Besonders beeindruckt hat Erbelding bisher das Projekt "Freie Lastenräder" in Stuttgart. Auch wenn er sich nicht so recht festlegen mag. "Die Möglichkeiten, die sich mit dem für jeden frei zugänglichen Fuhrpark ergeben, faszinieren mich genauso wie das Netzwerk von Foodsharing in Heidelberg." Heimweh kommt bei all den Aktivitäten keines auf. "Ich war schon auf anderen Kontinenten, weiter weg und länger unterwegs. Jetzt bin ich ›nur‹ im Ländle unterwegs und kann diese Heimat auf meinem Wohnrad neu entdecken", schwärmt der Nagolder. Für seine Mutter, Anne Erbelding, trotzdem nicht immer leicht. "Als Mutter hat man immer Sorgen", gibt sie zu. Zumal sie ihren Sohn kaum sieht, sondern nur telefonisch Kontakt zu ihm hält. Natürlich ist sie aber stolz auf ihren umweltbewussten Sohnemann. "Er will die Welt verändern", lächelt sie. "Er sagt, wenn keiner damit anfängt, dann macht es nie jemand."
Wie lange die Reise noch geht, sei vom Wetter abhängig, meint Erbelding – vielleicht noch zwei Monate. "Dann möchte ich in einem der vielen offenen Gemeinschaftsprojekte überwintern – das ist der grobe Plan." Zudem wolle er über den Winter wieder als Lastenkurier arbeiten. "Langfristig werde ich mit meinem Uniabschluss und der auf der Reise gewonnenen Expertise etwas eigenes aufbauen, in Gemeinschaft und Vernetzung mit vielen der besuchten Initiativen", erläutert er seine Zukunftspläne. "Ich habe konkrete Vorstellungen, möchte mich da aber momentan nicht festlegen. Mensch weiß ja nie, was kommen mag."
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