Agenturchefin Martina Lehmann wirbt für die duale Ausbildung. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Agenturchefin Lehmann rührt die Werbetrommel für Ausbildung / Junge Frauen für MINT-Berufe begeistern

Die einen haben eher ein Luxusproblem, bei den anderen könnte die wirtschaftliche Zukunft bedroht sein: Während junge Menschen bei der Wahl des Ausbildungsplatzes die große Auswahl haben, suchen viele Betriebe weiterhin händeringend Ausbildungsnachwuchs. Die Arbeitsagentur versucht, beiden Gruppen zu helfen.

Nordschwarzwald. Vor vier Jahren hat sich die Lage am Ausbildungsmarkt im Nordschwarzwald gedreht. Standen früher eher viele Bewerber weniger Ausbildungsstellen gegenüber, so hat sich das nun umgekehrt. In diesem Jahr ist es so extrem, dass im Bezirk der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim Ende August zwei unbesetzte Ausbildungsstellen auf einen unversorgten Bewerber kamen: 643 Bewerber auf 1341 offene Stellen. Regional gibt es da allerdings merkliche Unterschiede: Während im Kreis Calw ein unversorgter Bewerber auf 1,39 freie Stellen kam, konnte ein Bewerber im Kreis Freudenstadt rechnerisch noch zwischen vier offenen Stellen wählen.

Aus diesem konkreten Anlass heraus – und weil die Betriebe durch die Ausbildung ihren Arbeitskräftebedarf langfristig sichern könnten – , rührt Martina Lehmann, Chefin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, die Werbetrommel für die duale Ausbildung. "Auch mit einer dualen Ausbildung kann man Karriere machen", macht sie im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten deutlich. Dazu müsse man nicht zwingend studieren. Wie überhaupt sie davon überzeugt ist, dass "nicht jeder mit aller Gewalt studieren" müsse. "Für viele wäre eine Ausbildung die bessere Variante." Nicht nur, dass man auch nach einer Ausbildung immer noch studieren könne: "Mit einer Ausbildung ist man für ein Studium bestens gerüstet."

Auch wenn sie natürlich weiß, dass die Situation am Ausbildungsmarkt in der Region, auch angesichts des demografischen Faktors, eine gute ist, sieht sie noch jede Menge Arbeit für sich und ihre Agentur. Zunächst einmal natürlich die, die Zahl der unversorgten Bewerber und die Zahl der unbesetzten Stellen so weit wie möglich zu senken. Lehmann sieht da sehr gute Chancen, dass das gut gelingen wird.

Eine Herausforderung dabei wird es sein, die kleineren Betriebe, und da besonders das Handwerk zu versorgen, denn Lehmann weiß nur zu gut, dass die großen Betriebe viel größere Chancen haben, Leute zu bekommen. Darüber hinaus seien die Anforderungen an die Auszubildenden im Handwerk in den vergangenen Jahre stark gestiegen.

Um die auch etwas schwächeren Bewerber für diese gestiegenen Anforderungen vorzubereiten und fit zu machen, und so viele Ausbildungsstellen wie möglich besetzt zu bekommen, bietet die Arbeitsagentur einiges an, so etwa so genannte "schulische Hilfen". "Gut 200 junge Menschen in unserem Bezirk nehmen diese Hilfen in Anspruch", informiert Lehmann, die als andere Maßnahme für schwächere Bewerber von der so genannten "assistierten Ausbildung" berichtet, die auch noch sozialpädagogische Betreuung umfasst. Dieses Angebot nehmen gut 50 Jugendliche wahr.

Besonderen Handlungsbedarf sieht die Agenturchefin im Bereich der MINT-Berufe, der Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. "Von diesen Berufen hängt die Zukunft unserer Wirtschaft ab", begründet Martina Lehmann das intensive Engagement ihrer Agentur auf diesem Sektor. Besonders in den Blick genommen hat man im Nordschwarzwald dabei die Mädchen und jungen Frauen.

Für das Berufsfeld zwischen Augenoptiker bis Zerspanungsmechaniker hat man zum Beispiel für Schülerinnen der 8. und 9. Klassen eine "Girlsday-Akademie" auf die Beine gestellt, bei der die Mädchen ein Jahr lang an einem Nachmittag in der Woche in MINT-Berufe hineinschnuppern können. Doch aus Sicht der Agenturchefin können die MINT-Berufe nicht nur mit Inhalten junge Frauen überzeugen. "Dort gibt es einen guten Verdienst und gute Aufstiegschancen", weiß Martina Lehmann.