Melanie Rosen koordiniert die Arbeit des Malteser Kinder- und Jugend-Hospizes Foto: Rentschler

Familien soll Stück Alltag zurückgegeben werden. Neues Büro in Nagold eröffnet.

Nagold - Ohne Haus, ohne Auto, ohne Extras. Und trotzdem funktioniert das Malteser Kinder- und Jugendhospiz, das vor kurzem seine neuen Räumlichkeiten auf dem Eisberg in Nagold bezogen hat.

Wie im Kreis Freudenstadt soll nun auch im Kreis Calw ein ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst eingerichtet werden. Im Herbst beenden rund zehn Ehrenamtliche die Ausbildung zur professionellen Hospizarbeit und werden den Hospizdienst als sogenannte Patinnen und Paten stemmen. Schon jetzt gibt es Familien im Kreis Calw, die die Unterstützung durch die ehrenamtlichen Patinnen und Paten in Erwägung ziehen.

Immer wenn ein Familienmitglied an einer lebensverkürzenden Krankheit leidet, unterstützt der Malteser Kinder- und Jugendhospizdienst die Familie. Dabei spiele es keine Rolle, ob nun ein Elternteil oder Kinder erkrankt seien, berichtet Melanie Rosen, die die Koordination des Hospizes im Kreis Calw leiten wird. "Im Grunde geht es darum, der Familie und insbesondere den Kindern den Alltag zumindest teilweise zurückzugeben", meint sie.

Doch viel öfter als die Kranken betreue man die gesunden Geschwister, die im belastenden Alltag der Familie in den Hintergrund treten. Dabei sind es die ganz einfachen Dinge, die den Kindern fehlen: Spiele im Kinderzimmer, eine kleine Radtour oder die besonders beliebten Ausflüge ins Schwimmbad. Die Patinnen und Paten des Hospizes springen in diesen Fällen ein und entlasten die Familie.

Wer sich mit dem Schicksal dieser Kinder auseinandersetzt, setzt sich jedoch selbst enormen Belastungen aus. Deshalb treffen sich die Patinnen und Paten einmal im Monat und geben sich gegenseitig Halt. "Während der Ausbildung wächst die Gruppe meist schon fest zusammen, sodass man sich gegenseitig auffangen kann", weiß Rosen aus eigener Erfahrung.

Unterschiedlichste Menschen nehmen sich der Ausbildung als Pate an und wollen sich intensiv mit Hospizarbeit auseinandersetzen, erzählt die Koordinatorin. Ob Krankenpfleger oder Pastor – Menschen aus den verschiedensten Berufszweigen absolvieren die Ausbildung bei den Maltesern.

In der Regel kann sich ein Pate nur einer betroffenen Familie annehmen. "Man muss sich darauf einlassen können", meint Rosen. Mental sei es nicht möglich, mehrere Familien gleichzeitig zu betreuen, berichtet sie. Einmal in der Woche besucht der Pate für ein paar Stunden die Familie. In besonders schweren Zeiten sind sogar zwei Paten für eine Familie zuständig, um die Familie intensiv begleiten zu können.

Melanie Rosen sieht jedoch ein Problem: "Man muss sich auch trauen, Hilfe zu holen". Ziel ist es, keine Familie in ihrem Leid allein zu lassen. Doch allzu oft komme es vor, dass Familien bis an ihre Schmerzgrenzen versuchen, mit entsprechenden Situationen allein klarzukommen und erst im letzten Moment auf Hilfe zurückgreifen.

Mit dem Bekanntheitsgrad des Hospizes wächst auch die Nachfrage nach Unterstützung. Jeden Donnerstag Vormittag bietet der Malteser Kinder- und Jugendhospizdienst deshalb eine Sprechstunde im Nagolder Bügerzentrum an. Man hofft, dass das Hospiz dadurch bekannt wird und betroffene Familien schneller unterstützt werden können. Melanie Rosen formuliert das Ziel so: "Jeder soll wissen, dass es das Kinder- und Jugendhospiz gibt und dass sich betroffene Familien hier Hilfe holen können."

Viel Unterstützung in der Bevölkerung

Die Arbeit des Hospizdienstes endet mit der Genesung oder dem Tod des Betroffenen. Im Trauerfall bleibt der Kontakt zum Paten jedoch länger bestehen oder die Zusammenarbeit mit Kindertrauergruppen wird in Angriff genommen. Bei ihrer Arbeit erhält Rosen viel Unterstützung durch die Bevölkerung. Und das sei für sie enorm wichtig, sagt sie. Denn dass ihre Arbeit wertgeschätzt würde, bestärke sie in ihrem Anliegen, mit dem Kinder- und Jugendhospiz im Kreis Calw dem Vorbild Freudenstadt zu folgen.