Renate Zaiser-Woischiski bringt Lernpaten wie Martin Frank (rechts) und Jugendliche wie Murad Yilmaz zusammen. Foto: Wind Foto: Schwarzwälder Bote

Unterstützung: Erfahrene Lernbegleiter wie Martin Frank helfen Jugendlichen im Kreis bei Ausbildungssuche

Martin Frank ist einer von 45 Paten bei der individuellen Lernbegleitung des Kreisjugendrings Calw. Der Nagolder hat bereits 17 Jugendliche betreut und ihnen bei Schulabschluss und Ausbildungssuche geholfen. Sein aktueller Patenschüler ist Murad Yilmaz.

Nagold. Sechs Jahre ist es her, dass sich Murad Yilmaz und Martin Frank zum ersten Mal getroffen haben. Für den damals 14-jährigen Murad war es erst mal ein "komisches Gefühl", sich mit einem Fremden zu treffen, der noch dazu fast 60 Jahre älter war als er selbst. Aber heute sagt er: "Ich bin froh, dass ich Herrn Frank kennengelernt habe.

"Er hat mir viel beigebracht." Mit seiner Hilfe habe er sich zum Positiven verändert. Denn damals stand es nicht gut um Murads schulische Leistungen, seine Motivation und damit um die berufliche Zukunft des Zellerschülers. "Erst durch Herrn Frank habe ich Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit gelernt", erinnert sich der heute 20-Jährige. "Er hat immer zu mir gesagt, ›Lieber zehn Minuten zu früh, als eine Minute zu spät‹".

Aber Frank hat schon immer auch die guten Seiten seines Zöglings gesehen: "Murad ist teamfähig, er hat ein sicheres Auftreten und kommt einfach gut an. In dieser Richtung mussten wir gar nichts tun."

Wichtig sei es aber gewesen, Murads Noten zu verbessern. "Ich bin inzwischen schon so lange aus dem Schulbetrieb raus, dass ich ihm beim Lernen kaum helfen kann", erklärt Frank. Deshalb habe er sich Hilfe über das Projekt "Akku Pro" geholt. Dort bekam Murad Nachhilfe von Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums. Dadurch konnte er seinen Notenschnitt verbessern und wurde bei der Berufsfachschule Wirtschaft angenommen.

"Neben der Schule haben wir für Murad viele Praktika organisiert, weil er noch nicht genau wusste, was er beruflich machen wollte", berichtet Frank. Dabei konnte der Ruheständler seinem Schützling gut unter die Arme greifen. Nach 38 Jahren, die er für die Agentur für Arbeit arbeitete, kennt er sich nämlich mit der Betriebsstruktur im Landkreis gut aus.

Nach Murads Schulabschluss setzte Frank seine Erfahrung auch dafür ein, ihm bei seinen Bewerbungen zu helfen. "Wir haben Vorstellungsgespräche geübt bis zum Abwinken", erinnert er sich. Trotzdem kamen lange Zeit nur Absagen. Aber die beiden sprachen sich immer wieder gegenseitig Mut zu. "Den Spruch ›Wir schaffen das‹ hat Angela Merkel von uns geklaut", sagt Murad und lacht.

"Wir haben uns dann Hilfe bei Edeltraut Beck von der Agentur für Arbeit geholt", so Frank. Über so kam Murad in einen Eingliederungskurs mit verschiedenen Praktika. Und bei einem dieser Praktika, das Murad selbst gefunden hatte, klappte es. Er bekam einen Ausbildungsplatz als Kaufmann für Büromanagement. "Das war ganz alleine Murads Leistung", sagt Frank stolz.

"Es gibt aber schon auch so Tage, an denen man sich fragt, warum man nicht einfach seinen Ruhestand genießt und sich im Biergarten in die Sonne setzt", gibt Frank zu. Das habe er bei jedem seiner Patenschüler erlebt. "Aber am nächsten Tag rauft man sich wieder zusammen und dann sieht alles ganz anders aus."

Die Lernbetreuung bezeichnet Frank als "lebendigen Teil meines Ruhestands". Er fiebere mit den Jugendlichen mit und wolle so einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten. Das größte Dankeschön sei dabei die tiefe Dankbarkeit der Eltern und Schüler sowie ein hohes inneres Glücksgefühl.

Denn über die Jahre haben Murad und Frank auch eine persönliche Beziehung aufgebaut. "Ich kann Herrn Frank auch privat vertrauen und habe riesengroßen Respekt für das, was er für mich tut", sagt der junge Nagolder. So habe er noch nie seinen Geburtstag vergessen und nehme sich immer Zeit für ihn. Zur Feier seines Schulabschlusses waren Frank und Murad gemeinsam im Daimler-Stadion in Stuttgart. Zum Abschluss der Ausbildung soll es da noch mal hingehen, dann zu der Partie Stuttgart gegen Dortmund.

Frank möchte Murad bis zum Ende seiner Ausbildung begleiten. Auch danach wollen die Kontakt halten. Denn wie Murad es ausdrückt: "Für mich ist Herr Frank nicht nur mein Pate, sondern ein sehr guter Freund."

Die individuelle Lernbegleitung gibt es seit 2006. Bis 2010 lief sie als ein Projekt des Landes, dann übernahm der Kreis Calw die Finanzierung. Unter dem Dach des Kreisjugendrings Calw engagieren sich etwa 45 Ehrenamtliche für Schüler ab Klasse 7. "Wir haben eine bunt gemischte Gruppe, die zum Großteil aus Ruheständlern besteht. Sie betreuen jeweils einen Schüler und das etwa ein bis zwei Stunden pro Woche", berichtet Renate Zaiser-Woischiski. Sie organisiert die Patenschaften und betreut die Paten. Zur Zeit gibt es mehr Schüler, die einen Paten suchen, als Ehrenamtliche. "Wer Freude am Umgang mit jungen Menschen hat und seine Erfahrung weitergeben möchte, darf sich deshalb gerne bei mir melden", sagt Zaiser-Woischiski. Sie und Pate Martin Frank laden alle Interessierten für Samstag, 7. Juli, zur Sprechstunde der Freiwilligen Agentur Nagold im Bürgerzentrum ein. Dort beantworten sie von 9 bis 11 Uhr alle Fragen zur individuellen Lernbegleitung. Wer an diesem Tag keine Zeit hat, kann sich auch telefonisch unter 07051/16 03 34 oder per Mail an renate.zaiser-woischiski@kreis-calw.de melden.