Foto: Fritsch

Arbeitsgemeinschaft Natur und Umweltschutz positioniert sich gegen Absetzgelände. Mit Kommentar   

Nagold - Bisher haben sich die Proteste gegen das geplante KSK-Übungsgelände ausschließlich in der direkt betroffenen Gemeinde Haiterbach formiert. Weitet sich der Widerstand jetzt auf Nagold aus?

 

Für Wolfgang Herrling, Naturschutzbund-Vorsitzender (Nabu) in Vollmaringen, ist die Sache klar. "Es wird Widerstand in Nagold geben." Wenn die Bevölkerung erst einmal begreife, wie sehr sie von dem geplanten KSK-Übungsgelände in Haiterbach betroffen sein könnte, werde sie sich zur Wehr setzen.

Und auch Dieter Laquai, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umweltschutz (ANU) in Nagold, sieht die Zeichen auf Sturm: "Nein, nein", sagt er, "einen Kompromiss wird es nicht geben." Zugleich richten sie schwere Vorwürfe an Oberbürgermeister Jürgen Großmann: Der sitze bereits im Hinterzimmer und mauschle – was der OB wiederum entschieden zurückweist.

Kern des Protests der Umweltschützer: Kommt es tatsächlich zu dem Übungsgelände des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) auf dem Gelände des derzeitigen Segelflugplatzes in Haiterbach, wäre es auch in Nagold mit der Ruhe dahin. Die schweren Transportflugzeuge und Hubschrauber, die dann Fallschirmjäger und Material über Haiterbach absetzen, müssten auch Teile Nagolds, darunter etwa das Krankenhaus, in geringer Höhe überfliegen – die Lärmbelastung wäre enorm.

Nicht hinnehmbar wären aber auch die ökologischen Folgen: Neun Biotope, so Laquai, befinden sich auf dem Gelände, unter anderem Rotmilane, Feldlerchen und Schleiereulen würden empfindlich irritiert und bedroht, auch Eidechsenarten wären betroffen. "Die Tiere würden dort vergrämt und vertrieben", so die Befürchtung Laquais. Fazit: Es gibt im Land andere und besser geeignete Standorte.

Und überhaupt, das Gelände beim Dürrenhardter Hof, sei auch als Ausflugs- und Naherholungsgebiet schlichtweg unersetzbar. "Eine fantastische Landschaft, ein riesiges Entwicklungspotential" für die Naherholung, empört sich Herrling. "Ich glaube nicht, dass die Leute in Nagold bereits verstanden haben, wie sehr sie betroffen sind." Und auch dem Versprechen, dass es "nur" an maximal 120 Tagen im Jahr Übungen geben darf, könne man nicht viel Glauben schenken. Schließlich seien auch US-Truppen dabei, "und die USA halten sich nicht so einfach an solche Versprechen", meint Herrling. "Wenn die mehr brauchen, machen die mehr."

Doch so richtig in Fahrt kommt Herrling vor allem, als er auf OB Großmann zu sprechen kommt. Zum Hintergrund: Ein Teil des geplanten KSK-Geländes gehört zu Nagold. Hier müsste die Stadt handeln, so Herrling. "Doch stattdessen wird nach Hinterzimmer-Politik entschieden." Mehr noch: "Es soll das Tafelsilber weggegeben werden."

Das wiederum will Großmann so nicht stehenlassen. "Es wird nichts verkauft und es wird nicht gemauschelt", meint Nagolds OB auf Anfrage. Noch seien die entsprechenden Genehmigungs- und Prüfungsverfahren gar nicht angelaufen. Im Übrigen liege die Entscheidung über das Gelände beim Bund – und nicht bei der Gemeinde. Allerdings macht Großmann auch keinen Hehl daraus, "dass wir das Vorhaben des Bundes positiv begleiten. Wir haben Verständnis dafür, dass das KSK ein Absprunggelände braucht." Man dürfe bei dem Thema nicht nach dem "St. Florian-Prinzip" handeln.

Doch wie soll der Widerstand aussehen, den die Nagolder Umweltschützer auf die Stadt zukommen sehen - Besetzung des Geländes, der Zufahrtsstraßen? Hier schweigen Herrling und Laquai geflissentlich, wollen sich offenbar nicht festlegen. Jürgen Kaupp von der Bürgerinitiative in Haiterbach spricht bereits vom möglichen "zivilen Ungehorsam". Immerhin, im vergangenen September hatte die Bürgerinitiative bereits einen Bürgerentscheid in Haiterbach erzwungen – 61 Prozent der Wähler sprachen sich gegen ein KSK-Gelände aus.

Kommentar: Ein Phänomen

Von Heiko Hoffmann

Diese Stille ist ein Phänomen. Da plant das KSK auch auf Nagolder Markung ein Übungsgelände für Fallschirmspringer, und was hört man dazu aus Nagold? Nichts! Woran das liegen mag, dass in dieser Stadt  sogar keine Proteststimmung aufkommt? Nun, irgendwie ist dieses Schweigen ja eine Nagolder Spezialität. Auch bei  der Klinikdebatte hält sich der Nagolder zurück.

Und während beim Thema  Absetzgelände in Haiterbach die Wogen hochschlagen, wartet Nagold einfach mal ab. Nun positionieren  sich also die Umweltschützer  öffentlich gegen das Projekt. Das ist ihr gutes Recht, in gewisser Weise ja auch ihre Aufgabe. Schade nur, dass sie bereits beim Auftakt ganz tief  in die Polemik-Kiste greifen und Nagolds OB kurzerhand Mauscheleien vorwerfen. Wer so mit der verbalen Keule um sich schlägt, muss sich nicht wundern, wenn er keine Mitstreiter findet.