Klinikkonzept: Das Geld gerät in den Haushaltsberatungen fast zur Nebensache

Trotz des öffentlichen Drucks und der zunehmenden Kritik am Klinikkonzept des Kreises zeigte der Calwer Kreistag in dieser Frage bei den Haushaltsberatungen demonstrative Geschlossenheit. Bei der Höhe der Kreisumlage schieden sich indes die Geister.

Kreis Calw. Eigentlich waren die wichtigsten Eckpunkte des 200-Millionen-Euro-Haushaltes in den Vorberatungen gesetzt. Voran: die Höhe der Kreisumlage, die von den Kommunen an die Kreiskasse überwiesen wird und ein Viertel des Etats deckt. Vor wenigen Wochen war Landrat Helmut Riegger noch optimistisch in die Verhandlungen gegangen und hatte seinen Haushalt mit einem Kreisumlagehebesatz von 27 Prozent eingebracht. Doch der von Bürgermeistern dominierte Verwaltungsausschuss kassierte diesen Vorschlag ein und drückte ihn um ein Prozent auf 26 Punkte. Für den Landkreis bedeutet jeder Prozentpunkt weniger eine Mindereinnahme von zwei Millionen Euro.

Bei den Schlussberatungen gestern im Kreistag wiederholte sich der Schlagabtausch zwischen den konservativen Fraktionen aus CDU und Freien Wählern auf der einen Seite, eine Absenkung auf 26 Punkte fordernd, und SPD und Grünen auf der anderen Seite, die dem Kreis finanziell mehr Luft lassen wollten und einen neuen Vorschlag einbrachten: nun 27,5 Punkte statt den im Verwaltungsausschuss geforderten 28 Punkten. SPD-Fraktionschefin Ursula Utters plädierte in diesem Zusammenhang dafür, bei der Besetzung der Posten in dem Verwaltungsausschuss darauf zu achten, dass die Bürgermeister darin nicht die Mehrheit haben. Von der Gegenseite erntete sie dafür höhnisches Gelächter.

Doch dominiert wurde die Sitzung von einem anderen Thema: der Zukunft der Kreiskliniken. Keiner der fünf Fraktionschefs, der nicht auf dieses Thema einging. Jürgen Großmann, Fraktionsvorsitzender der CDU, gab die politische Leitlinie aus: "Jetzt Nägel mit Köpfen machen." Das war auch auf das Medizinkonzept 2020 gemünzt: "Wer am alten Krankenhausstandort Calw festhält", sagte Großmann, "wird die Zukunft eines neuen Krankenhausstandortes in Calw verspielen."

Provokativ äußerte sich FWV-Fraktionschef Volker Schuler: "Wer den bisherigen Standort weiterhin möchte, bekommt die Klinik geschenkt dazu." Auch wenn er den geplanten Gesundheitscampus in Calw für "attraktiv und zukunftsweisend" hält, setzt Schuler hinter die Ertragssituation der Kreiskliniken ein Fragezeichen: "Keiner glaubt mehr an die schwarze Null – wenn er jemals überhaupt daran geglaubt hat." Das derzeitige Jahresdefizit von sieben Millionen Euro sei "nicht der Stein der Weisen". Aber an diesen Verlusten werde sich seiner Meinung nach auch nichts ändern.

Auch Ursula Utters, SPD-Fraktionsvorsitzende, mahnte angesichts der roten Zahlen der Kliniken an, "Veränderungen vorzunehmen". Es sei indes wenig hilfreich, das kleinere Haus in Calw abzulehnen und gleichzeitig anzukündigen, das größere Haus in Nagold zu meiden: "Das einzige, was man dabei erreicht, ist Zweifel an beiden Häusern."

Johannes Schwarz (Bündnis 90/Grüne) richtete einen Appell an die Calwer: "Kämpft nicht um ein Gebäude, sondern um die bestmögliche, medizinische Versorgung in Eurer Stadt." Im Übrigen sei der Kreistag auch nicht beratungsresistent, wandte er sich an die "Kritiker": "Wir nehmen das alles sehr ernst und zerbrechen uns die Köpfe." Schwarz bat deswegen um Geduld: "Wir brauchen Zeit, um die Details des Medizinkonzepts vollends festzulegen."

Karl Braun (FDP) hatte den undankbaren Part, seinen Vorrednern "beizupflichten" und verwies auf die Bürgerbeteiligung, die diese Umstrukturierungspläne begleitet hatte. Braun: "Offener kann man einen solchen Prozess nicht gestalten." Die Millionendefizite der Kreiskliniken sind für den Freidemokraten aber auf Dauer nicht tragbar: "Dass man umstrukturiert und mit den gleichen Schulden weiterleben muss, das kann nicht sein." Braun verwies auf den Partnerlandkreis Mittelsachsen, der den Partnern im Westen zeige, wie man zwei Kliniken führt – ohne Defizite. Ein 300-Betten-Haus mit einer privaten Minderheitsbeteiligung – ein Konzept, das Braun schon mehrfach vorgeschlagen hat – und ein 180-Betten-Haus, das neuerdings auch ohne Zuschussbedarf auskomme.

Landrat Riegger dankte den Fraktionen für die Geschlossenheit in dieser Frage und fürs "deutliche Signal", das den "Bedenkenträgern und Lobbyisten der alten Strukturen nicht noch mehr Munition" liefere.

Dass am Schluss die Kreisumlage – gegen die Stimmen von SPD und Grünen – auf 26 Prozent und damit auf den niedrigsten Hebesatz im Land gesenkt wurde, geriet dabei fast zur Nebensache.