Die Restaurierung einer Orgel ist für Kantoren ein echtes Mammutwerk. Kein Wunder, dass sich Eva-Magdalena und Peter Ammer auf den Sonntag freuen. Dann erklingen die Nagolder Stadtkirchenorgeln wieder in ihrer vollen Pracht. Foto: Hofmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Nach fünfmonatiger Restaurierungszeit nimmt Nagolds Stadtkirchenorgel am Sonntag wieder den Dienst auf

Nagold - Nach fünfmonatiger Durststrecke erklingt Nagolds Stadtkirchenorgel am Ostersonntag wieder in voller Pracht. Die umfangreiche Restaurierung einer der größten Orgeln in der Region ist abgeschlossen.

Völlig fasziniert blickt Bezirkskantor Peter Ammer während er an der Orgel sitzt auf den Bildschirm zur rechten Seite. Nach der rund 200 000 Euro teuren Restaurierung und Reinigung der beiden Stadtkirchenorgeln hat nun also auch die Computertechnik Einzug gehalten. Vieles lässt sich nun programmieren, technische Updates können zum Beispiel einfach per USB-Stick eingelesen werden. Und alles, was nun auf der Stadtkirchenorgel gespielt wird, kann auch aufgenommen und wieder abgespielt werden. "So kann ich mir anhören, wie das, was ich hier oben spiele, dort unten bei der Gemeinde klingt."

Peter Ammer und seine Frau Eva-Magdalena, die sich in Nagold die Stelle der Bezirkskantoren teilen, sind froh um solche technischen Neuerungen. Doch der Hauptgrund für die Restaurierung des Instruments lag ganz woanders. Der Stadtkirchenorgel war schlicht die Luft ausgegangen. Zu wenig der Orgelluft landete wirklich in den Pfeifen. Ein Dauerrauschen begleitete jedes Orgelspiel in der Kirche.

Dass es nun nichts mehr zu hören gibt, das fällt einem denn auch am meisten auf: Nach der fünfmonatigen Grundreinigung und Erneuerung hat die Stadtkirchenorgel wieder genügend Luft, kein Rauschen ist zu vernehmen. Der Ton der Orgel ist kräftiger geworden, kommt mehr von unten heraus, nimmt sich nicht mehr so sehr zurück wie früher.

Rund 4200 Orgelpfeifen sorgen in der Nagolder Stadtkirche dafür, dass die "Königin der Instrumente" ihrem Namen alle Ehre macht. Jede dieser Pfeifen wurde ausgebaut, gereinigt, ausgeblasen und frisch intoniert. Das Ergebnis, so versichert Peter Ammer, geht über das Erwartete hinaus. Ein ganzes Team von Orgelspezialisten war an der Restaurierung in Nagold beteiligt, allen voran die beiden Orgelbaumeister Michael Mauch und Tillmann Trefz. Die Aufgabe war dabei nicht einfach: Schließlich ging es darum, zu entscheiden, welchen Klang man denn nun der wichtigsten Orgel der Region geben soll. Der eher zurückhaltende Klang der Orgel aus dem Jahr 1971 wurde auch dadurch verändert, dass man zum Beispiel mehrere Register aus der Vorgänger-Orgel aus dem Jahr 1874 wieder integrieren konnte. Die Pfeifen von damals hatte Kantor Rudolf Schmid gerettet und über Jahrzehnte auf dem Dachboden gelagert. Sie kommen nun zu neuen Ehren.

"Es gab Pfeifen, die wurden seit 40 Jahren nicht gesäubert oder intoniert", erzählt Peter Ammer. Etwa ein Drittel der Pfeifen hätten dem Orgelspieler faktisch gar nicht mehr zur Verfügung gestanden, ein weiteres Drittel nur schlecht. Ganz anders jetzt. "Da wurde aus Stroh Gold gesponnen", lobt Ammer die Arbeit der Orgelbaumeister. Den ganz hellen Sound "aus dem Jahr 1971 im Geist der 50er Jahre" habe man bei der neuen Stimmung des Instruments hinter sich gelassen. "Der Sound hat mehr Bauch", erörtert Peter Ammer. Mehr Schub komme nun von unten. Und damit passe der Ton der Stadtkirchenorgel auch besser zum neogotischen Gotteshaus.

Zwischendurch erklingt Vogelgezwitscher – auch das ist ein neuer Ton, den man der Stadtkirchenorgel entlocken kann. Wenn man den Registerknopf mit der Aufschrift "Zimbelstern" drückt, passiert dagegen gar nichts. "Den haben wir noch nicht", sagt Eva-Magdalena Ammer. Und so steht der "Zimbelstern" – eine Art mechanisches Glockengeläut – irgendwie für das ganze Orgelprojekt. Denn noch sind mit 105 000 Euro nur gut die Hälfte der Restaurierungskosten als Spenden eingegangen. Die 5000 Euro für den Zimbelstern fehlen noch, lediglich der Knopf ist schon einmal vorbereitet worden. "Wenn wir den erst in fünf Jahren haben, dann ist das auch nicht so schlimm", sieht Peter Ammer die Sache gelassen. Und dann geht's wieder in die Vollen, Ammer lässt den Ton anschwellen und immer mehr Register gesellen sich dazu. Keine Frage, knackig klingt sie, die generalüberholte Orgel. Am Ostersonntag auch zum ersten Mal wieder im Gottesdienst.