Sie hoffen, dass mit dem Inhalt des "Kindertrauerkoffers" Kindern bei ihrer Trauerbewältigung geholfen werden kann (von links): die Schirmherrin des Fördervereins Stationäres Hospiz Simone Großmann, Jutta Benz, Leiterin des Stationären Hospiz St. Michael, Nadine Tscheuschner vom Kinder- und Jugendhospizdienst, Eleonore Rodi und Barbara Fischer, Vorsitzende des Fördervereins Stationäres Hospiz. Foto: Kunert

Stationäres Hospiz: "Man hat im Alltag keinen Platz für Trauer". Besondere Herausforderung.

Nagold - Trauerarbeit mit Kindern ist eine ganz besondere Herausforderung. Das weiß man im Stationären Hospiz Nagold. Deshalb gibt es dort ab sofort einen "Kindertrauerkoffer" mit Materialien, mit denen Eltern, Lehrer, Betreuer oder Seelsorger das Thema spielerisch und kreativ angehen können.

Zusammengestellt hat den Koffer – der eigentlich eine riesengroße Transportkiste ist, weil so viele Materialien darinnen Platz finden mussten – Eleonore "Elly" Rodi vom Förderverein "Stationäres Hospiz Region Nagold". Rodi war früher Grundschullehrerin – gleich nebenan zum Hospiz, in der Kernenschule. "Alle meine Kinder sind bei Elly zur Schule gegangen", erzählt Barbara Fischer, Vorsitzende des Fördervereins. Aus einem Gespräch heraus habe sich die Idee zum Kindertrauerkoffer entwickelt. "Weil wir gerne alle unsere Talente im Förderverein für die gemeinsame Arbeit einbinden."

Es habe allerdings ein bisschen gedauert, bis all die vielen Kistchen, Mappen und Etuis des Kindertrauerkoffers gefüllt waren. Denn was sich besonders gut zur Trauerarbeit mit Kindern eignet, dafür gab es keine Anleitung. Weil Kinder – das erzählt Nadine Tscheuschner vom Kinder- und Jugendhospizdienst – immer auch auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Thema Tod umgehen: "Es gibt die progressiven – die bei der Beerdigung nach oben gen Himmel winken." Und die "in sich gekehrten", die das lieber still mit sich selbst ausmachen. Die Kinder seien auch in einem Moment total traurig, um dann gleich wieder komplett fröhlich weiterzuspielen. Aber – leider – gelte immer, gerade für Kinder: "Man hat im Alltag eigentlich nie wirklich Platz für Trauer."

Das genau wolle man ändern mit dem Kindertrauerkoffer. Daher: "Der Weg ist das Ziel" in der Trauerarbeit mit Kindern. Gerade auch "präventiv", wenn man sich "frei philosophierend" mit dem Thema Tod und Trauer zum Beispiel im Kindergarten, der Schule "oder im Konfirmandenunterricht" auseinandersetzt. Auch in Projektarbeiten – etwa zum Volkstrauertag. Aber – Kindergarten? Das richte sich zum Beispiel an den Kindergarten ebenfalls gleich nebenan, der mit St. Michael sogar denselben Namen wie das Hospiz trägt. "Wir wollen damit auch die Angst" nicht nur der Kinder "davor nehmen, was hier bei uns im Hospiz geschieht", erläutert Jutta Benz, Leiterin des Stationären Hospiz. Zeigen, dass der Tod, das Sterben nichts Schlimmes sei. "Wer zu uns kommt, ist immer überrascht, was für eine tolle, positive Stimmung hier herrscht."

"Mit den Händen gestalten"

Genau davon soll der Kindertrauerkoffer etwas "transportieren" – mit seinen vielen Mitmach-Angeboten. Die große Linie dabei: "Was tun", sagt Elly Rodi. "Mit den Händen gestalten." Eine Erinnerungskerze. Ein Erinnerungsbuch.

Das wichtigste Medium aber seien die reichlich und mit großer Sorgfalt ausgewählten Bilderbücher, die Titel tragen wie "Wo gehst du hin, Opa?". Ein "ganz schwieriges Thema", weiß die ehemalige Grundschullehrerin. Das die Nähe braucht, wenn man als Erwachsener solche Bilderbücher mit den Kindern anschaut. Vorliest. Und mit den Kindern über das Gelesene, Gesehene spricht.

Aufgeteilt sind die Materialien des Kindertrauerkoffers in unterschiedliche Themenbereiche, die diese Materialien wie "Bausteine" in verschiedenen Kästen zusammenfassen: "Sterben und Tod" zum Beispiel – was passiert da, was bedeutet das. "Tod und Gefühle" - wie diese zulassen, mit ihnen umgehen. "Wie Kinder trauern" – das "ganz große Thema"; wie man sie dabei begleitet, welche Rituale helfen. Auch das "große Thema Erinnerungen" – um den Verstorbenen ein positives Andenken zu bewahren. Das auch den Erwachsenen bei der Trauer hilft.

"Dem Schmerz einen Raum geben"

Die Kür dabei: "Den Angehörigen im Guten gehen zu lassen", so Hospizleiterin Benz. "Dem Schmerz einen Raum geben", um selbst irgendwann im eigenen Leben wieder "unbeschwert" zu sein. Den Tod des lieben Menschen annehmen können – gerade auch als Kind. Um schließlich im eigenen Leben "in die Fröhlichkeit" zurückkehren zu können. Nicht nur für Eltern ist dabei besonders schwer: keine Erwartung an die trauernden Kinder zu haben, sondern "sie sein zu lassen" in ihrer Trauer. Sie zwar – zum Beispiel mit den Spielen, den Büchern, Zeitschriften, dem Schutzengel (Elly Rodis "Lieblingsstück") des Kindertrauerkoffers – anzuleiten und zu begleiten, aber nie Forderungen zu stellen. "Trauer braucht die Zeit, die sie braucht."

Der Kindertrauerkoffer wird im Büro der Fördervereins Stationäres Hospiz Region Nagold, das mit im Gebäude des Stationären Hospiz St. Michael untergebracht ist, aufbewahrt und kann hier "Modulweise" ausgeliehen werden – je nach den Themen, die man mit Kindern bearbeiten möchte. Die Nutzung des Kindertrauerkoffers ist kostenlos, allerdings: "Eine Spende an den Förderverein wäre schön", so die Vereinsvorsitzende Barbara Fischer.