Die ausgesetzten Katzen hatten Glück im Unglück. Foto: Klormann

Nagolder Bürger findet in einem Gepäckstück vier kleine Katzen. Jeanny Gebert: "Ich finde es unter aller Sau."

Nagold/Horb-Talheim - Es ist wohl spät in der Nacht, als Unbekannte in der Straße Beim alten Wasen in Nagold einen dunkelblauen Rucksack auf dem Gehweg abladen – und verschwinden. Dessen Inhalt ist zwar nicht gefährlich. Trotzdem ist die Tat grausam. Denn in dem Gepäckstück befinden sich vier junge Katzen. Und der Rucksack ist am Reißverschluss zugenäht.

Doch die kleinen Vierbeiner haben Glück im Unglück. Denn ihre ehemaligen Besitzer haben sie an einer gut einsehbaren Stelle ausgesetzt. Und schon wenige Stunden später befinden sie sich in der Obhut von Volker Hellmich, der an diesem Freitag seinen freien Brückentag genießt. Seine Frau hatte das Gepäckstück auf dem Weg zur Arbeit entdeckt. Hellmich, der sich aus eigener Erfahrung mit Katzen auskennt, stellt schnell fest, dass die etwa zwölf Wochen alten Tiere gut versorgt und zutraulich wirken – wenn auch ein wenig verstört und verängstigt. Noch am selben Tag verständigt er das Tierheim "Renate Lang" in Horb-Talheim. Dort werden die Tiere schließlich aufgenommen.

Tiere hätten sich nicht aus eigener Kraft befreien können

Hellmich hält es indes für Absicht, dass der Rucksack so auffällig platziert wurde. "Er sollte definitiv gefunden werden", ist er überzeugt. Die Tat an sich verurteilt er aber trotzdem, nicht zuletzt, da die Kätzchen sich niemals aus eigener Kraft hätten befreien können. Eine solche Behandlung sei "mehr als unwürdig" und sollte hart bestraft werden, so Hellmich.

Das Aussetzen eines Tieres, vor allem unter solchen Umständen, ist auch keineswegs ein Kavaliersdelikt. Laut dem Tierschutzgesetz kann eine solche Ordnungswidrigkeit eine Geldstrafe von bis zu 25 000 Euro nach sich ziehen. Im Tierheim überlegen sich die Zuständigen deshalb derzeit, ob sie Anzeige erstatten sollen.

Die Kätzchen haben sich dort mittlerweile ein wenig eingelebt. Das traumatische Erlebnis, das nun vier Tage zurückliegt, werden sie wohl trotzdem nicht so schnell vergessen.

Auch Jeanny Gebert wird dieser Fall wahrscheinlich lange in Erinnerung bleiben. Sie ist im Tierheim für die Katzenstation verantwortlich, hat dort auch schon so manches erlebt. "Dass mal eine Katze ausgesetzt wird oder nicht zugeordnet werden kann, passiert ja öfter", erzählt Gebert. Einen solchen Fall habe sie in den sechs Jahren, die sie nun schon im Tierheim arbeite, aber noch nicht erlebt – obwohl sie in dieser Zeit geschätzte 540 Katzen betreute.

Vielleicht sei den ehemaligen Besitzern der Kätzchen gar nicht bewusst gewesen, was sie da taten, meint Gebert. "Zumindest hoffe ich, dass sie nicht darüber nachgedacht haben", sagt sie ärgerlich, "sonst ist das wirklich pervers". Der Katzenspezialistin ist dabei deutlich anzumerken, dass sie keinerlei Verständnis für die Tat hat.

Dementsprechend klar ist auch ihre Meinung dazu: "Ich finde es unter aller Sau", unterstreicht Gebert, "immerhin leben wir im 21. Jahrhundert, da gibt es genug andere Möglichkeiten." Auch sie bewertet es als besonders schlimm, dass die Tiere eingenäht waren – "weil die Katzen dadurch allein keine Überlebenschance gehabt hätten". Insgesamt wünscht sich Gebert, dass Tierhalter verantwortungsvoll mit ihren Vierbeinern umgehen und diese beispielsweise rechtzeitig kastrieren lassen.

Die vier Kätzchen sind übrigens mit dem Schrecken davon gekommen. Jetzt steht für die Tiere erst einmal Erholung sowie entwurmen, chippen und impfen auf dem Programm. Wer dann eine der kleinen Katzen adoptieren möchte, kann sich ab kommender Woche unter Telefon 07486/96 46 00 im Tierheim melden.