Fotos: Hofmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Heinrich Kuhn ist in Nagold der Wahlsieger. Aus dem Stand 20 Prozent. Grüne erreichen ein Plus von 5,6 Prozent.

Nagold - Selten ist ein Wahlabend so spannend. Und selten sind die Ergebnisse so überraschend. Die AfD wirbelt die politische Landschaft gehörig durcheinander – in Nagold sogar noch mehr als im Land.

Nur eine Stimme hatten die Wähler zu vergeben. Entsprechend schnell und reibungslos verläuft die Auszählung in den Nagolder Wahllokalen. Und so trudeln schon bald die ersten Ergebnisse ein. Auf der Leinwand im Nagolder Rathaus-Foyer können wieder die Ergebnisse verfolgt werden. So hat also Nagold gewählt.

Den durchaus zahlreichen Gästen wird schnell klar: Das Nagolder Wahlergebnis hat es in sich. Früh erscheint zum Beispiel das Wahlergebnis aus dem Bezirk Kernen Nord.

Nein, das ist kein Rechenfehler

Verstört blicken alle auf die Grafik. Nein, das ist kein Rechenfehler: 37,5 Prozent stehen da für die AfD. Andere Bezirke folgen, auch dort ist die AfD meist deutlich stärker als im Landesschnitt. Die AfD wird damit zum neuen politischen Faktor. Und das eben auch in Nagold.

Am Ende steht fest: Jeder fünfte Wähler in Nagold hat sein Kreuz bei der AfD gemacht. Deren Landtagskandidat Heinrich Kuhn fährt hier 20 Prozent ein. Die AfD ist damit hinter der CDU zweitstärkste Kraft. Dabei hat auch die CDU kräftig Federn gelassen. 28,2 Prozent stimmten für Thomas Blenke – im Jahr 2011 waren es immerhin noch 42,6 Prozent. Und wo wir schon bei den Wahlverlierern sind: Auch Daniel Steinrode dürfte sich in seiner Heimatstadt ein besseres Ergebnis ausgerechnet haben. 28,1 Prozent hatte die SPD vor fünf Jahren geschafft, magere 18 Prozent sind es nun. Das ist ein Abfall um 11,1 Prozentpunkte. Ein schwacher Trost ist es da, dass Steinrode immerhin noch gute sieben Prozentpunkte mehr erreicht hat als die Landes-SPD.

Im Rathaus-Foyer kommt es unterdessen zu einem kurzen Aufeinandertreffen zweier Gewinner. Heinrich Kuhn kommt schaut im Rathaus vorbei – Parteifreund Thomas Roller hatte ihn angesichts der extrem guten Ergebnisse in Nagold kurzerhand von der Wahlparty im benachbarten "Adler" hergebeten. Am Rande des Geschehens trifft Kuhn auf FDP-Kandidat Herbert Müller. Der ist ebenso gut drauf wie Kuhn. Die FDP ist in Nagold wieder von 5,9 auf 9,1 Prozent erstarkt. Freundlich schütteln sie sich die Hände, beglückwünschen sich. Im Rathaus-Foyer tritt Heinrich Kuhn bescheiden auf. Den 20 Prozent zum Trotz drängt es ihn nicht in die erste Reihe. Von hinten beobachtet er die weiteren Entwicklungen der Wahl-Hochrechnungen.

Grüne erreichen ein Plus von 5,6 Prozent

Zu diesem Zeitpunkt weiß er auch noch nicht, ob es für ihn zum Einzug in den Landtag gereicht hat. Doch die 20 Prozent in Nagold sorgen für Zuversicht. Rund vier Stunden später hat er dann Gewissheit: Es hat gereicht. Der Altensteiger Heinrich Kuhn hat ein Zweitmandat ergattert und wird künftig neben Thomas Blenke den Landkreis Calw in Stuttgart vertreten.

Immerhin, der virtuelle Kampf um Platz zwei in der Nagolder Parteienlandschaft gestaltet sich bis zum Schluss spannend. Denn auch die Grünen legen in Nagold nochmals zu, erreichen 19,4 Prozent. Ein Plus von 5,6 Prozent. Doch zum Landesergebnis der Grünen von über 30 Prozent fehlt dann eben doch noch einiges. Noch ein Blick auf die Linke. Hier bleibt das Ergebnis bei 2,6 Prozent und Nagold liegt damit fast im Landestrend (2,9 Prozent).

Und bei allen Diskussionen an dem Abend um die starke AfD, um das Absacken von CDU und SPD, um das Zulegen von Grünen und FDP – alle nehmen eines erfreut zur Kenntnis: Die Wahlbeteiligung ist gestiegen. 67,4 Prozent der Wahlberechtigten schritten zur Urne, 2011 waren es 61,2 Prozent. Gegenüber dem Landeswert von 70,4 Prozent hinkt Nagold aber hinterher.

Info: So hat Nagold gewählt

(hof). Wo liegen die Hochburgen der AfD? Wo sind die Grünen besonders stark? Und in welchem Wahlbezirk wird eigentlich am eifrigsten gewählt? Unserer Analyse der Landtagswahlergebnisse in Nagold gibt Antworten.

 CDU: Thomas Blenke hat mit der CDU in Nagold die meisten Stimmen geholt – mehr Positives gibt es aber kaum von der Union zu berichten. Die CDU sackte um 14,4 Prozentpunkte auf 28,2 Prozent ab. Am stärksten war die Union in Gündringen mit 40,9 Prozent und am schwächsten in Vollmaringen-Süd mit 16 Prozent. Mager ist das Ergebnis aber zum Beispiel auch in Schietingen mit 20,7 Prozent.

 AfD: Heinrich Kuhn mit der AfD ist in Nagold der Wahlsieger. 20 Prozent erreichte er. In einigen Wahlbezirken war die AfD gar stärkste Kraft: in Kernen Nord (37,5 Prozent), im Iselshäuser Tal (35,5), auf dem Oberen Steinberg (32,8), auf dem Oberen Lemberg (28,5) und auch in Schietingen (26,7 Prozent). Mit 13,3 Prozent schnitt die AfD am schlechtesten in Mindersbach ab.

 Grüne: Johannes Schwarz hat mit den Grünen auch in Nagold zugelegt – um 5,6 Prozentpunkte auf 19,4 Prozent. Und es gibt auch Grüne Hochburgen in der Stadt. In Mindersbach (31,9 Prozent) und auf dem Galgenberg (32,8) sind die Grünen jeweils die stärkste Partei. Bescheiden dagegen das Ergebnis in Vollmaringen-Süd mit 9,6 Prozent und in Gündringen mit 9,7 Prozent.

 SPD: Manche sehen Daniel Steinrode mit der SPD als den großen Wahlverlierer: Nur 18 Prozent der Nagolder wählten die SPD, 2011 waren es 29,1 Prozent. Doch immerhin: Seine Heimatbasis hat Steinrode im Griff. In Vollmaringen kam er auf 45,3 Prozent im Süden und auf 34,4 Prozent im Norden und lag damit klar vor allen anderen Kandidaten. Und mit 24,8 Prozent landete die SPD auch in Hochdorf-West auf dem ersten Rang, Blenke kam hier knapp dahinter auf 24,5 Prozent. Dafür schrammte die SPD auf dem Wolfsberg und im Wohngebiet Oberer Steinberg knapp an der Einstelligkeit vorbei: 10,1 Prozent hieß es hier.

 FDP: Für die Liberalen ist Nagold eigentlich traditionell ein gutes Pflaster. Und so kann Kandidat Herbert Müller auch mit dem Wiedererstarken der FDP in der Stadt auf 9,1 Prozent zufrieden sein – ein Plus von 3,2 Prozentpunkten. Das beste Ergebnis fuhren die Liberalen auf dem Wolfsberg ein (17,4). Auf dem Oberen Steinberg dagegen wählten nur 4,1 Prozent die FDP.

 Wahlbeteiligung: 67,4 Prozent der Wahlberechtigten schritten in Nagold an die Wahlurnen. In Schietingen gingen die meisten zur Wahl (77,7 Prozent), gefolgt von Emmingen-Süd (77,1). Im Iselshäuser Tal war die Wahlbeteiligung mit 48,6 Prozent am niedrigsten. 1957 Briefwähler gab es diesmal – das sind 18,84 Prozent aller Wähler.

 Die kleinen Parteien: Die Linke hielt mit 2,6 Prozent ihr Ergebnis in Nagold. Nur wenige Stimmen entfielen auf die Splitterparteien: Piraten 0,7 Prozent, ALFA 0,6 Prozent, ÖDP 0,6 Prozent, NPD 0,5 Prozent und REP 0,4 Prozent.