Roland Buckenmaier (links) und die Nagolder Jakobiner stimmten auch "Die Gedanken sind frei" an. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: "Poesie und Wein" mit Roland Buckenmaier in der Moste / Gekonnt und frei vorgetragenen Verse kommen gut an

Die Nagolder Jakobiner haben ein glückliches Händchen für ausgefallene Unternehmungen mit Niveau. So veranstalteten sie einen einzigartigen Abend "Poesie und Wein" mit dem Journalisten Roland Buckenmaier in der Hauptrolle.

Nagold. Schon eine Woche zuvor waren alle Eintrittskarten vergriffen und an dem Abend pulsierte die alte Moste im Takt der klassischen Lyrik, schwäbischer Dichtkunst sowie humorvoller Anekdoten aus vergangener Zeit. Die Gäste labten sich an erlesenen Weinen zu gemeinem Schmalzbrot. Wasser gab es nur "im Notfall".

Wenn auch der Redakteur Buckenmaier sein Weinglas hochhebend beteuerte, er sei auf der Bühne ein Laie, stimmte dies nur in einem Punkt: Ihm drohte keine Routine-Gefahr. Die innig-frische und zugleich galante Art, den Ausdruck der fremden und eigenen Gedichte mit Mimik und Modulation der Stimme, ab und an auch schelmisch mit Komik zu stützen, war weder einstudiert noch berechnet und die auswendig vorgetragenen Verse saßen fest im Gedächtnis, als ob ihre Schönheit schon vor langen Jahren in die Seele des Poesie-Anbeters versank und zum Boden des eigenen "ich" fiel. Glaubwürdiger geht es kaum.

Zwischen größere Werke wie "Die Ulme von Hirsau" von Ludwig Uhland, Schillers Ode "An die Freude" und die mit Suggestivität eines Hörspiels erfüllte Ballade "Der Reiter und der Bodensee" von Gustav Schwab, zwischen witzige Köstlichkeiten von Kurt Tucholsky und Heinrich Heine (laut Buckenmaier dem "Vorläufer des heutigen Journalismus") schob der Literaturkenner Wissenswertes über die Dichter und ihre Zeiten ein.

Den meisten, von Lachsalven begleiteten Beifall erhielt Buckenmaier für schwäbische, deftig pointierte Verse und Sprüche des Schriftstellers Sebastian Blau alias Josef Eberle.

Eigene Adaptionen im schwäbischen Dialekt

Nicht weniger Begeisterung zollte die Gesellschaft dem Deklamator bei Vorführung seiner eigenen Adaptationen im schwäbischen Dialekt, und nach der anschließenden Kanonade der zungenbrecherischen Schimpfwörter war eine weitere Weinrunde einfach unentbehrlich.

Die guten Tropfen aus Baden, Italien und Übersee stammten aus dem Weinladen von Siegrid Plaschke. Sie gehört wie Helmut Raaf, Klaus Drissner, Bernd Gorenflo, Gert Streib und Mike Jörg zur Nagolder Jakobiner-Gruppe, sie streben gemeinsam seit bald sechs Jahren die Wiederbelebung der Ideen europäischer sowie heimatlicher Aufklärung an. Auf kreative und unkonventionelle Weise pflügen sie die städtischen Themen mit Kritik, Humor und Anregungen um, erweitern Horizonte und liefern den Bürgern frische Denkimpulse und Ideen. Da passten die knisternden Anspielungen des Redakteurs wie angegossen in das ideologische Bild.

Trotz dass sich die Freigeister als "Revoluzzer" bezeichnen, agieren sie friedlich, menschenfreundlich und besonnen, sind liberal, tolerant und weltoffen.

In dem zum Manifest gewordenen Lied "Die Gedanken sind frei" besangen sie auch an diesem Abend den wichtigsten Punkt ihrer Weltanschauung – die Macht der freien Meinung.

Der Reinerlös aus der zweistündigen Veranstaltung kommt dem Stationären Hospiz Nagold zugute.