Die fünf Menschen in dem VW Golf hatten keine Chance. Sie waren alle sofort tot. Foto: SDMG/Dettenmeyer

Horror-Unfall: Müllwagen kippt auf Auto und löscht junge Familie aus. Retter benötigen vor Ort Betreuung.

Nagold - Feuerwehrleute nehmen sich mit ernster Miene in den Arm, geben einander Halt. Calws Kreisbrandmeister Hans-Georg Heide gibt mit versteinerter Miene Kommandos. "Zwei Großbrände und ein Gefahrgutunfall sind mir viel lieber als das da", sagt er. Und auch Erhard Schulz, stellvertretender Leiter des Polizeireviers Nagold (Kreis Calw), findet kaum Worte für das, was da am Freitag gegen 12.45 Uhr auf der Landesstraße 361 bei Nagold passiert ist. "Äußerst schrecklich", sagt er nur. "So etwas braucht man wirklich nicht."

Es ist eine grauenvolle Tragödie, wie sie der Raum Nagold sehr lange nicht erlebt hat. Fünf junge Menschen – darunter ein Säugling – sind am Freitagmittag gestorben, als ein außer Kontrolle geratener Müllwagen auf ein Auto stürzte. Während Schulz den Medien erste Informationen gibt, verrichten die Retter im Hintergrund ihre traurige, grausige Arbeit. Fünf Leichen bergen sie in diesen Mittagsstunden aus dem Autowrack, das nur noch einen halben Meter hoch ist. Unter diesen fünf Leichen ist auch die eines Säuglings.

Die Toten kommen aus dem Kreis Konstanz, aus dem Raum Singen, heißt es zunächst von der Polizei. Später finden die Ermittler heraus, dass es sich bei den Getöteten um die Fahrerin, einen männlichen Beifahrer, eine Jugendliche, ein Kind im Vorschulalter und eben um einen Säugling handelt. Berichte, dass die Fünf zu einer Familie gehören, bestätigt das Polizeiprasidium Karlsruhe lange nicht. Denn bis in den späten Nachmittag sind die Leichen noch nicht zweifelsfrei identifiziert.

Am Abend dann haben die Ermittler traurige Gewissheit: Bei den Getöteten handelt es sich um eine im Raum Nagold wohnhaft gewesene 25 Jahre alte Frau und beim Beifahrer um deren 22 Jahre alten Lebensgefährten. Zudem kamen die zwei Jahre alte Tochter und der nur wenige Wochen alte Sohn des Paares sowie die 17 Jahre alte Schwester der Fahrerin ums Leben.

Was genau passiert ist, scheint schnell klar. Ein Müllwagen fährt gegen 12.45 Uhr vom Nagolder Industriegebiet Wolfsberg kommend auf der abschüssigen Graf-Zeppelin-Straße in Richtung des Nagolder Autobahnzubringers, der L 361. Plötzlich bemerkt der Fahrer nach eigenen Angaben einen technischen Defekt. Er kann offenbar nicht mehr bremsen. Statt langsamer zu werden, beschleunigt das 26 Tonnen schwere Gefährt. Der Fahrer lenkt den Laster nach rechts auf die L 361. Der Müllwagen ist aber so schnell, dass er noch im Kreuzungsbereich umstürzt und ein gerade vorbeifahrendes Auto unter sich begräbt. Die fünf Menschen in dem VW Golf haben keine Chance, wie es die Ermittler formulieren. "Es ist wohl so, dass alle sofort tot waren", sagt Schulz.

Der 54 Jahre alte Fahrer des Unglückslasters und sein 26-jähriger Beifahrer werden bei der Tragödie leicht verletzt und können noch an der Unfallstelle erste Aussagen zum Ablauf machen. Mit einem schweren Schock werden beide später ins Krankenhaus eingeliefert.

Nach Angaben der Polizei gibt es einen unmittelbaren Zeugen der Tragödie. Ein Lastwagenfahrer sei direkt hinter dem Müllwagen gefahren und habe alles mit angesehen. Was der Mann aussagt, sagt die Polizei aber nicht.

Stundenlang sind die Retter bei der Arbeit auf der Landesstraße, allein das Aufrichten des umgekippten Mülllasters nimmt viel Zeit in Anspruch, von der Bergung der Toten ganz abgesehen. Zur Bewältigung der grausigen Bilder, die sie dabei zu sehen bekommen, werden den Feuerwehrleuten, Sanitätern und Polizisten noch am Nachmittag psychosoziale Berater zur Seite gestellt.

Die Besatzung eines Rettungshubschraubers, die zur Unglücksstelle geeilt war, hebt zwei Stunden nach dem Unfall unverrichteter Dinge wieder ab. Unterdessen hat auch ein Kfz-Sachverständiger seine Arbeit aufgenommen, um bei der Suche nach der Unglücksursache zu helfen. Noch am Nachmittag beschlagnahmt er den Müllwagen. Mit einem schnellen Ergebnis dieser Untersuchungen dürfe man aber nicht rechnen, sagt Fritz Bachholz von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Karlsruhe.