Dieter Nell (links) hat die Führung des von ihm seit 2009 auf dem Nagolder Eisberg aufgebauten Hochseilgartens zum Jahresbeginn an Lukas Kontny übergeben. Der studierte Freizeit- und Tourismus-Manager ist seit seiner Bundeswehrzeit in Calw mit dem Nagolder Erlebnis-Park verbunden. Foto: Kunert

Lukas Kontny übernimmt Führung des Erlebnis-Parks von Gründer Dieter Nell. Echter Abenteuerspielplatz.

Nagold - "Ich werde schon das Loslassen noch üben müssen." Das sagt Dieter Nell, Gründer und "Vater" des Nagolder Hochseilgartens. Denn zum Anfang des neuen Jahres hat Nell die Führung des riesigen Erlebnisgeländes auf dem Nagolder Eisberg an Lukas Kontny übergeben.

Seit 2009 gibt es den Hochseilgarten im Nordosten der Stadt – mittlerweile der größte dieser Art in ganz Süddeutschland, vielleicht auch darüber hinaus. Damals war der Aufbau dieser einmaligen Freizeiteinrichtung eine Rückkehr für Dieter Nell – der hier als Mitglied des damaligen Fallschirmjägerbataillons auch große Teile seiner aktiven Bundeswehrzeit verbracht hatte. Nach Abzug des Militärs lag der ehemalige Schießplatz der Eisbergkaserne brach. Nell erkannte das "Juwel" mit seiner einmaligen Lage: keine 600 Meter von der Nagolder Innenstadt entfernt, aber inmitten nahezu unberührter Natur. Ein echter Abenteuerspielplatz, nicht nur für ganz große Jungs.

"Wir sind kein Funpark"

Als einer dieser "ganz großen Jungs" kam auch Lukas Kontny hierher. Auch er lernte als Soldat den Nagolder Eisberg kennen. Als Fallschirmjäger. Mit den Kameraden aus Calw war er ab 2013 immer wieder mal Gast in Dieter Nells Hochseilgarten. Eine der Besonderheiten des Nagolder Erlebnisparks: mit seiner militärischen Ausbildung im Gepäck, hat Nell die Angebote in seinem Hochseilgarten so ausgerichtet, dass hier – auch – echte Profis richtig gefordert werden können. Weshalb immer wieder auch Spezialkräfte von Bundeswehr und Polizei hierher kommen, um sich den gebotenen Herausforderungen zu stellen.

"Wir sind kein Funpark", sagt Nell – sowas mit Karussells und Streichzoo. Sondern hier geht es um echte körperliche und mentale Herausforderungen. Um ganz viel Adrenalin. Verbunden mit einem einmaligen, eindrucksvollen Naturerlebnis. Was allerdings auch richtig Spaß bringen kann.

Im Hochseilgarten echten "Seelenverwandten" gefunden

Weshalb auch Lukas Kontny nach seinem ersten Tag auf den Eisberg immer wieder hierher kam. Kontnys Familie stammt aus Polen, von der Danziger Bucht. Aber aufgewachsen ist der heute 35-Jährige in Tübingen. Bis 2014 war er beim Bund. Dann wurde er freigestellt für ein Studium im Bereich Freizeit- und Tourismus-Management an der Hochschule Stralsund. Der Standort hoch im Norden war nicht von Ungefähr gewählt: "Ich wollte mich eigentlich in Richtung Schweden orientieren", der Traum dort: Eine Selbstständigkeit eben im Freizeit- und Tourismus-Bereich.

Aber Kontny hatte mittlerweile Familie, drei Kinder. Der Lebensmittelpunkt seit seiner Zeit im Nordschwarzwald ist Herrenberg. Zwischen dem und dem Studium an der Ostseeküste pendelt er lange Zeit hin und her. Wenn er im Süden war, war immer wieder auch der Nagolder Hochseilgarten einer der wesentlichen Anziehungspunkte. Dort hatte er bereits 2014 den Schein zum Hochseiltrainer gemacht, ein mehrwöchiges Praktikum absolviert. Und in Dieter Nell einen echten "Seelenverwandten" gefunden – nicht nur wegen des sehr ähnlichen beruflichen Werdegangs. Auch wegen dieser Liebe zur Natur. Und der immer latenten Sehnsucht nach (Outdoor-)Abenteuer.

Ein Angebot, das Nell und Kontny gemeinsam initiiert haben, verdeutlicht das ziemlich gut: die von ihnen veranstalteten Winter-Survival-Camps, mit denen die Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald gerade für den "Outdoor Award 2020" nominiert worden war. Eines davon startet am kommenden Wochenende (25./26. Januar). Trainiert wird dabei in echten Szenarien, wie sie auch in der militärischen Ausbildung absolviert werden – wie man halt wirklich überleben kann, zum Beispiel nach Umwelt- oder Naturkatastrophen. Oder wenn sonst die Welt aus den Fugen gerät. Und das bewusst nicht im Sommer, wo es jeder kann. Sondern gerade im Winter, wo schon die Temperaturen im Freien eine echte Herausforderung werden. "Aber auch eine wahnsinnig intensive Erfahrung", so Kontny.

Nebensaison soll gestärkt werden

Die Winter-Survival-Camps sind zudem ein Beispiel, wie der neue Herr im Nagolder Hochseilgarten künftig die Angebote auf dem Eisberg weiterentwickeln möchte. Grundsätzlich gilt für ihn: "Never change a winning team" – meint: der von Dieter Nell aufgebaute Erlebnispark ist, so wie er ist, bereits sehr gut aufgestellt und mit seiner Mischung aus Abenteuer-Destination für Familien (mit Kindern ab sieben Jahren) und Tagesgäste sowie den (auch mehrtägigen) Team-Building-Seminaren und -Workshops für Gruppen, Unternehmen und Institutionen eine echte Größe im Tourismus-Angebot des Nordschwarzwalds. "Da muss man eigentlich nichts dran ändern." Weshalb Kontny seinen Fokus vor allem darauf richtet, "die Nebensaison zu stärken". Um attraktive Angebote hier oben eben auch für die kalte Jahreszeit zu bieten – wie mit dem Winter-Survival-Camps.

Was dabei auch deutlich wird: Die Aktivitäten des Nagolder Hochseilgartens öffnen sich vermehrt auch über das eigene Freizeit-Gelände hinaus, binden zum Beispiel mit Abenteuer-Wanderungen die umliegende Region mehr und mehr in die angebotenen Outdoor-Erlebnisse mit ein. Ziel sind hier unter anderem "mehr Kooperationen mit der Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald", die – so ergänzt Dieter Nell – "bereits seit vielen Jahren ein toller Partner für uns ist". Auch insgesamt habe der Hochseilgarten "einen guten Platz im Nagolder Tourismus" gefunden, mit einem "super Rückhalt bei der Stadt und den Menschen vor Ort". Ein Beispiel: der von der Stadt Nagold veranstaltete 1. Nagolder Wander- & Outdoortag am 24. Mai, bei dem es auch (Wander-)Angebote geben wird, die vom Stadtpark Kleb auf den Eisberg und den Hochseilgarten führen – wo es dann weitere tolle Outdoor-Erlebnisse geben soll.

Ganz persönlicher "Schicksalsberg"

Die eigentliche Saison hier oben wird aber wie jedes Jahr so um den 1. April beginnen – "je nach Wetter auch früher". Ein großes Fest, mit dem Nell und Kontny den Generationswechsel im Hochseilgarten dann auch mit Kunden, Familie, Freunden und Partnern feiern wollen, soll dann folgen, "wenn es richtig warm wird" und der Hochseilgarten mit seiner Natur-Idylle zur Höchstform aufläuft: maximale Outdoor-Romantik am Lagerfeuer und die eindrucksvollsten Sonnenuntergänge der ganzen Stadt. "Einfach schön", findet auch Outdoor-Profi Lukas Kottny. Weshalb er sich nach erfolgreichem Studium am Ende doch für Nagold und den Nordschwarzwald und gegen den Sehnsuchtsort Schweden entschieden hat.

Und was macht Dieter Nell künftig mit der neu gewonnenen Zeit? "Mich um meine anderen Hobbys kümmern", sagt der 63-Jährige. Recherchen zur Geschichte der (einst auch in Nagold stationierten) Fallschirmjäger zum Beispiel. Nicht um diese zu glorifizieren. Sondern um "die Brutalität des Krieges" und die teils schrecklichen Schicksale der Kammeraden "nicht in Vergessenheit geraten zu lassen". Denn "wir dürfen uns glücklich schätzen – wir sind eine Generation ohne Krieg!" Daneben werde er – wie erwähnt – "das Loslassen üben". Was meint: "Klar werde ich auch weiterhin viel Zeit hier auf dem Eisberg verbringen". Es ist schließlich Nells ganz persönlicher "Schicksalsberg". Wo er einst als Fallschirmspringer bei einer Flugshow schwer verunglückte. Aber später als Unternehmer eben auch sein Glück fand. "Mit ganz viel Herzblut."