Treffen der ehrenamtlichen Patientenbegleiter von "Beste Genesung zu Hause" in den Kliniken Nagold mit Dieter Möhle (links), Krankenhausdirektor Benjamin Stollreiter (3. von rechts) und dem Ärztlichen Direktor Hubert Mörk (rechts). Foto: Projekt "Beste Genesung zu Hause" Foto: Schwarzwälder Bote

Ehrenamt: Nagolder Projekt "Beste Genesung zu Hause" begleitet Klinikpatienten in die Selbstständigkeit

Die Akteure des Patientenbegleitprojektes "Beste Genesung zu Hause" ziehen nach einem Jahr an den Kliniken Nagold eine positive Bilanz. Damit dieses Projekt weiter wachsen kann, braucht es neue Mitstreiter.

Nagold. Ein Krankenhausaufenthalt ist immer ein schwieriges, einschneidendes Ereignis. Und mit stetig steigender Lebenserwartung haben ältere Menschen einen immer komplexeren Versorgungsbedarf, was gerade auch die Zeit nach einer stationären Behandlung in der Klinik betrifft. Zusätzlich zum bestehenden Versorgungsnetz, wie Pflegedienste oder Nachbarschaftshilfe, gibt es daher seit rund einem Jahr an den Kliniken Nagold ein ehrenamtliches Patientenbegleitprojekt, das Menschen den Weg zurück in die Selbstständigkeit ebnen soll: "Beste Genesung zu Hause", sozusagen eine Brücke von der Klinik in die eigenen vier Wände.

Und die Bilanz der ersten zwölf Monate liest sich gut. 20 Begleitungen fanden bislang statt, jeweils verbunden mit viel Lob, Dank und Anerkennung seitens der Patienten für die ehrenamtlichen Begleiter. Ob sie dafür sorgten, dass am Entlasstag die Wohnung beheizt und der Kühlschrank gefüllt war, oder dass die nötigen Medikamente im Haus waren, dass die Patienten zu Nachsorgeterminen begleitet wurden oder der Koffer für die sich anschließende Reha gepackt wurde, – die Liste der kleinen Hilfen im Alltag ist lang.

"Unser Projekt ’Beste Genesung zu Hause’ versteht sich als Ergänzung zum bestehenden Versorgungsnetz in Nagold: als trägerunabhängiges, neutrales Zeitgeschenk und nicht als Dienstleistung", erläutert Dieter Möhle, Mitglied im Nagolder Stadtseniorenrat und als Mitinitiator eine der treibenden Kräfte in der Realisierung. "Für medizinische und pflegerische Belange sowie die Haushaltsführung gibt es ambulante Dienste, doch ist es für Rekonvaleszenten oft ebenso wichtig, ein offenes Ohr zu finden für ihre Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Pläne. Vor allem bei alleinstehenden älteren Menschen kann es für die Genesung wichtig sein, anfangs jemanden an der Seite zu haben, der nach ihnen schaut, ihnen Gesellschaft leistet und dabei hilft, zu ihrer alten Selbstständigkeit zurückzufinden."

Mittlerweile sind 15 Ehrenamtliche im Gemeinschaftsprojekt des Stadtseniorenrates Nagold, der Kliniken Nagold, der Stadt Nagold und des Kreises Calw aktiv und die meisten Regionen rund um Nagold damit gut abgedeckt. "Lediglich im Bereich Haiterbach sind wir noch nicht wirklich gut aufgestellt, aber grundsätzlich suchen wir natürlich noch generell nach weiteren Unterstützern im südlichen Landkreis, um das Projekt im zweiten Jahre weiter wachsen zu lassen", so Möhle, der für 2018 monatlich rund drei bis vier Begleitungen anstrebt.

Durch die veränderten familiären und sozialen Strukturen erfüllt das "System Familie" nicht mehr generell die Funktion als emotionale Stütze und Hilfs- und Versorgungsmodell im Rahmen einer früher selbstverständlichen Generationensolidarität. "Ohne soziales Netzwerk haben daher immer mehr Menschen große Schwierigkeiten, sich selbstständig zu Hause zu versorgen – vor allem dann, wenn nach einem Klinikaufenthalt keine Pflegebedürftigkeit vorliegt und eine kassenfinanzierte, ambulante Versorgung zu Hause deshalb nicht angezeigt ist", weiß auch Nicole Kleist zu berichten. Als erfahrene Case Managerin an den Kliniken Nagold koordiniert sie das Entlassmanagement vor Ort und kann so die Begleiteinsätze je nach Bedarf steuern und ihren Patienten zusätzlich zu den nach wie vor bestehenden, professionellen Hilfs- und Nachbetreuungsangeboten eine weitere helfende Hand bis in die eigenen vier Wände reichen. "Theoretisch hätten wir monatlich rund 15 potenzielle Patienten, die Unterstützung oder manchmal auch nur ein offenes Ohr für aufmunternde Gespräche bräuchten – aber nicht jedem fällt es leicht, die angebotene Hilfe auch wirklich anzunehmen."

Unwissenheit, Stolz oder einfach nicht zur Last fallen wollen sind nur einige der Gründe, warum ältere Menschen die ehrenamtliche Unterstützung oftmals noch ablehnen. Um das Eis zu brechen und Ängste abzubauen, findet ein erstes Gespräch zum Kennenlernen des potenziellen Begleiters deshalb bereits in der Klinik statt. Dabei wird auf Wunsch auch gleich der erste Besuchstermin vereinbart. "Die Chemie muss stimmen, das ist uns sehr wichtig", sagt Kleist. Wie lang die Begleitung dauert und wie häufig die ehrenamtlichen Mitarbeiter kommen, richtet sich letztendlich nach dem individuellen Bedarf.

"Diejenigen, die den Service bislang genutzt haben, berichten durchweg von positiven Erfahrungen", erzählt Möhle. Er möchte Menschen die Scheu nehmen, das Angebot zu akzeptieren. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die Patienten davon profitieren, wenn sie sich darauf einlassen."