Die Hanke Brothers sorgten bei ihrem Auftritt im Nagolder Kubus für ein ausverkauftes Haus. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: "Nagolder Konzertreihe" erstmals restlos ausverkauft / Vier Brüder stammen aus Sindelfingen

Nagold. Zum ersten Mal in der Geschichte der Nagolder Konzertreihe gab es bereits eine Viertelstunde vor Konzertbeginn keine Eintrittskarten mehr an der Abendkasse. Für den Stadtmusikdirektor Florian Hummel ging mit dem Konzert "Junge Talente" der Traum eines jeden Veranstalters vom ausverkauften Haus in Erfüllung. Allerdings führte der verwehrte Eintritt bei etwa 30 Pechvögeln beinahe zu einem Schock.

Zwei Konzerte pro Monat

Den ungewöhnlich starken Publikumsandrang löste der Auftritt der jungen Musikgruppe Hanke Brothers aus. Seit drei Jahren bilden die Brüder Fabian (17 Jahre), Jonathan (19), Lukas (24) und David (27) aus Sindelfingen ein festes Familienensemble und schon mischen sie kräftig im Musikleben rund um Stuttgart mit.

Zwei öffentliche Konzerte geben sie durchschnittlich im Monat, und gelegentlich treten sie auch bei internen Feierlichkeiten auf – ein beträchtliches Pensum also für junge Kerle in markanten weißen Schuhen und mit (noch) ungleicher musikalischer Erfahrung. Doch mit erfrischendem Elan, Ideenreichtum, außergewöhnlicher Beherrschung mehrerer Instrumente und brüderlicher Einigkeit kaschieren die Jungmusiker wirkungsvoll ihre Altersunterschiede. Im Januar erschien die erste CD "Elemente" und zog eine wohlwollende Einschätzung der Fachkritik nach sich.

Einen eigenen Stil haben sie nicht und sie stehen dazu, weil sie "in keine Schublade" passen möchten – so der älteste Hanke-Bruder und Blockflöten-Virtuose David. Ihr Ziel sei, möglichst viele Stilelemente in ihre Musik einzubauen, eigene Gedanken und Impressionen auszudrücken, den flüchtigen Emotionen freien Lauf zu geben und die Musik jederzeit frei zu gestalten. Deshalb fanden die Zuhörer auch "kein Stück" im Programmheft.

Stattdessen moderierten die Jungs ihr Konzert selbst auf eine lockere, fast lässige und humorvolle Weise – genauso, wie sie spielten. Schon der erste fetzige Tango löste eine Beifallssalve aus, gleich danach provozierten die Brüder die Klassik-Anhänger mit einer manierlichen Auffassung der rumänischen Volksmusik, balancierten bewusst zwischen Ernst und Komik, zwischen Kunst und Kitsch und kosteten die Publikumsreaktionen genüsslich aus.

Speziell für die vier Hanke-Brothers vertonte der britische Komponist Oliver Davis das Wesen der vier Elemente Wasser, Feuer, Erde und Luft. In diesem komplexen Werk aus Klassik, Pop und Minimal Music präsentierten die Multiinstrumentalisten eine ganze Palette der Stimmungen sowie ein beeindruckendes Arsenal der technischen Akrobatik.

Wie in der "Brovertüre" vom Pianisten und Hauskomponisten Jonathan Hanke erwies sich das Quartett auch in "Europa" von Aleksey Igudesaman als Chamäleon der Emotionen mit gewissem Hang zur Show und musikalischer Comedy. Selbstironische Virtuosität, vorgetäuschte Fehler und Freude am "veräppeln" der Motive von Rachmaninow, Grieg oder Strauß verstand das Publikum auf Anhieb, johlte und klatschte nach jedem Stück um die Wette. Zu dem halsbrecherischen Schabernack gehörte auch die virtuose Anspielung von Bratsche und Tuba (!) auf den berühmten Csardás von Monti zum Konzertschluss.

Begeisterung flaut nicht ab

Dass die Jungs den Publikumsnerv getroffen haben, steht außer Frage. Das Nagolder Publikum erteilte den Hanke-Brüdern grünes Licht für ihren beginnenden Höhenflug und die allgemeine Begeisterung wollte auch nach einer Zugabe gar nicht abflauen, einige Zuhörer applaudierten im Stehen. Doch die jungen Künstler eilten ins Foyer, um ihre neuen CDs zu signieren und alte Bekannte zu umarmen.