Häfele erweitert sein Logistikzentrum. Foto: Visualisierung: Häfele

Spatenstich für neues Häfele-Projekt auf dem Wolfsberg. 20-Millionen-Euro-Investition. 

Nagold - Das Wetter hatte etwas Symbolhaftes: Bei teils Regen und starkem Wind erfolgte am Dienstag der offizielle Spatenstich für das neue Hochregallager im Häfele-Versandzentrum auf dem Wolfsberg - als ein "starkes, optimistischen Zeichen" in schwierigen Zeiten.

Mit diesen Worten würdigte unter anderem die direkt aus einer Kabinettssitzung angereiste baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut als Ehrengast die über 20-Millionen-Euro-Investition des Nagolder Vorzeigeunternehmens. "Danke für dieses klare Bekenntnis zum Standort und damit auch zu Baden-Württemberg".

Betrieb soll ab 2022 möglich sein

Zuvor hatte Sibylle Thierer als Gesellschafterin und Vorsitzende der Geschäftsführung der Häfele-Gruppe die aktuelle Ausbaumaßnahme des Häfele-Zentrallagers vorgestellt: Dort, wo sich bisher auf einer Freifläche nordwestlich der bestehenden Hochregallager ein Bolzplatz befand, sollen entlang der Ferdinand-Porsche-Straße in einem ebenfalls 74 Meter langen und 23 Meter hohen Anbau weitere, insgesamt 15.000 Paletten-Plätze entstehen - womit die Gesamtkapazität auf 65.000 Paletten-Plätze anwachsen würde. Hinzu kommt - nach Norden hin - ein weiterer Anbau für die Warenannahme, die dort um insgesamt acht Laderampen für Lkw erweitert würde.

Der Neubau soll bis 2022 betriebsbereit sein und werde - als Besonderheit, wie Sibylle Thierer erläuterte - eine "schienengeführte Elektrobodenbahn" beherbergen, die die Lagerlogistik von Häfele noch flexibler und schneller machen soll. "Wir brauchen mehr Platz, mehr Flexibilität, um noch mehr Dienstleistungen anbieten zu können". Laut Thierer baue man damit den "Erfolgstreiber perfekte Logistik" für Häfele als führendem internationalen Spezialisten für Beschlagtechnik, elektronische Schließsysteme sowie "Licht in Möbeln und Räumen" konsequent aus. Aktuell würden von Nagold aus täglich 8000 Sendungen verschickt, dafür 50 Lkw beladen. Wobei von hier aus Sendungen in bis zu 150 Länder verschickt würden. Ein Alleinstellungsmerkmal dabei: Jede Bestellung, die bei Häfele bis 16 Uhr eingegangen sei, könnte (in Deutschland) bereits am nächsten Tag zugestellt werden.

Innovations-Treiber der Branche

Allerdings: Die Zahl der Kunden von Häfele etwa in Deutschland schrumpft seit Jahren kontinuierlich, wie Geschäftsführerin Thierer ausführte. Aktuell gebe es "noch" 40.000 Schreinereien im Land, die aber ebenfalls mit immer weniger Personal zurechtkommen müssten. Auf diese Entwicklung müsse Häfele als einer der wesentlichen Zulieferer mit eine höheren Fertigungstiefe und einem Mehr an Dienstleistungen und "Fertigkomponenten" reagieren, um die Kunden in deren eigener Fertigung zu entlasten. Häfele sei hier - auch Dank vielfältiger digitaler Angebote - der wesentliche Innovations-Treiber der Branche.

Was wiederum auch Ministerin Hoffmeister-Kraut in ihrem Grußwort zu würdigen wusste. Gerade in der aktuellen Corona-Pandemie erlebe die Wirtschaft "einen Digitalisierung-Schub", bei dem Häfele als einer der sogenannten "Hidden Champions" im Land ganz klar "ein Vorreiter" sei. "Sie sind da sehr erfolgreich unterwegs", so die Ministerin direkt an Sibylle Thierer gewandt. Was der hohe Gast aus Stuttgart ebenfalls zu würdigen wusste: Die aktuelle Investition mitten in der Corona-Krise - erst am Morgen zuvor hatte die Landesregierung die Corona-Warnstufe für das Land heraufgesetzt - dokumentiere auch, dass das "Familienunternehmen Häfele weiter in die Zukunft" schaue als beispielsweise börsennotierte Unternehmen. Und "nicht nur in Quartalszahlen" denke.

"Immer der Impulsgeber für Nagold"

Was auch die weiteren, auf dem Wolfsberg geplanten Investitionen von Häfele zeigten. Tatsächlich stellt laut Thierer der aktuelle Ausbau des Hochregallagers nur den Auftakt einer Reihe weiterer Investitionen in den Standort Nagold und Wolfsberg dar. Wenn der jetzt begonnen Bau fertiggestellt sei, solle (voraussichtlich ab 2023) auch in eine weitere Entwicklungsfläche auf der südlichen Seite der Robert-Bosch-Straße investiert werden. Wofür Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann in seinem Grußwort schon einmal die fortgesetzte, große Unterstützung der Stadt zusagte. "Häfele war immer der Impulsgeber für Nagold", für die Entwicklung der Wirtschaft, aber auch - etwa mit dem Anstoß zum ersten großen Hotelbau in Nagold - für die allgemeine Stadtentwicklung. "Häfele ist Nagolder DNA", weshalb der OB mit dem Versprechen schloss: "Sie dürfen so breit und so hoch bauen wie Sie wollen!"

Er habe schon "schlottrige Knie" gehabt, als er gelesen habe, dass Häfele vergangenes Jahr in Lehrte bei Hannover ein neues, weiteres Logistikzentrum eröffnet habe – so OB Großmann. Drohte da der Verlust des wichtigsten Unternehmens und Arbeitgebers für die Stadt? Die Investition jetzt in den Standort Nagold und Wolfsberg habe gezeigt, dass seine Angst wohl unbegründet war. Aber Sibylle Thierer, Vorsitzende der Geschäftsführung der Häfele-Gruppe, nutzte den Besuch von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut auch für den Hinweis, dass es "der Dauerstau in Stuttgart" gewesen sei, der Häfele dazu getrieben habe, ein eigenes, weiteres Logistikzentrum für die Belieferung des Nordens von Deutschland (und Europas) zu bauen. Aber auch mit dem Großlager bei Hannover "leide" man nach wie vor unter der Verkehrssituation auf den Autobahnen rund um Stuttgart. So könne man kaum mit Zulieferern zusammenarbeiten, die im Norden von Stuttgart ihren Sitz hätten. Weil: "In den Norden von Stuttgart geht gar nichts! Das ist für uns ein Riesenthema".

Die Ministerin hörte die Botschaft wohl, versprach auch, das Thema mit nach Stuttgart zu nehmen, um dort "weiter Druck" für eine Lösung dieses Problems aufzubauen. Gerade auch gegenüber dem Minister-Kollegen aus dem Verkehrsministerium. Zudem kündigte Hoffmeister-Kraut auch an, dass sich ganz aktuell auch der Bund in den weiteren, konsequenten Ausbau seiner Autobahnen verstärkt einbringen wolle. Dabei sei es auch ihr erklärtes Ziel, "diesem Standortnachteil", wie ihn Thierer auch für ihr Unternehmen artikuliert habe, entgegenzuwirken.