Dass die Grünen durch das Ausscheiden Bernd Gorenflos ihren Fraktionsstatus verlieren, hat auch bei den Rederechten im Verlauf von Sitzungen Konsequenzen. Foto: Kunert

Lokalpolitik: Austritt des parteilosen Bernd Gorenflo sorgt für den Verlust des Fraktions-Status

Nagold - Es war schon ein Paukenschlag am vergangenem Freitag – der Austritt des parteilosen Stadtrats Bernd Gorenflo aus der bisherigen Grünen-Fraktion im Nagolder Gemeinderat. Vor allem für seine bisherigen Fraktionskollegen, die damit nämlich auch ihren Status als Fraktion verlieren.

"Wir bedauern den Austritt von Bernd Gorenflo aus der Fraktion. Von dieser Entscheidung wurde die Fraktion im Vorfeld nicht von ihm informiert, was ebenfalls bedauerlich ist", so der Wortlaut einer schriftlichen Erklärung des Grünen-Ortsverbandes und der Grünen-Stadträte, die die bisherige Fraktionssprecherin der Grünen im Nagolder Gemeinderat, Brigitte Loyal, am Wochenende verbreitete.

Im weiteren Verlauf der Erklärung gehen die Nagolder Grünen (eigentlich: Bündnis 90/Die Grünen) auch ausführlich auf die Gründe ein, die Gorenflo als Auslöser seiner Entscheidung im Vorfeld der Kommunalwahl im kommenden Jahr gegenüber dieser Zeitung angegeben hatte: "Die von ihm (Anmerkung: Bernd Gorenflo) angeführten, für uns lediglich der Presse zu entnehmenden Gründe, erklären diesen Schritt aus seiner Sicht." Weshalb die Grünen als einen "Versuch einer Antwort" die eigenen Positionen in den beiden wesentlichen, strittigen Sachverhalten zum geplanten Absetzgelände in Haiterbach und den Kita-Gebühren in Nagold ebenfalls öffentlich darstellen möchten.

Der Wortlaut der Erklärung dazu: "Das geplante Absetzgelände der Bundeswehr für die Streitkräfte des KSK (Anmerkung: Kommando Spezialkräfte) in Calw und die amerikanischen Verbündeten ist ein Thema, welches die Menschen in der Region bewegt und auch polarisiert. Auch für die Grünen gibt es noch Klärungsbedarf, was die Lärmbelastung der Bevölkerung, die Auswirkungen auf die Umwelt, beziehungsweise die Landwirtschaft, angeht. Hier müssen befriedigende Ergebnisse in einem konstruktiven und sachlichen Dialog erreicht werden. Zu einer Enteignung darf es, im Sinne aller Beteiligten, für dieses Projekt nicht kommen." Gorenflo hatte den bisherigen grünen Fraktions-Kollegen in seinem Statement zu seinem Fraktionsaustritt zu wenig Engagement und keine klare Positionierung gegen das geplante Absetzgelände in Haiterbach vorgeworfen.

Grüne befürworten Gebührenfreiheit zum jetzigen Zeitpunkt nicht

Und zum Thema gebührenfreie Kindertagesstätten: "Gebührenfreie Kitas können dann in den Blick genommen werden, wenn die Rahmenbedingungen im Sinne einer Qualitätsoffensive, zum Beispiel kleinere Gruppen und mehr pädagogische Fachkräfte, geschaffen worden sind. Aus diesem Grund befürworten die Grünen zum jetzigen Zeitpunkt diese Gebührenfreiheit nicht. Im Übrigen werden die Beiträge je nach Einkommen, gestaffelt für bedürftige Familien, bereits seit Jahren durch das Landratsamt übernommen. Die letzte Entscheidung im Nagolder Stadtrat zu diesem Thema liegt fast drei Jahre zurück. Seither wurden entgegen der landesweiten Empfehlungen die Elterngebühren nicht mehr angehoben." Bernd Gorenflo hatte sich hier ein Eintreten der grünen Fraktions-Kollegen für eine baldige komplette Befreiung der Eltern von Kita-Gebühren, wie sie aktuell bundesweit diskutiert wird, gewünscht – die anderslautende Position der Grünen aber ausdrücklich respektiert.

Weitreichendste Konsequenz aus dem Austritt von Gorenflo aus der Fraktion der Grünen im Nagolder Gemeinderat ist der Verlust des Fraktions-Status für die verbliebenen beiden Grünen-Stadträte Brigitte Loyal und Thomas Ebinger. Gemäß Geschäftsordnung des Nagolder Gemeinderat muss eine Fraktion aus mindestens drei Stadträten bestehen. Über ihre jeweiligen Sprecher sind zum Beispiel nur Fraktionen im so genannten "Ältestenrat" des Gremiums vertreten, der als (nichtöffentliche) Instanz bei Bedarf gemeinsam mit der Stadtverwaltung anstehende Gemeinderatssitzungen (inhaltlich) vorbereitet und dabei auch vor allem der Kommunikation und Abstimmung der Fraktionen untereinander dient. Dem Ältestenrat gehören neben den Fraktionssprechern der im Gemeinderat vertretenen Parteien in Fraktionsstärke der Oberbürgermeister als Vorsitzender und dessen Beigeordnete als Berater an. Die Grünen werden hier künftig kein Vertretungs- und Mitsprache-Recht mehr haben.

Künftig kein Vertretungsrecht im Ältestenrat mehr

Weitere Konsequenzen aus dem Verlust des Fraktionsstatus für die Grünen im Gemeinderat ergeben sich zum Beispiel bei den Rederechten im Verlauf von Sitzungen etwa bei Anträgen zur Geschäftsordnung. Geschäftsordnungsanträge unterbrechen eine Sachberatung zu einem Tagesordnungspunkt, beispielsweise wenn eine Diskussion zu lange dauert oder "emotional aus dem Ruder läuft". Außer dem Antragsteller haben zu einem solchen Geschäftsordnungsantrag nur der Vorsitzende (OB oder in Vertretung der Bürgermeister) und jeweils ein Redner aus jeder Fraktion Gelegenheit, sich zu äußern. Stadträte ohne Fraktionszugehörigkeit haben hier keine Rede-Rechte.

Wie der Grünen-Ortsverband in seiner Erklärung zum Austritt von Bernd Gorenflo aus der Grünen-Fraktion im Nagolder Gemeinderat und den damit verbundenen Verlust des Fraktions-Status für die Grünen dazu mitteilt, werden die verbliebenen beiden Grünen-Stadträte Brigitte Loyal und Thomas Ebinger künftig als "Zweier-Team" ihre Arbeit in den Gremien der Stadt fortsetzen. Man werde so "weiterhin entschlossen grüne Ideen, beziehungsweise Anträge, einbringen und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auch umsetzen". Wenn andere Fraktionen diese Themen der Grünen "dann aktiv unterstützen, ist dies sicherlich in Anbetracht der alarmierenden Ergebnisse der Klimakonferenz in Kattowitz ein Gebot der Vernunft", so die Erklärung abschließend.