Einschneidende Veränderungen bringt der Erweiterungsbau der Tiefgarage am OHG mit sich. Foto: Hofmann

Im Gemeinderat tun sich alte Gräben auf. Für Grüne bleibt Millionenprojekt ein "Irrsinn".

Nagold - Nachkarten gehört mittlerweile zum Umgangston im Nagolder Gemeinderat. Während der Rohbau der neuen Tiefgarage Nord aus dem Boden gestampft wird, streitet man sich im Kommunalparlament immer noch über den Sinn oder vielmehr "verkehrspolitischen Irrsinn" dieses Millionenprojekts.

Eigentlich stand nicht mehr als ein Sachstandsbericht über die Kostenentwicklung dieser neuen Tiefgarage am nördlichen Stadteingang auf der Tagesordnung, was den Corona-bedingt in der Stadthalle tagenden Technischen Ausschuss nicht daran hinderte, wieder eine Grundsatzdiskussion zu führen.

OB: Mehr als 61 neue Parkplätze

Dabei war Oberbürgermeister Jürgen Großmann nicht müde, die Vorzüge dieses Projekts zu unterstreichen, dessen Mehrwert sich eben nicht nur auf 61 neu geschaffene Parkplätze beschränke, sondern auch einen völlig neuen Stadt- und Veranstaltungsraum beinhalte. Auf dem Dach der Tiefgarage entsteht eine Multifunktionsfläche mit viel Grün, Sitzplätzen, Glaskuppeln und zusätzlichen Stellplätzen für E-Autos samt Ladestationen.

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Das Stadtoberhaupt sprach begeistert von einem "Gegenstück zum Vorstadtplatz", das die Menschen spätestens dann inspirieren werde, wenn es fertiggestellt sei. Vor allem Schulen und Vereine könnten den Platz dann bespielen.

80 Prozent der Besucher kommen mit dem Auto

Thomas Ebinger goss indes Wermutstropfen in den Freudenbecher. Jedes Mal, wenn der Grünen-Stadtrat an der Baugrube vorbeifährt, schwillt ihm der Hals. Im Ausschuss machte er seinem Ärger abermals Luft. Für ihn bleibt diese Tiefgarage ein "verkehrs- und klimapolitischer Irrsinn". Was OB Großmann konterte mit den Worten: "Irgendwann ist es rum. Dann ist es gebaut."

Selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann und damit Ebingers Parteikollege gehe davon aus, dass es auch in Zukunft einen Individualverkehr geben werde. Großmann: " Ich hätte gar nicht daran gedacht, jemals einen Grünen Ministerpräsidenten zitieren zu können." Und Nagold benötige dieser zusätzlichen Stellplätze, kämen doch 80 Prozent der Besucher mit dem Auto in die Innenstadt. Sollte man die Plätze vermieten wollen, so der OB, wären sie binnen eines Monats komplett vergeben.

"Das ist eine Milchmädchenrechnung"

Was SPD-Fraktionschef Daniel Steinrode aber wiederum veranlasste, die Gesamtkosten von sieben Millionen Euro dem Zugewinn an Parkfläche gegenüberzustellen. Noch bevor Steinrode genau auszurechnen vermochte, was ein einzelner zusätzlicher Parkplatz kostet, wischte es das Stadtoberhaupt vom Tisch: "Das ist eine Milchmädchenrechnung." Berücksichtigt werde bei einer solchen Kalkulation nicht der zusätzliche Stadtraum, der hier entstehe. Und sowieso: "Wenn es nach der SPD gegangen wäre, würde jetzt dort ein Stahlgerüst stehen. Wir aber wollten keine Flächen verbrauchen."

CDU-Stadtrat Helmut Raaf verteidigte das Millionenprojekt: "Das wird ein Anziehungspunkt sein." Worauf Thomas Ebinger konterte: Wenn man solche Parkflächen mitten in der Innenstadt schaffe, "wären die Leute ja blöd, wenn sie nicht dorthin fahren". Raaf forderte das Gremium derweil auf, die alten Streitthemen – inklusive der Schließung des Gertrud-Teufel-Altenheims – endlich zu begraben: "Dann können wir weiter machen für die Zukunft."

Noch im Dezember dieses Jahres soll der Rohbau der Tiefgarage stehen. Obgleich 140 Tonnen mehr Stahl als geplant in dem Betonbau versenkt wurden, ufern die Kosten laut Verwaltung nicht aus. Es bleibe bei den ursprünglich kalkulierten 7,1 Millionen Euro, wobei allein 1,9 Millionen auf den neu entstehenden Platz entfielen. Im September 2021 soll das Projekt dann vollendet sein. OB Großmann denkt schon an Nach-Corona-Zeiten und träumt von der "ersten richtig großen öffentlichen Veranstaltung. Wir sind optimistisch."