Fabian Keller braucht nicht viel, um seine Video-Botschaften aufzunehmen.Foto: Keller Foto: Schwarzwälder Bote

Kirche: Der Hochdorfer Pfarrer Fabian Keller wendet sich über Soziale Medien an seine Gemeinde

Das Coronavirus beherrscht die Gesellschaft. Auch wenn man viel aus der derzeitigen Lage lernt, eins lehrt sie ganz besonders: kreativ zu sein und alte Strukturen zu durchbrechen. Das hat sich auch Pfarrer Fabian Keller zu Herzen genommen. Statt in Gottesdiensten zu predigen, verbreitet er seine Botschaft jetzt über Facebook – und das scheint anzukommen.

Nagold-Hochdorf. "Kirche muss bei den Menschen sein. Das ist unser Auftrag", sagt Fabian Keller ganz selbstverständlich. Er ist evangelischer Pfarrer in Hochdorf. Dort spricht er zu seiner Gemeinde normalerweise in den Gottesdiensten vor Ort – in Zeiten der Coronakrise ist das allerdings keine Option. Was also tun, um die Menschen dennoch nicht allein zu lassen mit ihren Sorgen, Ängsten und Nöten? Nach kurzem Grübeln entscheidet sich der Pfarrer für die ihm am einfachsten erscheinende Lösung: Facebook. Einen Sessel, ein Notenpult, ein Stativ und ein Smartphone – mehr braucht er nicht, um täglich seine Gedanken über Gott und die Welt zu teilen. Denn auch die Kirche begreife die Krise als Chance, sich neu zu erfinden. "Die Botschaft bleibt zwar die gleiche, aber die Kommunikation verändert sich", ist sich Keller sicher.

Deshalb wagte er bereits vor zwei Wochen einen ersten Versuch: Unverblümt und ungeschnitten veröffentlichte er seine erste Videobotschaft auf Facebook. Rund 150 Menschen adressiert er seitdem auch per E-Mail. Auf YouTube und der Internetseite der Kirchengemeinde sind seine Botschaften ebenso zu finden. Und das scheint anzukommen: "Die Rückmeldung war ausschließlich positiv. Viele sind sehr dankbar", erzählt der Pfarrer. Mittlerweile hat er bereits zwölf Videobotschaften veröffentlicht.

Wichtig sei den Menschen auch von ihrem Pfarrer nicht nur zu lesen, sondern ihn tatsächlich erleben zu können, zu sehen und zu hören. Und Keller lernt dazu: Mittlerweile schneidet er seine Videos, blendet sogar Textstreifen ein – und findet Gefallen daran. Innerhalb einer Woche hat sich der Fokus so bereits maßgeblich verschoben. Statt der anfänglichen Frage, wie man die Menschen digital am besten erreiche, stehe man nun vor der Herausforderung, auch ein Angebot für die Menschen, die nicht über das Internet zu erreichen sind, aufrechtzuerhalten. Ideen gibt es auch dafür schon.

"Wir denken darüber nach, einen Briefkasten aufzustellen in den man allerdings nichts einwirft, sondern aus dem man die Videobotschaft in gedruckter Form entnehmen kann", lässt Keller verlauten. Das könne eventuell auch viele ältere Menschen dazu bewegen, trotz der aktuellen Situation an die frische Luft zu gehen und sich risikofrei zu bewegen, so die Idee des Pfarrers. Auch im Amtsblatt gibt es seit kurzem eine wöchentliche Andacht in Druckform.

Keller: "Es gibt vieles, was die Menschen gerade beschäftigt"

Wie lange der Pfarrer die tägliche Botschaft aufrecht erhalten wird, steht momentan noch nicht fest. Denn: Hinter einem dreiminütigen Video stecken oft bis zu zweieinhalb Stunden Arbeit. Und auch die persönliche Seelsorge beansprucht Keller: Viele Menschen wenden sich telefonisch, per E-Mail oder auch per Videotelefonie an ihn. "Es gibt vieles, was die Menschen gerade beschäftigt", so der Eindruck des Pfarrers. Erreichen kann er mit seiner Videobotschaft derzeit sogar noch mehr Menschen, als sonst in seinen Gottesdiensten. Und auch wenn jede Botschaft ein anderes Thema behandelt, vom Umgang miteinander bis zu dem durch den Virus bewirkten Umweltschutz – das Anliegen des Pfarrers ist stets das gleiche: "Mir ist es besonders wichtig bei den Menschen zu sein, ihnen meine Hilfe anzubieten."

Auffällig ist, dass der Pfarrer in seinen Videos positiv, vor allem aber hoffnungsvoll wirkt. "Jeder muss lernen, wie er mit der Krise umgeht. Natürlich ist das eine ernste Situation, aber in ihr liegt auch eine lebendige Hoffnung, und die ist im Glauben begründet. Der Glaube ist unser Anker", so Keller.

Auch über einen Online-Gottesdienst habe er nachgedacht. Allerdings bestehe dieses Angebots ja bereits im Bereich Calw/Nagold. "Ich finde es sollte nicht jeder alles machen", begründet Keller deshalb, dass er sich bisher auf die Videobotschaften beschränkt. Allerdings würde der Wunsch nach virtuellen Gottesdiensten in seiner Gemeinde immer lauter und ihnen solle das Angebot in erster Linie gelten. Wie es weitergeht scheint also, wie so vieles, derzeit, ungewiss. Doch eines ist sicher: Auch in Zukunft wird der Pfarrer alles daran setzen für seine Gemeinde da zu sein – digital genauso wie analog.

Die Videobotschaft des Pfarrers finden man täglich auf seiner Facebook-Seite oder www.evang-hochdorf.de