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Allerdings: Wechsel zu mehrjährigen Pflanzen bedeutet auch weniger knallige Farbtupfer

Es blüht und sprießt wie verrückt in Nagold – in diesem Frühjahr noch um ein Vielfaches mehr als sowieso schon, mindestens seit der Landesgartenschau. Davon konnten sich die Nagolder Stadträte auf der jüngsten Sitzung des Gemeinderats überzeugen. Thema: Entwicklung der Biodiversität im Stadtgebiet.

Nagold. Platz nahmen dazu auf den Stühlen der Stadtverwaltung im großen Sitzungssaal des Nagolder Rathauses Dorothea Traub, Mitarbeiterin des Stadtplanungsamtes, seitens der Verwaltung zuständig für alle Grün- und Blühflächen; und ein komplett neues Gesicht: Hagen Harvardt, Nagolds frisch eingestellter Stadtgärtner.

Stadt verteilt Saattütchen an Gartenmesse

Mitgebracht hatten die beiden unter anderem die aktuelle Auflage jener Saattütchen, die die Stadt traditionell zur jährlichen Gartenmesse an die Bürger verteilen lässt. Mohnblumen, Sonnenblumen, Kornblumen sollen so diesmal wieder auch in den privaten Gärten analog zu den öffentlichen Flächen hübsche Farbtupfer setzen – aber, und das ist in Bezug auf die Blütenpracht in der ganzen Stadt neu in diesem Jahr: Vor allem soll mit der Pflanzen- und Blütenpracht auch für die ja bekanntlich in große Not geratenen Insekten etwas "Nachhaltiges" getan werden. Wirksame Bienenweidegründe, quer durchs gesamte Stadtgebiet, sollen geschaffen werden. Weil vor allem bunte, lebendige Blumenwiesen extrem wichtig seien als Lebensraum für Insekten.

Weshalb Stadtgärtner Harvardt eine Folie in seiner Präsentation auflegen konnte, die sämtliche Räte in echtes Entzücken versetzen sollte: Denn seit 2014 hat sich die "Blühfläche" in Nagold – also Wiesen, Grünstreifen, Beete – mal eben mehr als verzehnfacht. Vor allem in diesem Jahr (mit dem Eintritt eben von Hagen Harvardt in den Stadtdienst) macht die Größe der mit Blumen und Stauden bepflanzten Flächen einen Riesensatz – kamen 2018 noch 815 Quadratmeter neu dazu, so sind in diesem Jahr 5685 Quadratmeter Zuwachs geplant. "Nagold hat halt echtes Wachstum in allen Bereichen zu bieten", so der Kommentar eines sichtlich zufriedenen OBs.

Allerdings hat die Sache mit den Blumenwiesen für die Insekten für die sich an der vermeintlichen Farbenpracht erfreuenden Menschen auch eine Schattenseite: Die bekannten, knallbunten Blüher, die man vor allem bisher auf den Nagolder Blumenwiesen sah und die "diese tollen Farbtupfer" überall setzten – zu ihnen gehören zum Beispiel auch jene Blumen im so beliebten "Blumenswing" entlang der Marktstraße – sind eigentlich keine wirklichen "Bienenweide", meint: Leckeren Nektar für hungrige Insekten gibt es im Innern der farbenprächtigen, überwiegend einjährigen Blütenpflanzen "eher nur sehr wenig" zu ergattern. Weshalb man jetzt in Nagold dazu übergegangen sei, diese einjährigen Blütenpflanzen durch mehrjährige Pflanzen und – wo möglich und sinnvoll – Blumenstauden zu ersetzen. Und diese seien leider (Zitat Harvardt) "optisch nicht mehr so wahnsinnig sexy" wie die gewohnten prallen einjährigen Blumenwiesen.

Weniger Ästhetik, mehr ökologische Nachhaltigkeit also. Was aber durch die erwähnte, dramatische Ausweitung der umgewandelten Wiesenflächen ein wenig wieder ausgeglichen werden soll. Und dadurch, dass man zum Beispiel mit Informations-Tafeln an diesen Blumenwiesen über den Sinn der ausgesäten mehrjährigen Pflanzen informiere – und zum Nachahmen motiviere.

In diese Reihe gehöre auch, dass man sich zum Ausbringen der Frühjahrs-Saat tatkräftige Unterstützung aus gleich drei Nagolder Kindergärten geholt habe – denn man könne ja nicht früh genug damit anfangen, ein Bewusstsein bei den Kleinen für den hohen Wert der Natur, der Pflanzen und eben auch der Insekten zu befördern. Was im Diskussionsteil des Themas einzelne Gemeinderäte anmerken ließ, vielleicht auch die Schulen – also auch die älteren Kinder – auf diese Weise in die ökologische Bewusstseinsbildung mit einzubinden.

Gemeinderäte sind voll des Lobes

Ansonsten aber waren die Räte nur voll des Lobes "für die Planer und Malocher von der Stadtgärtnerei" – so ein Zitat von Helmut Raaf (CDU). Der gerade angesichts des jüngsten "Nagolder Frühlings" sich völlig begeistert zeigte "von der fantastischen floralen Ausstattung unserer Stadt". Auch Bernd Gorenflo (SPD) zeigte sich "froh, dass wir wieder einen Stadtgärtner haben", auch wenn Gorenflo nach dessen Bericht lediglich von einem "guten Auftakt" sprach, den "wir heute hier gesehen haben".

Und in der Tat zeigte das neue Nagolder Blumen-Dreamteam Traub und Harvardt in ihren Ausblick, dass es da noch reichlich Flächen an Hängen, im Straßenbegleitgrün, auf bisher durchasphaltierten Parkplatzflächen und sogenannten "Eh da"-Flächen (freie Grundstücke, die "eh da" sind) gibt, die man mit ein wenig Kreativität und Mühe, aber künftig auch mit neuen Maschinen (etwa für die Bearbeitung der bisher im Stadtgebiet nur mit Rasen begrünten, vielen Hangflächen), in kleine, wertvolle, blühende Biotope verwandeln könnte. Was dann aber eventuell auch zu einem Ausbau der personellen Situation der Stadtgärtnerei führen könnte, wie OB Großmann auf Nachfragen von Eberhard Haizmann vorsichtig bestätigte. "Aber das ist dann Thema der Haushaltsberatungen."