Jubiläum: "Uhren Günther" blickt auf 150-jährige Geschichte zurück / Nächste Generation übernimmt
Mit zahlreichen Gästen, einem mediterranen Drei-Gänge-Menü und einem historischen Rückblick feierte das Nagolder Familienunternehmen "Uhren Günther" sein 150-jähriges Betriebsjubiläum im Kubus.
Nagold. Bereits in fünfter Generation wird das Nagolder Unternehmen von der Familie Günther geführt – auch das ist in Zeiten wie diesen durchaus ein Grund zum Feiern. "Wir führen das Erbe unserer Vorfahren fort", machte Nadine Günther für sich und ihre beiden Geschwister deutlich.
Friedrich Günther hatte zuvor daran erinnert, dass das Unternehmen 1868 von Karl Friedrich Günther als Uhrmacher-Werkstatt in der Herrenberger Straße gegründet wurde. Fünf Jahre später folgte der Umzug in die Bahnhofstraße, wo das Unternehmen 133 Jahre lang tätig war. Als "Quantensprung" bezeichnete Friedrich Günther in seiner kurzen Rückschau den Umzug in die altehrwürdigen Gemäuer der Alten Vogtei und der einstigen Milche. Mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftsgebäudes auf dem Areal des früheren "Wohnhäusles" wurde im Jubiläumsjahr ein weiterer Meilenstein gesetzt. "Unsere Beharrlichkeit hat sich architektonisch ausgezahlt und das Gebäude fügt sich wunderbar in die Altstadt ein", machte Friedrich Günther deutlich.
"Großer unternehmerischer Mut"
"Großen unternehmerischen Mut und eine grandiose Entwicklung", bescheinigte Oberbürgermeister Jürgen Großmann der Familie Günther. So sei in der Nagolder Innenstadt ein völlig neues Quartier entstanden – "quasi das Günther-Quartier", so der OB. Gleichzeitig bezeichnete er das Ensemble in der Turmstraße als exzellentes Beispiel für die gelungene Verbindung von Historie und Moderne zu hochattraktiven Ladengeschäften in der Innenstadt. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich das Stadtoberhaupt überzeugt, dass die Zukunft des Einzelhandels in den inhabergeführten Fachgeschäften liege. Allerdings seien dafür auch Akteure mit unternehmerischem Mut und Innovationskraft nötig.
Mit Blick auf die 150-jährige erfolgreiche Geschichte im Hause Günther fand es der OB alles andere als selbstverständlich, dass diese "großartige Tradition" von den Kindern in der fünften Generation weitgeführt wird. Damit liefere die Familie ein Bekenntnis zu Nagold ab.
Zu den Gratulanten im festlich dekorierten Kubus zählte Kammerpräsident Joachim Wohlfeil, der die Gratulation und Ehrenurkunde der Handwerkskammer Karlsruhe für "einen tollen Betrieb in der Region" überbrachte. Für die Industrie- und Handelskammer würdigte Carl Christian Hirsch die große unternehmerische Leistung. Doch sei die Firma Günther immer auch ein wichtiger und erfolgreicher Ausbildungsbetrieb.
In den Annalen hatte der Nagolder Historiker Eckhart Kern geblättert – und bei dieser Gelegenheit festgestellt, dass 150 Jahre traditionelles Handwerk ein eher seltenes Ereignis ist. Gleich mit zwei Annoncen im damaligen Nagolder Gesellschafter hatte Karl Friedrich Günther im November 1868 auf die Neueröffnung aufmerksam gemacht. Er gab seinerzeit auf Reparaturen ein Jahr Garantie – "für Schwaben ein Schnäppchen", so Eckhart Kern. Seinerzeit zählte Nagold rund 2400 Einwohner und 14 Bierbrauer – und aus einem solchen Bierbrauergeschlecht stammte auch der Firmengründer ab. So gehöre die Familie Günther zu den ältesten in den Nagolder Kirchenbüchern nachgewiesenen Familien – deren Stammbaum 16 Generationen zurück bis ins Jahr 1566 zurückreiche.
Als Markenzeichen im Hause Günther bezeichnete der Historiker zudem starke Frauen. So war Lina Günther beispielsweise in den 30er Jahren als Uhrmachermeisterin im Unternehmen tätig. Doch auch dem heutigen Seniorchef bescheinigte er eine "ungewöhnliche Karriere". So absolvierte Friedrich Günther nicht nur den Meisterbrief als Uhrmacher und Optiker, sondern ebenso ein Studium zum staatlich geprüften Augenoptiker, bevor er das Familienunternehmen 1979 übernahm.
Als "krönenden Höhepunkt" der Firmengeschichte bezeichnete Eckhart Kern den Quartierswechsel in die Turmstraße, wo nach schwieriger Bauzeit ein Schmuckstück entstanden sei. Wie der Historiker ebenfalls in Erinnerung rief, war in der Alten Vogtei vor 700 Jahren die Nagolder Kelter beheimatet, und wo heute Uhren gekauft werden, standen einst zwei große Weinpressen.
Und weil mit dem Neubau des Wohn- und Geschäftshauses ein attraktiver Platz entstanden sei, schlug Eckhart Kern vor, "diesen Platz als Vogteiplatz fest in das Nagolder Straßenbild einzubinden".