Vier Schülerinnen sprachen mit dem Schulsozialarbeiter Nico van de Weyer über seine Arbeit am OHG. Foto: Schick Foto: Schwarzwälder-Bote

Schule: Ein Interview mit Nico Van de Weyer, Schulsozialarbeiter am Otto-Hahn-Gymnasium

Nagold. Er ist eine imposante Erscheinung; er überragt alle am Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) in Nagold und hat Tunnelohrringe in beiden Ohren. Seit geraumer Zeit trägt er auch einen Vollbart, gemeint ist Nico Van de Weyer, der Sozialarbeiter des OHG. Wir finden seine Arbeit sehr interessant und wollten mehr über ihn erfahren, wir haben ihn deshalb interviewt.

Warum haben Sie sich bei der Berufswahl für die Sozialarbeit entschieden? Warum in der Schule?

Generell für die Berufswahl Sozialarbeit habe ich mich entschieden, weil ich es sehr spannend fand, mir eine Aufgabe zu suchen, die sehr abwechslungsreich ist. Da man in meinem Beruf sehr viel mit Menschen zu tun hat, weiß man oft, wie sie auf gewisse Sachen reagieren. Die Probleme liegen teilweise immer gleich, aber der Beruf ist trotzdem sehr vielschichtig. Deswegen ist er auch sehr schön. Zusätzlich bin ich in einer Familie aufgewachsen, in der es sehr viele soziale Berufe gab. Meine Mutter war Lehrerin, mein Vater war Altenpfleger und meine Schwester Erzieherin, daher bin ich schon sehr stark in diese Richtung geprägt.

Wie lange sind Sie schon an der Schule tätig? Waren Sie davor woanders?

Bevor ich hier angefangen habe, war ich vier Jahre lang in der öffentlichen Jugendarbeit tätig. Im Vergleich zur offenen Jugendarbeit ist der Tagesablauf in der Sozialarbeit etwas strukturierter. Also man fängt früh morgens an und nachmittags ist man in der Regel fertig. In der offenen Jugendarbeit gibt es sehr viel Wochenendarbeit und viel passiert abends bis 22 oder 23 Uhr.

Ist die Schule im Vergleich besser?

Sie ist anders. In der offenen Jugendarbeit passiert mehr auf freiwilliger Basis. In der Schule ist etwas mehr Druck da zu kommen, weil Präventionsarbeit gemacht wird. Und das ist eigentlich der ganz große Unterschied. Mir gefällt beides gut, auch wenn es sehr unterschiedlich ist.

Was macht man als Schulsozialarbeiter alles?

Was ich jetzt hier hauptsächlich als Schulsozialarbeiter mache, ist Einzelfallhilfe. Das bedeutet, dass Schüler zu mir kommen, wenn sie ein Problem haben. Aber ich mache auch Gruppenarbeit, Projektarbeit oder Präventionsarbeit mit Schülergruppen. Netzwerkarbeit gehört auch zu meinem Beruf. Ein Teil meines Berufs ist es, auch Eltern oder Lehrer zu beraten oder die Dokumentation der Gespräche, damit ich jederzeit nachsehen kann.

Wie schwer ist der Beruf und belasten manche Fälle Sie auch außerhalb der Schule, oder können Sie die Probleme in der Schule lassen?

Der Beruf ist anspruchsvoll, weil er sehr breit gefächert ist. Man hat so viele unterschiedliche Probleme zu klären und die Schüler kommen schon mit sehr hohen Erwartung auf mich zu. Damit muss man auch erst zurechtkommen und auch einfach mal für sich sagen, dass man etwas nicht zur vollsten Zufriedenheit lösen kann. Aber ich versuche die Schüler trotzdem so gut wie möglich zu unterstützen. Ich finde meinen Beruf nicht schwer, weil es mir richtig Spaß macht und er sehr vielseitig ist. Man weiß morgens, wenn man ins Büro kommt, nicht was der Tag einem bringt, aber man muss dadurch auch sehr flexibel sein. Zur zweiten Frage, ob ich die Probleme mit nach Hause nehme, kann ich sagen, dass die Probleme hier im Büro bleiben. Natürlich führe ich ab und zu ein Gespräch mit meiner Frau, aber halt ohne die Namen der Schüler zu nennen. Natürlich fällt es manchmal schwer, sehr emotionale Probleme im Büro zu lassen.

Sind Sie damit zufrieden, wie Sie den Menschen helfen können?

Sagen wir mal so, das wichtigste an meiner Arbeit ist, dass ich schauen kann, dass die Schüler oder generell die Leute, die von mir Unterstützung wollen, meine Unterstützung annehmen. Wenn das nicht passiert, ist es schwierig und deshalb gebe ich die Verantwortung in solchen Fällen oft wieder ab. Aber eigentlich bin ich von meiner Seite aus doch recht zufrieden und es macht mir Spaß. Auch weil die Schulleitung und das Kollegium sehr offen mit dem Thema Schulsozialarbeit umgeht und ich daher meine Freiheit habe, so arbeiten zu können, wie ich es für richtig halte. Mir werden keine Steine in den Weg gelegt.

Kommen viele Schüler zu Ihnen, oder auch Lehrer und Eltern?

Alle, die zu sich sagen: "Ich möchte Unterstützung haben vom Schulsozialarbeiter", die kommen zu mir. Es darf jeder zu mir kommen, es kommen nicht nur Eltern von Schülern zu mir, sondern auch Geschwister oder teilweise Verwandtschaft.

Wie viele Schüler, Lehrer, Eltern kommen im Durchschnitt pro Woche, Tag ungefähr zu Ihnen?

Den Durchschnitt, wie viele Leute pro Woche zu mir kommen, kann man so nicht berechnen, denn in einer Woche kann mal nichts los sein und in der nächsten die Hölle. Es gibt auch Fälle, die mehrmals in der Woche bei mir waren, oder Schüler, die nur wegen Kleinigkeiten kommen. Deshalb kann ich das absolut nicht sagen.

Was sind die Hauptprobleme von Schülern?

Die Hauptprobleme von Schülern sind Konflikte untereinander. Oft brauchen Schüler auch Unterstützung in gewissen Lebenslagen, wenn es ihnen halt wegen manchen Sachen nicht so gut geht, dann probieren wir das gemeinsam zu lösen. Ich gebe ihnen dann Unterstützungsangebote in die Hand oder Verhaltenstechniken, teilweise auch Entspannungsübungen, wenn sie zu viel Stress in der Schule haben. Schüler, die Leistungsprobleme haben und einfach für sich selber merken, dass sie grade nicht ganz so gut zurechtkommen, sind auch ab und zu bei mir. Aber teilweise schicken auch die Lehrer die Schüler zu mir. Was für mich einfach wichtig ist, ist, dass niemand bei mir sitzen muss. Freiwilligkeit ist für mich sehr wichtig. Wenn Lehrer der Meinung sind, die Schüler zu mir schicken zu müssen, dürfen sie das tun. Aber ich frage die Schüler direkt am Anfang, ob sie mit mir arbeiten wollen.

Kommen Fälle von Mobbing oft vor oder sind es häufiger einfach kleine Streitereien? Oder gibt es wirklich Fälle, in denen Schüler extrem gemobbt werden?

Also es gibt Fälle, wo Schüler gemobbt werden. Aber das Wort wird ständig verwendet, auch wenn es gar kein Mobbing ist, das ist oft das Problem. Meistens sind es Konflikte, also ein normaler Streit zwischen zwei Leuten.

Was war das schlimmste, was einmal passiert ist?

Solche Fälle kommen selten vor, deshalb äußere ich mich nicht dazu, denn diese Person würde dann wissen, dass sie gemeint ist.

In welchem Alter sind die meisten Schüler, die zu Ihnen kommen?

Vom Alter her ist es schwierig zu sagen, aber von der Klasse her kann man sagen, dass Unter- und Mittelstufe am häufigsten zu mir kommen, die Oberstufe kommt selten vorbei.

Können Sie den Schülern oft helfen oder muss man auch mal sagen, dass man mit einem Thema überfordert ist?

Wenn ich mit einem Thema überfordert bin, dann sag ich dies den Schülern offen, aber ich unterstütze die Schüler dann trotzdem und ich informiere mich im Internet oder bei Kollegen, damit ich den Schülern dann qualitativ hochwertige Unterstützung bieten kann. Bei anderen, die nicht ganz freiwillig hier sind, hapert es dann doch und deswegen ist mir die Freiwilligkeit einfach wichtig. Wenn Schüler hier schon freiwillig sitzen und freiwillig mit mir über ihre Probleme reden möchten, dann ist das schon mal der erste Schritt.

Was für Hobbys haben Sie nebenher und haben Sie eine Familie?

Momentan gehe ich gerne Wildwasserfahren, Bogenschießen oder manchmal bin ich auch im Wald unterwegs oder wandern. Zu meiner engsten Familie gehört natürlich meine Frau. Ich bin verheiratet und meine Frau erwartet im Januar ein Kind.   Die Autorinnen sind Schülerinnen der Klassse 9a des OHG Nagold